Leitsatz
Eine erweiterte Kürzung des Gewerbeertrags nach § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG scheidet aus, wenn eine grundbesitzverwaltende GmbH neben einem Hotelgebäude auch Ausstattungsgegenstände (Bierkellerkühlanlage, Kühlräume, Kühlmöbel für Theken- und Büfettanlagen) mitvermietet, die als Betriebsvorrichtungen zu qualifizieren sind.
Normenkette
§ 9 Nr. 1 Sätze 1 und 2 GewStG, § 68 BewG
Sachverhalt
Die Klägerin, eine GmbH, vermietete seit Beginn des Streitjahres 2005 u.a. ein Hotel und die zur Ausstattung des Hotels gehörenden Wirtschaftsgüter (Bierkellerkühlanlage, Kühlräume, Kühlmöbel für Theken- und Büfettanlagen). Der Anteil der Anschaffungskosten der mitvermieteten Wirtschaftsgüter belief sich auf 1,14 % der Gebäudeanschaffungs‐ und -herstellungskosten.
Nach einer Außenprüfung versagte das FA die erweiterte Kürzung des Gewerbeertrags nach § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG wegen der mitvermieteten Betriebsvorrichtungen und gewährte stattdessen nur die Kürzung nach § 9 Nr. 1 Satz 1 GewStG (1,2 % des Einheitswerts der Betriebsgrundstücke).
Die Klage blieb ohne Erfolg (FG Köln, Urteil vom 29.4.2015, 13 K 2407/11, Haufe-Index 8151962, EFG 2015, 1552).
Entscheidung
Der BFH wies die Revision der Klägerin als unbegründet zurück.
Hinweis
1. Die erweiterte Kürzung wird auf Antrag Unternehmen gewährt, die ausschließlich eigenen Grundbesitz oder neben eigenem Grundbesitz eigenes Kapitalvermögen verwalten und nutzen oder daneben Wohnungsbauten betreuen oder Kaufeigenheime, Kleinsiedlungen und Eigentumswohnungen errichten und veräußern. Der auf die Verwaltung und Nutzung eigenen Grundbesitzes entfallende Teil des Gewerbeertrags wird dann von der Summe des Gewinns und der Hinzurechnungen subtrahiert.
2. Der Umfang des Grundvermögens ergibt sich aus § 68 BewG. Danach gehören zum Grundvermögen u.a. der Grund und Boden, die Gebäude, die sonstigen Bestandteile und das Zubehör, nicht aber Betriebsvorrichtungen, auch wenn sie wesentliche Bestandteile des Grundstücks sind. Die Abgrenzung zwischen Gebäudebestandteilen und Betriebsvorrichtungen bestimmt sich danach, ob die Vorrichtung der allgemeinen Nutzung des Gebäudes oder unmittelbar der Ausübung des Gewerbes dient. Bierkellerkühlanlagen, Kühlräume und Kühlmöbel für Büfettanlagen sind daher Betriebsvorrichtungen eines Hotels.
3. Die erweiterte Kürzung nach § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG ist durch das Erfordernis der Ausschließlichkeit tatbestandlich zweifach begrenzt: Gegenständlich auf "eigenen Grundbesitz" und nach Art und Umfang auf "verwalten und nutzen".
Nebentätigkeiten sind nicht kürzungsschädlich, wenn sie der Verwaltung und Nutzung eigenen Grundbesitzes i.e.S. dienen und zwingend notwendiger Teil einer wirtschaftlich sinnvoll gestalteten eigenen Grundstücksverwaltung und ‐nutzung sind. Hierzu zählt der Betrieb notwendiger Sondereinrichtungen wie einer zentralen Heizungsanlage.
Eine darüber hinausgehende Mitvermietung von Betriebsvorrichtungen schließt die Kürzung dagegen regelmäßig aus. "Zwingend notwendig" i.S.v. "unentbehrlich" ist anhand objektiver Umstände festzustellen und nicht nach den Beziehungen zwischen dem Steuerpflichtigen und seinen Geschäftspartnern. Die Erforderlichkeit eines Nebengeschäftes zur wirtschaftlich sinnvollen Grundstücksverwaltung entfällt, wenn die Grundstücksverwaltung und ‐nutzung zu etwa gleichen Bedingungen auch ohne dieses Nebengeschäft hätte durchgeführt werden können.
Der BFH billigt insofern die Würdigung des FG, dass die Mitvermietung der Betriebsvorrichtungen für die Hotelvermietung nicht zwingend notwendig war, weil Hotelimmobilien auch ohne Inventar vermietet werden, da die Pächter teils selbst (z.B. hotelkettenspezifisch) einrichten oder die Vermietung der Immobilie und des Inventars auf zwei Gesellschaften aufgespalten wird.
4. Einer allgemeinen Bagatell- oder Geringfügigkeitsgrenze (wie z.B. bei der Abfärbung gemäß § 15 Abs. 3 Nr. 1 EStG) für die Überlassung von absolut oder in Bezug zur Pacht oder zum Wert des Gebäudes relativ geringwertigen Betriebsvorrichtungen steht das dem Gesetzeswortlaut zu entnehmende Ausschließlichkeitsgebot entgegen.
5. Verfassungsrechtliche Zweifel lehnt der BFH ab: Die enge Ausgestaltung der Tatbestandsvoraussetzungen der erweiterten Kürzung ist folgerichtige Umsetzung des gewerbesteuerrechtlichen Belastungsgrundes und verstößt daher nicht gegen den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz (Art. 20 Abs. 3 GG). Ein Verstoß gegen den in Art. 3 Abs. 1 GG enthaltenen Gleichbehandlungsgrundsatz wird verneint, weil Steuerpflichtige die Nichterfüllung des Tatbestands der Steuerbefreiungsvorschrift durch eine alternative Sachverhaltsgestaltung vermeiden können. Das Urteil verweist ausdrücklich z.B. auf eine Aufteilung der Vermietung des Grundbesitzes und der Betriebsvorrichtungen auf zwei Gesellschaften. Das kann darauf hindeuten, dass der BFH bei der Anerkennung entsprechender Gestaltungen großzügig sein wird.
Gestaltungsüberlegung
Bei Neuerrichtung eines Gewerbeobjektes mit fest eingebauten Betriebsvorrichtungen für einen feststehenden Mieter könn...