Leitsatz
Der Verzicht auf angemessene Gewinnaufschläge infolge satzungsmäßiger Gewinnlosigkeit einer GmbH führt dann nicht zur Annahme einer verdeckten Gewinnausschüttung, wenn die GmbH gegenüber einem Dritten ausschließlich im öffentlichen Interesse tätig wird. Der Umstand, dass die Leistungen zugleich auch den Interessen ihrer Gesellschafter entsprechen, ändert daran nichts.
Normenkette
§ 8 Abs. 3 Satz 2 KStG
Sachverhalt
Die Klägerin ist eine GmbH, deren Gesellschafter drei landwirtschaftliche Erzeugerverbände sind. Sie dient dem Absatzförderungsfonds der deutschen Land- und Ernährungswirtschaft, einer Anstalt des öffentlichen Rechts (vgl. § 1 AbsatzfondsG v. 26.6.1969, BGBl I 1969, 635) zur Durchführung seiner ihm gesetzlich zugewiesenen Aufgaben und bezweckt die zentrale Förderung des Absatzes und der Verwertung von Erzeugnissen der deutschen Agrarwirtschaft. Zur Erreichung dieses Zwecks führt sie alle geeigneten Maßnahmen zur Erschließung und Pflege von Märkten im In- und Ausland durch, insbesondere Werbe- und Verkaufsförderungsaktionen, Marktforschung und -strategieentwicklung sowie Förderung von Herkunfts- und Gütezeichen und Entwicklung neuer Produkte. Dabei hat die Klägerin die Richtlinien des Fonds zu beachten und im Übrigen ihre Tätigkeit nach dem Gesamtinteresse der deutschen Agrarwirtschaft auszurichten. Die Klägerin darf kein eigenes erwerbswirtschaftliches Waren- oder Agenturgeschäft betreiben. Sie strebt nach ihrem Gesellschaftsvertrag nicht die Erzielung von Gewinnen, sondern lediglich die Förderung der deutschen Agrarwirtschaft an. (Im Wesentlichen) außer Zuwendungen des Fonds und der Europäischen Gemeinschaft erhält sie nur Zuschüsse von Bundesländern. Sie wies in allen Streitjahren ein Geschäftsergebnis von 0 DM aus.
Das FA sah in der Tätigkeit der Klägerin den Betrieb einer Werbeberatung und Werbeagentur. Ein solcher Betrieb würde indes nicht gewinnlos geführt, sondern einen Reingewinn erwirtschaften, wobei ein Gewinnsatz von 2 v.H. des Umsatzes als angemessen anzusehen sei. Dadurch, dass die Klägerin keine entsprechenden Entgelte für ihre Leistungen verlangt habe, habe sie Gewinne verhindert und damit solche verdeckt ausgeschüttet.
Entscheidung
Der BFH folgte dem nicht. Zwar sei das Verhalten eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters im Allgemeinen darauf ausgerichtet, dass "seine" GmbH auch Gewinne erwirtschafte. Allein das sei fremdvergleichsgerecht. Bleibe die Gesellschaft dennoch gewinnlos, so berechtigte dieser Umstand das FA gleichwohl nicht zu einer pauschalen Gewinnhinzuschätzung nach Maßgabe von Branchendurchschnittssätzen. Vielmehr müsse im Einzelnen nachgewiesen werden, dass die Gewinnlosigkeit auch gesellschaftlich veranlasst sei. So verhielt es sich im Streitfall indes nicht. Die Klägerin wurde allein im öffentlichen Interesse tätig. Dass sich dieses mit den Interessen ihrer Gesellschafter deckte, war letztlich unbeachtlich.
Hinweis
1. Normalerweise gilt der Grundsatz, dass eine Kapitalgesellschaft danach trachtet, Gewinne zu erwirtschaften. Verzichtet sie auf angemessene Gewinnaufschläge und wird sie sozusagen zum Selbstkostenpreis tätig, dann löst dies gemeinhin verdeckte Gewinnausschüttungen aus, soweit entsprechende Leistungen gegenüber Gesellschaftern erfolgen. Es nützt dann auch nichts, wenn die Gewinnlosigkeit satzungsmäßig verankert ist. Auch im Urteilsfall betont der BFH einmal mehr, dass "eine Kapitalgesellschaft im Grundsatz darauf angelegt ist, Gewinne zu erzielen". Die Praxis sollte sich also davor hüten, nunmehr eine Abkehr von diesen Grundsätzen anzunehmen. Es wird nicht möglich sein, sich beliebig durch Satzungsbestimmungen gewinnlos zu stellen.
2. Bleibt sonach wohl alles mehr oder weniger beim Alten, so gibt der BFH dennoch zu bedenken: Fehlende Gewinne geben der Finanzverwaltung keinen Freibrief zur Einkommenskorrektur. Fehlentscheidungen der Verantwortlichen und hierdurch ausgelöste Verluste sind durchaus hinzunehmen. Gleiches kann für eine Gewinnlosigkeit gelten, wenn diese nachweisbar auf betrieblichen Gründen beruhen. Im Urteilsfall wurde dies bejaht. Die klagende GmbH war dort ausschließlich für eine Anstalt öffentlichen Rechts und im öffentlichen Interesse tätig, und zwar auf der Basis eines besonderen Gesetzes (dem Absatzfondsgesetz) und gegen Erstattung ihrer Kosten im Rahmen öffentlich-rechtlicher Zuwendungen.
3. Das interessiert hier letzten Endes nur am Rand, weil Sie mit einem solchen Ausnahmesachverhalt so gut wie nie zu tun haben werden. Von Bedeutung sind jedoch die weiterführenden Erwägungen des BFH zum Begriff des sog. Nahestehenden: Der Umstand, dass die erbrachten Leistungen zugleich auch im Interesse der Gesellschafter der GmbH lagen, führte nicht dazu, dass es sich bei dem Leistungsempfänger – also der Anstalt öffentlichen Rechts – und den Gesellschaftern um nahestehende Personen handelte. Eine gleich gelagerte Interessenlage allein genügt dafür nicht. Insofern deckt sich die Situation mit jener, wie sie z.B. beim Ausschüttungsv...