Leitsatz
Die Beträge nicht erklärter Einkünfte, die in einem strafgerichtlichen Verfahren wegen Steuerhinterziehung zugrunde gelegt wurden, können nicht ohne weiteres für das Besteuerungsverfahren übernommen werden. Ein Antrag auf AdV hinsichtlich der Einkommensteuer- und Gewerbesteuermessbescheide, soweit die Steuerfestsetzungen die im Strafprozess zugrunde gelegten Beträge nicht erklärter Einkünfte übersteigen, ist unbegründet.
Sachverhalt
Im Hauptsacheverfahren ist streitig, ob dem Antragsteller gewerbliche Einkünfte insoweit zuzurechnen sind, als sie in den betroffenen Veranlagungszeiträumen die gewerblichen Einkünfte übersteigen, die zuvor in einem strafgerichtlichen Verfahren wegen Steuerhinterziehung als nicht erklärte Einkünfte zugrunde gelegt wurden. Der Antragsteller begehrt mit dem Antrag auf AdV, die Vollziehung der angegriffenen Einkommen- und Gewerbesteuermessbescheide auszusetzen, soweit sie die Steuer bzw. Steuermessbeträge betreffen, die die dem Strafverfahren zugrunde gelegten Beträge nicht erklärter Einkünfte übersteigen.
Entscheidung
Der Antrag auf Gewährung der AdV hatte keinen Erfolg. Das FG München lehnte den Antrag auf Gewährung der AdV ab, weil der Antrag unbegründet sei. Ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit eines angefochtenen Verwaltungsakts bestünden, wenn bei überschlägiger Prüfung anhand des aktenkundigen Sachverhalts neben für die Rechtmäßigkeit sprechenden Umständen gewichtige, dagegen sprechende Gründe ersichtlich seien, die Unentschiedenheit oder Unsicherheit in der Beurteilung der Rechtsfragen oder Unklarheit in der Beurteilung der Tatfragen bewirkten. Diese Voraussetzungen seien nach der Ansicht des FG München im Streitfall für den Ansatz der gewerblichen Einkünfte bei den Steuerfestsetzungen für die betroffenen Veranlagungszeiträume nicht erfüllt. Zu berücksichtigen seien nur Tatsachen, die aus dem angefochtenen Verwaltungsakt oder dem glaubhaft gemachten Vortrag der Beteiligten offensichtlich seien. Die dem strafgerichtlichen Verfahren letztlich zugrunde gelegten Beträge könnten nicht für das Besteuerungsverfahren übernommen werden. Dies ergebe sich insbesondere daraus, dass in der strafgerichtlichen Hauptverhandlung die konkrete Höhe der gewerblichen Einkünfte nicht im Einzelnen ermittelt worden sei. Die Beteiligten hätten im Rahmen einer strafprozessualen tatsächlichen Verständigung sich auf bestimmte Werte geeinigt. Diese Einigung habe jedoch nur Auswirkung auf den Strafprozess und diene vor allem der Beschleunigung dieses Verfahrens. Steuerrechtlich habe diese Verständigung keine Bindungswirkung.
Hinweis
Für den betroffenen Steuerpflichtigen ist es schwer verständlich, dass es einerseits im strafgerichtlichen und andererseits im finanzgerichtlichen Verfahren zwei Wahrheiten geben kann. Weder das Finanzamt noch das Finanzgericht sind an den im strafgerichtlichen Verfahren festgestellten Tatbestand gebunden. Will der Berater erreichen, dass die strafgerichtlichen Feststellungen auch dem Besteuerungsverfahren zugrunde gelegt werden, hat er darauf hinzuwirken, dass bei der tatsächlichen Verständigung auf Seiten der Finanzverwaltung ein Amtsträger beteiligt ist, der zur Entscheidung über die Steuerfestsetzung befugt ist. Eine tatsächliche Verständigung, an deren Zustandekommen das Finanzamt mitwirkte, entfaltet auch im Besteuerungsverfahren Bindungswirkung.
Link zur Entscheidung
FG München, Beschluss vom 27.09.2005, 6 V 840/05