Kommentar

Die im alten Bundesgebiet grundsätzlich zum 31. 12. 1986 ausgelaufene Besteuerung des Nutzungswerts der eigenen Wohnung kann nach der sogenannten großen Übergangsregelung ( § 52 Abs. 21 Satz 2 EStG ) im Wege der Einnahme-Überschußrechnung bis 1998 fortgeführt werden, wenn bei dem Eigentümer 1986 die Voraussetzungen für die Ermittlung des Nutzungswerts als Überschuß des Mietwerts über die Werbungskosten vorgelegen haben ( Nutzungswert ).

Diese Regelung beruht auf Gründen des Vertrauensschutzes. Danach läßt es sich zwar rechtfertigen, ab 1987 vorgenommene Ausbauten und Erweiterungen an der zu eigenen Wohnzwecken genutzten Wohnung in die Nutzungswertbesteuerung einzubeziehen, wenn sie in einem einheitlichen Nutzungs- und Funktionszusammenhang mit der Wohnung stehen und die zusätzlich geschaffene Wohnfläche gegenüber der bisherigen Wohnfläche von untergeordneter Bedeutung ist. Wird die Wohnfläche dagegen wesentlich vergrößert , erstreckt sich die Nutzungswertbesteuerung jedenfalls nicht auf die zusätzlichen Flächen.

 

Link zur Entscheidung

BFH, Urteil vom 14.02.1995, IX R 66/94

Hinweise:

1. Die Kläger, zusammen veranlagte Eheleute, bewohnten 1986 eine 101 qm große Erdgeschoßwohnung im eigenen Zweifamilienhaus selbst. Später erweiterten sie diese Wohnung um einen Anbau von 20qm und verbanden sie mit der zuvor vermieteten, 82 qm großen Obergeschoßwohnung zu einer Einheit.

Das Finanzamt bezog für das Streitjahr 1991 den Anbau in die Ermittlung des negativen Nutzungswerts der selbstgenutzten Wohnung ein, nicht aber die Räume der früheren Obergeschoßwohnung. Während der Einspruch erfolglos blieb, gab das Finanzgericht der Klage mit der Begründung statt, die selbstgenutzte Wohnung und die frühere vermietete Wohnung bildeten nunmehr eine Einheit; der negative Nutzungswert sei deshalb für diese Einheit zu ermitteln. Die Revision des Finanzamts führte zur Aufhebung des FG-Urteils und Klageabweisung.

2. Das jetzige Urteil des IX. Senats des BFH steht wohl in einem gewissen Widerspruch zu zwei Urteilen des X. Senats v. 5. 8. 1992, X R 8/91 (BStBl 1993 II S. 30) und X R 23/92 (BFH/NV 1993 S. 22). Denn dort hat der X. Senat die Inanspruchnahme der – ab 1987 geltenden – Eigenheimförderung nach § 10e Abs. 2 EStG für Ausbauten und Erweiterungen an der eigengenutzten Wohnung mit der Begründung abgelehnt , daß sich die Fortführung der Nutzungswertbesteuerung wegen des Funktionszusammenhangs auch hierauf beziehe. In der erstgenannten Entscheidung ging es um den Anbau von Garage und Kaminzimmer für rd. 150.000 DM; in der zweiten Entscheidung um eine Erweiterung der selbstgenutzten Wohnung um 42 qm auf 165 qm. Darauf, daß die zusätzliche Wohnfläche von untergeordneter Bedeutung gewesen sei, hatte der X. Senat nicht abgestellt. Aus dem Urteil des IX. Senats ergibt sich auch nicht, ob vorher beim X. Senat angefragt wurde. Der IX. Senat scheint ohnehin weitere Bedenken zu haben, weil er – am Ende der Gründe – ausdrücklich die Frage aufwirft, freilich offen läßt, ob die Fortsetzung der Nutzungswertbesteuerung nicht die Identität der Wohnung voraussetzte.

3. Letztere Frage ist noch nicht geklärt. In der Literatur (so Stephan , Die Besteuerung der selbstgenutzten Wohnung, 4. Aufl., S. 372 f.) wird wohl zu Recht die Ansicht vertreten, daß es darauf ankommt, ob die Wohnung nach dem Ausbau als neues Wirtschaftsgut erscheint, was nur sehr selten der Fall sein wird.

Fällt der Ausbau oder die Erweiterung mit der Wohnung unter die Fortführung der Nutzungswertbesteuerung nach der großen Übergangsregelung, scheidet die gleichzeitige Wohneigentumsförderung nach § 10e Abs. 2 EStG zweifelsfrei aus . Denn dann sind die Herstellungskosten des Ausbaus oder der Erweiterung im Rahmen der Absetzungen für Abnutzung des Gebäudes als Werbungskosten zu berücksichtigen.

Das für den Steuerpflichtigen im vorliegenden Fall sehr fatale Ergebnis , daß seine Ausbaukosten weder Werbungskosten nach altem Recht noch Sonderausgaben nach § 10e Abs. 2 EStG bilden, läßt sich mit Sicherheit wohl nur vermeiden, wenn rechtzeitig zum neuen Recht optiert wird ( § 52 Abs. 21 Satz 3 EStG ). Zu denken wäre auch, das Finanzamt um eine verbindliche Auskunft zur Rechtslage zu bitten (vgl. BMF, Schreiben v. 24. 6. 1987, BStBl I S. 474).

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