Dipl.-Finanzwirt Werner Becker
Leitsatz
Ist ein Entrichtungsschuldner seiner Verpflichtung zur Abgabe einer Kapitalertragsteueranmeldung ordnungsgemäß nachgekommen und hebt das Finanzamt diese durch Steuerbescheid auf, trifft den Entrichtungsschuldner keine Verpflichtung zur erneuten Anmeldung.
Sachverhalt
Die Antragstellerin - eine GmbH - meldete für eine beschlossene Gewinnausschüttung Kapitalertragsteuer beim Finanzamt an und führte diese ordnungsgemäß ab. Das Finanzamt ging hingegen davon aus, dass es sich bei der Gewinnausschüttung bei dem sog. "Commerzbank-Modell" um eine Darlehensrückzahlung handelt, und hob die Kapitalertragsteueranmeldung auf.
Nachdem der BFH in einem Musterverfahren bestätigte, dass es sich um Gewinnausschüttungen und nicht um Darlehensrückzahlungen handelt, gab das Finanzamt dem Einspruch gegen den Körperschaftsteuerbescheid statt. Zugleich forderte es von der Antragstellerin die zuvor erstattete Kapitalertragsteuer gemäß § 44 Abs. 5 EStG nach. Es ist der Auffassung, die Antragstellerin sei verpflichtet gewesen, die Kapitalertragsteuer neuerlich anzumelden und abzuführen.
Entscheidung
Das FG hat im Aussetzungsverfahren gegen den angefochtenen Nachforderungsbescheid entschieden, dass § 44 Abs. 5 EStG der Nachforderung entgegen steht. Danach entfällt die Haftung des Schuldners der Kapitalerträge und damit auch eine Nachforderung, wenn dieser nachweist, dass er die ihm auferlegten Pflichten weder vorsätzlich noch grob fahrlässig verletzt hat.
Die Antragstellerin hat im Zusammenhang mit der Gewinnausschüttung alle Pflichten als Entrichtungssteuerschuldnerin nach §§ 43 ff. EStG erfüllt. Der Aufhebungsbescheid des Finanzamts stand infolge anderer Rechtsauffassung in Widerspruch zu der Steueranmeldung und überlagerte diese. Das Finanzamt wurde damit selbst "Herr über die Steuerberechnung und Steuerfestsetzung". Daraus folgt, dass für die Antragstellerin als Entrichtungssteuerschuldnerin keine Verpflichtung mehr bestand, erneut eine Steueranmeldung abzugeben. Das EStG sieht nämlich keine Pflicht vor, eine Steueranmeldung allein deshalb zu wiederholen, weil das Finanzamt die Steueranmeldung durch eine eigene Steuerfestsetzung überlagert.
Hinweis
Das Finanzamt hat die vom FG zugelassene Beschwerde zum BFH zwar nicht eingelegt, jedoch in der Hauptsache eine Einspruchsentscheidung erlassen und an seiner Rechtsauffassung festgehalten. Hiergegen ist zwischenzeitlich Klage beim FG eingelegt worden (Gz. 1 K 1041/11).
Link zur Entscheidung
FG des Saarlandes, Beschluss vom 01.12.2010, 1 V 1321/10