Leitsatz
Eine Konzerntochtergesellschaft ist nach der bis einschließlich 2003 geltenden Gesetzeslage nicht verpflichtet, für den verbilligten Wareneinkauf ihrer Arbeitnehmer in einem von einer Schwestergesellschaft betriebenen Belegschafts-Verkaufsladen LSt einzubehalten.
Normenkette
§ 38 Abs. 1 Satz 2 EStG1990
Sachverhalt
Gegenstand des Rechtsstreits ist die Frage, ob und inwieweit eine konzernangehörige Gesellschaft LSt einzubehalten hat, wenn ihre Arbeitnehmer auf dem Firmengelände verbilligt Waren von einer Schwestergesellschaft erwerben.
Im Streitfall hatte die klagende Aktiengesellschaft (AG) einer Schwestergesellschaft (GmbH) die Einrichtung einer Verkaufsstelle auf dem Betriebsgelände der AG gestattet, in der neben anderen Mitarbeitern konzernangehöriger Gesellschaften u.a. auch die Mitarbeiter der AG einkaufsberechtigt waren.
Das FA nahm hinsichtlich der den Mitarbeitern der AG gewährten Preisvorteile Arbeitslohn an und erließ LSt-Nachforderungsbescheide, deren Anfechtung vor dem FG nicht zur Aufhebung führte. Dagegen richtet sich die Revision der AG.
Entscheidung
Nach Auffassung des BFH haben FA und FG die AG zu Unrecht als verpflichtet angesehen, für Vorteile aus dem verbilligten Wareneinkauf ihrer Arbeitnehmer in der Verkaufsstelle der Schwestergesellschaft LSt einzubehalten.
Diese Vorteile seien ihr nicht als Arbeitgeberzahlung zuzurechnen, weil die Verkaufsstelle weder von ihr selbst noch in ihrem Auftrag betrieben oder in anderer Weise beeinflusst worden sei (vgl. BFH-Urteil in BStBl III 1958, 268).
Im Übrigen könne offen bleiben, ob es sich um üblicherweise von einem Dritten für eine Arbeitsleistung gezahlten Arbeitslohn i.S. dieser Vorschrift handle, weil die AG
- keine Anhaltspunkte über die Höhe der gewährten Vorteile gehabt habe,
- nach der für die Streitjahre geltenden Gesetzeslage keine Möglichkeit gehabt habe, derartige Angaben seiner Arbeitnehmer durchzusetzen und
- die Besteuerungsgrundlagen zulasten ihrer Arbeitnehmer mangels gesetzlicher Grundlage auch nicht habe schätzen dürfen.
Hinweis
Gem. § 40 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 i.V.m. Abs. 3 EStG kann das Betriebsstätten-FA vom Arbeitgeber unter den dort genannten weiteren Voraussetzungen LSt mit einem Pauschsteuersatz nachfordern, soweit der Arbeitgeber in einer größeren Zahl von Fällen entgegen § 38 EStG die LSt nicht vorschriftsmäßig vom Arbeitslohn einbehalten hat. Dies setzt voraus, dass
1. Arbeitslohn können auch Einkaufsvorteile sein, wie sie im Streitfall den Arbeitnehmern der Klägerin gewährt wurden. Dazu können auch Zuwendungen Dritter gehören, wenn sie ebenfalls Entgelt "für" Leistungen der Arbeitnehmer im Rahmen des Dienstverhältnisses mit ihrem Arbeitgeber sind. Nicht dazu rechnen dagegen Zuwendungen wegen anderer Rechtsbeziehungen oder wegen sonstiger, nicht auf dem Dienstverhältnis beruhender Beziehungen zwischen Arbeitnehmer und Arbeitgeber (vgl. BFH, Urteile vom 19.8.2004, VI R 33/97, BFH-PR 2004, 472; vom 23.6.2005, VI R 10/03, BFH-PR 2005, 368 m.w.N.). Ferner sind solche Vorteile kein Arbeitslohn, die sich nicht als Entlohnung, sondern lediglich als notwendige Begleiterscheinung betriebsfunktionaler Zielsetzung erweisen, mithin der jeweils verfolgte betriebliche Zweck ganz im Vordergrund steht (BFH, Urteil vom 18.8.2005, VI R 32/03, BFH-PR 2005, 453).
2. Die Pflicht des Arbeitgebers, die LSt für geldwerte Vorteile einzubehalten, erstreckt sich nach § 38 Abs. 1 Satz 2 EStG 1990 auch auf den im Rahmen des Dienstverhältnisses üblicherweise von einem Dritten für eine Arbeitsleistung gezahlten Arbeitslohn.
Dies kann aber nicht für Leistungen einer konzernangehörigen Gesellschaft an Arbeitnehmer einer anderen konzernangehörigen Gesellschaft gelten, weil einerseits die Leistende selbst – auch nicht mittelbar – partiell Arbeitgeber ist (BFH, Urteile vom 21.2.1986, VI R 9/80, BStBl II 1986, 768; vom 19.2.2004, VI R 122/00, BFH-PR 2004, 257) und andererseits deren Leistungen nicht der anderen konzernangehörigen Gesellschaft als eigene Arbeitslohngewährung (in der Form sog. unechter Lohnzahlung eines Dritten) zugerechnet werden können.
Denn eine solche Zurechnung setzt voraus, dass der Dritte in die Zahlung lediglich als Leistungsmittler des Arbeitgebers eingeschaltet ist (vgl. BFH, Urteil vom 21.2.2003, VI R 74/00, BFH-PR 2003, 344 m.w.N.). Daran fehlt es bei Leistungen, die andere konzernangehörige Gesellschaften in eigener Verantwortung und auf eigene Rechnung an Arbeitnehmer weiterer konzernangehöriger Gesellschaften erbringen.
Insoweit hat der Arbeitgeber auch keine "Garantenpflicht". Denn eine damit verbundene Erweiterung der lohnsteuerrechtlichen Ermittlungs- und Einbehaltungspflichten bei verbundenen Unternehmen findet in § 38 EStG 1990 keine Rechtsgrundlage.
Dies ergibt sich im Umkehrschluss aus der Tatsache, dass der Gesetzgeber erst ab dem Jahr 2004 mit der Neuregelung in §...