Prof. Dr. rer. pol. Claudia Rademacher-Gottwald
Leitsatz
Veräußert der Gesellschafter einer Sozietät anteilig seinen Mitunternehmeranteil, kann er für den Veräußerungsgewinn nur dann die Tarifbegünstigung des § 34 Abs. 2 Nr. 1 EStG beanspruchen, wenn er sein Sonderbetriebsvermögen, das eine wesentliche Betriebsgrundlage darstellt, mitveräußert. Die Beurteilung von im Sonderbetriebsvermögen befindlichen Büroflächen als wesentliche Betriebsgrundlage richtet sich nach ihrer funktionalen bzw. wesentlichen Bedeutung für die Betriebsführung der Gesellschaft. Entscheidend für die Wesentlichkeit ist das Flächenverhältnis.
Sachverhalt
Streitig war die Tarifbegünstigung der anteiligen Veräußerung von Mitunternehmeranteilen an einer Sozietät (GbR). Die Klägerin war eine Beratungskanzlei mit mehreren Gesellschaftern und 25 Mitarbeitern. Die Bürofläche betrug insgesamt 653 qm. Im Teileigentum eines Gesellschafters befand sich eine Fläche von 285 qm, die an die GbR vermietet war. In den Jahren 1996 bis 1998 veräußerte dieser Gesellschafter Teile seines Anteils an der GbR, ohne das Sonderbetriebsvermögen mit zu veräußern. Nach der im Jahre 2001 stattfindenden Betriebsprüfung beurteilte das Finanzamt die zunächst als Veräußerungsgewinne erklärten und festgestellten Gewinnanteile des Gesellschafters als laufende Gewinne und erließ demzufolge geänderte Feststellungsbescheide. Steuerbegünstigte Veräußerungsgewinne lagen nach Auffassung des Finanzamtes nicht vor, weil es an der zusammengeballten Realisierung der stillen Reserven fehlte. Der Gesellschafter hätte neben seinem Mitunternehmeranteil auch sein Sonderbetriebsvermögen anteilig mitveräußern müssen, um die Steuerbegünstigung zu erlangen. Das gegen die Feststellungsbescheide geführte Einspruchsverfahren blieb ohne Erfolg.
Entscheidung
Das FG folgte der Auffassung des Finanzamtes und wies die Klage ab. Die vermieteten Büroflächen seien nach dem Flächenverhältnis (285 qm/ 653 qm) als wesentlich anzusehen und hätten daher für die Betriebsführung der GbR keine nur geringe Bedeutung. Unerheblich sei, ob eine Betriebsführung nach dem Arbeitsrecht auch auf einer kleineren Fläche möglich gewesen wäre. Da der Gesellschafter das als wesentliche Betriebsgrundlage einzustufende Sonderbetriebsvermögen nicht mit seinem Mitunternehmeranteil mitveräußert habe, seien die Voraussetzungen für eine Steuerbegünstigung der Veräußerungsgewinne nicht gegeben. Die Gewinne seien daher wie laufende Gewinne zu behandeln.
Hinweis
Die Klägerin hat gegen das Urteil des Finanzgerichts Revision eingelegt (Az. beim BFH: XI R 41/04). Anzumerken ist, dass sich das FG mit seiner Entscheidung an der Rechtsprechung des BFH orientiert hat (BFH, Urteil v. 1.7.2003, VIII R 24/01, BStBl 2003 II S. 757). Es bleibt abzuwarten, ob der nun zuständige 11. Senat die Rechtsprechung des 8. Senats bestätigt oder davon abweicht.
Link zur Entscheidung
FG Baden-Württemberg, Urteil vom 07.07.2004, 5 K 60/03