Leitsatz
Eine Steuerermäßigung für Schwerbehinderte gem. § 3 a Abs. 2 KraftStG kann nicht für ein Kfz gewährt werden, das als Oldtimer zugelassen ist.
Normenkette
§ 1 Abs. 1 Nr. 1 und 4 KraftStG , § 3a Abs. 1 und 2 KraftStG , § 9 Abs. 4 Nr. 2 KraftStG , § 18 Abs. 1 StVZO , § 23 Abs. 1c StVZO
Sachverhalt
Der schwerbehinderte Halter (Inhaber des Schwerbehindertenausweises mit dem Merkzeichen G) hatte ein Kraftfahrzeug als Oldtimer zugelassen. Entsprechend dieser Zulassung war es mit einem besonders günstigen Steuersatz besteuert worden. Der Halter beantragte jedoch darüber hinaus beim FA, diesen Steuersatz zu halbieren, da ihm als Schwerbehindertem eine Steuerermäßigung gem. § 3 a Abs. 1, 2 KraftStG zustehe.
Die nach Ablehnung dieses Begehrens erhobene Klage hatte beim FG dahin Erfolg, dass dieses das FA zur Anwendung der Ermäßigung für Schwerbehinderte verpflichtete. Der BFH hat sie jedoch abgewiesen.
Entscheidung
Der BFH stellt zunächst verfahrensrechtlich klar (Hinweis auf das Urteil vom 8.2.2001, VII R 59/99, BFH-PR 2001, 281), dass es sich nicht um eine Verpflichtungs-, sondern um eine Anfechtungsklage handele. Der Kraftfahrzeugsteuerbescheid treffe die inzidente Entscheidung, dass die Voraussetzungen des § 3 a Abs. 2 KraftStG nicht vorliegen. Denn jedenfalls bei zeitlicher Nähe zur Zulassung des Fahrzeugs wirke der Steuerermäßigungsantrag auf den Zeitpunkt der Zulassung zurück. Deshalb gehe es nicht um eine Neufestsetzung der Steuer gem. § 12 Abs. 2 KraftStG, sondern um die erstmalige richtige Steuerfestsetzung.
Materiell-rechtlich stehe dem Kläger die Anwendung der Steuerermäßigung für Schwerbehinderte auf das als Oldtimer zugelassene Fahrzeug nicht zu. Denn § 3a Abs. 2 KraftStG gelte nur für Steuerfälle, in denen das Halten eines Fahrzeugs besteuert werde. Bei Oldtimern werde aber nicht das Halten, sondern die Zuteilung eines Oldtimer-Kennzeichens besteuert.
Die Kumulierung der bei Zuteilung eines solchen Kennzeichens vorgesehenen steuerlichen Vorzugsbehandlung mit der Schwerbehinderten gewährten Steuerermäßigung oder -befreiung widerspräche auch dem Sinn und Zweck des Gesetzes. § 3a Abs. 2 KraftStG soll der Mobilität des Behinderten förderlich sein. Bei Fahrzeugen, für die ein Oldtimerkennzeichen beantragt wird, hat der Gesetzgeber hingegen, wie § 23 Abs. 1c StVZO zeigt, gerade umgekehrt die Erwartung, dass sie nur zur gelegentlichen Verwendung ("Pflege des kraftfahrzeugtechnischen Kulturguts") und nicht zum täglichen Gebrauch gehalten werden.
Hinweis
Beachten Sie, dass der Gegenstand der Besteuerung "von Kraftfahrzeugen" in § 1 KraftStG nicht einheitlich geregelt ist. Teils wird nämlich das Halten eines Kraftfahrzeugs, ferner die (widerrechtliche) Benutzung eines Fahrzeugs, teils aber auch die Zuteilung bestimmter Kennzeichen für ein Fahrzeug besteuert. Dass diese Differenzierungen mit Bedacht vorgenommen worden sind, zeigt sich am weiteren Inhalt des KraftStG. Auch dort, insbesondere auch bei den Steuerbegünstigungsvorschriften, wird differenziert. So ist bei der Schwerbehinderten-Begünstigungsvorschrift nur das Halten als Steuergegenstand erwähnt, nicht etwa auch die Benutzung oder die Zuteilung eines Kfz-Kennzeichens.
Verfahrensrechtlich ist die Anwendung der Steuerbegünstigungsvorschriften unselbstständiger Teil der Steuerfestsetzung. Wird Kraftfahrzeugsteuer festgesetzt, obwohl eine Steuerbefreiungsvorschrift eingreift, bzw. wird sie unter Missachtung einer Begünstigungsvorschrift zu hoch festgesetzt, ist folglich Anfechtungsklage (nicht eine Verpflichtungsklage auf Anwendung vorgenannter Vorschriften) zu erheben.
Link zur Entscheidung
BFH, Urteil vom 19.7.2001, VII R 93/00