Leitsatz

1. Miet- und Pachtzinsen für die Benutzung von beweglichen Wirtschaftsgütern des Anlagevermögens sind dem Gewinn aus Gewerbebetrieb nicht nach § 8 Nr. 1 Buchst. d GewStG hinzuzurechnen, soweit sie in die Herstellungskosten von Wirtschaftsgütern des Umlaufvermögens einzubeziehen sind.

2. Insoweit reicht es aus, dass die Miet- und Pachtzinsen als Herstellungskosten aktiviert worden wären, wenn sich das Wirtschaftsgut am Bilanzstichtag noch im Betriebsvermögen befunden und deshalb hätte aktiviert werden müssen.

 

Normenkette

§ 8 Nr. 1 Buchst. d GewStG, § 255 Abs. 2, Abs. 3, § 266 Abs. 2 Buchst. B HGB, Art. 3 Abs. 1 GG

 

Sachverhalt

Die Klägerin, eine Baugesellschaft, mietete 2008 regelmäßig Zubehör zu Baustelleneinrichtungen (Betonpumpe, Betongeräte, Systemschalungen, Bauzäune, Magazine, Unterkünfte, Toiletten, Kräne, Hebewerkzeug und Gerüste). Nach einer Betriebsprüfung rechnete das FA die in den Mieten/Pachten enthaltenen Finanzierungsentgelte gemäß § 8 Nr. 1 Buchst. d GewStG dem Gewinn hinzu.

Im anschließenden Klageverfahren entsprach das FA dem Klagebegehren teilweise und reduzierte den Gewerbesteuermessbetrag insofern, als die Mieten nach § 255 Abs. 2 Satz 1 HGB in der Bilanz 2008 als unfertige Arbeiten aktiviert worden waren.

Das FG wies die Klage ab (Schleswig-Holsteinisches FG, Urteil vom 21.3.2018, 1 K 243/15, Haufe-Index 11773303, EFG 2018, 1284).

 

Entscheidung

Die Revision der Klägerin hatte Erfolg: Der BFH hob das FG-Urteil auf und setzte den Gewerbesteuermessbetrag 2008 herab.

 

Hinweis

1. Dem Gewinn aus Gewerbebetrieb wird ein Viertel von einem Fünftel der Miet- und Pachtzinsen (einschließlich Leasingraten) für die Benutzung von beweglichen Wirtschaftsgütern des Anlagevermögens, die im Eigentum eines anderen stehen, wieder hinzugerechnet, soweit die Summe der nach § 8 Nr. 1 GewStG vorzunehmenden Hinzurechnungen 100.000 EUR übersteigt. Nach dem Einleitungssatz des § 8 GewStG setzt die Hinzurechnung jedoch voraus, dass die Beträge bei der Ermittlung des Gewinns abgesetzt worden sind.

2. Eine Gewinnabsetzung liegt nicht vor, wenn der Aufwand in die Herstellungskosten eines Wirtschaftsguts eingeht. Daher wurde bereits im BFH-Urteil vom 30.4.2003, I R 19/02 (BFHE 202, 357, BStBl II 2004, 192) die Hinzurechnung aktivierter Bauzeitzinsen abgelehnt, und zwar sowohl im Erhebungszeitraum der Aktivierung als auch in den Erhebungszeiträumen, in denen AfA oder Teilwertabschreibungen von den Herstellungskosten vorgenommen wurden.

3. In der Rechtsprechung der Finanzgerichte war zuletzt umstritten, ob die Hinzurechnung von Miet- und Pachtzinsen nur unterbleibt, wenn sie als Herstellungskosten in der Bilanz aktiviert werden, oder auch dann, wenn das entsprechende Wirtschaftsgut vor dem Bilanzstichtag aus dem Betriebsvermögen ausscheidet. Die Vorinstanz hatte sich gegen die "saldierende Betrachtungsweise" des BFH gewandt und die Hinzurechnung gebilligt, weil es an einer "Speicherung" des Aufwandes durch Aktivierung fehle.

Der BFH ist dem entgegengetreten: Es bedarf keiner Aktivierung der Aufwendungen in einer Bilanz; maßgeblich ist, ob es sich materiell um Mietaufwendungen oder um Herstellungskosten handelt. Es reicht aus, dass die Miet- und Pachtzinsen als Herstellungskosten aktiviert worden wären, wenn sich das Wirtschaftsgut am Bilanzstichtag noch im Betriebsvermögen befunden und deshalb hätte aktiviert werden müssen. Dies steht auch im Einklang mit dem Gleichheitssatz (Art. 3 Abs. 1 GG), denn es ist kein sachlicher Grund dafür ersichtlich, dass unterjährig aus dem Umlaufvermögen ausgeschiedene Wirtschaftsgüter anders behandelt werden sollten als am Bilanzstichtag noch vorhandene.

4. Im Streitfall ging es um die Herstellung von Umlaufvermögen. Die eine Hinzurechnung der Aufwendungen hindernde Umqualifizierung von Betriebsausgaben in Herstellungskosten gilt aber gleichermaßen für Anlagevermögen und Umlaufvermögen.

Sichtweise gilt auch für § 4 III-Rechner

Da es darauf ankommt, ob die Miet- und Pachtaufwendungen den handelsrechtlichen Herstellungskostenbegriff erfüllen und dieser unabhängig von der Art der Einkunftsermittlung für das Einkommensteuerrecht maßgebend ist, hätte eine Hinzurechnung auch bei Gewerbetreibenden zu unterbleiben, die nicht bilanzieren, sondern ihren Gewinn durch Einnahmen-Überschuss-Rechnung nach § 4 Abs. 3 EStG ermitteln.

 

Link zur Entscheidung

BFH, Urteil vom 30.7.2020 – III R 24/18

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