Leitsatz

Ein Rechtsanwalt darf nicht darauf vertrauen, dass eine von ihm selbst diktierte Telefax-Nummer richtig geschrieben und dementsprechend das Telefax richtig versandt wird.

 

Normenkette

§ 56 FGO

 

Sachverhalt

Gegen ein FG-Urteil sollte Nichtzulassungsbeschwerde zum BFH erhoben werden. Der Rechtsanwalt diktierte den entsprechenden Schriftsatz und gab in seinem Diktat auch die Fax-Nummer des BFH an. Die Schreibkraft schrieb die Nummer jedoch fehlerhaft, indem sie eine der Ziffern verdoppelte. Der Rechtsanwalt sah das Schreiben durch, bemerkte jedoch jenen Schreibfehler nicht. Die Bürovorsteherin sendete das Fax an die fehlerhafte Fax-Nummer, wobei der Sendebericht lediglich die erfolgreiche Übermittlung an die eingegebene (nicht dem BFH gehörende) Nummer vermerkte. Die fehlgeschlagene Übermittlung der Beschwerdeschrift wurde erst nach Ablauf der Beschwerdefrist bemerkt.

 

Entscheidung

Der BFH hat es als zweifelhaft angesehen, dass dem Rechtsanwalt Wiedereinsetzung gewährt werden kann. Die Versäumung der Beschwerdefrist beruhe nicht auf einer der Bürovorsteherin vorzuwerfenden fehlerhaften Eingabe der Telefax-Nummer bei der Übersendung der Beschwerdeschrift an den BFH, sondern auf einem Fehler des Rechtsanwalts selbst. Der BFH hat allerdings letztlich offen gelassen, ob dennoch Wiedereinsetzung gewährt werden könnte, weil die Beschwerde noch aus anderen (inhaltlichen) Gründen unzulässig war.

 

Hinweis

Ein Steuerberater oder Rechtsanwalt darf sich grundsätzlich darauf verlassen, dass sein zuverlässiges Büropersonal bei einem richtig adressierten Schreiben die richtige Telefax-Nummer ermittelt und in das Telefax-Gerät eingibt. Er kann sich insoweit darauf beschränken, seinem Personal entsprechende Anweisungen, auch über die notwendige Kontrolle dieses Vorgangs, zu erteilen und deren Beachtung stichprobenweise zu überwachen (vgl. BFH, Beschluss in BFH/NV 1999, 1655).

Anders dürfte es sein, wenn der Steuerberater oder Rechtsanwalt die Erledigung dieser Aufgabe selbst an sich nimmt, also z.B. die Telefax-Nummer anhand der Rechtsbehelfsbelehrung selbst ermittelt und seiner Schreibkraft diktiert. Dann muss er entweder die Anweisung erteilen, dass die Richtigkeit des Diktats und die Richtigkeit der Ausführung des Diktats von zuverlässigem Büropersonal überprüft wird oder er muss selbst die Nummer Ziffer für Ziffer nachprüfen. Anders gesagt: Er handelt riskant und nicht klug, wenn er die Telefax-Nummer selbst ermittelt und diktiert statt sich dafür anderer zu bedienen, für deren etwaige Fehler er sich ggf. entschuldigen und Wiedereinsetzung beanspruchen kann!

 

Link zur Entscheidung

BFH, Beschluss vom 2.7.2002, VII B 292/01

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