Leitsatz
1. Aus Anmerkung 1 Buchst. d zu Kapitel 29 KN, wonach zur Position 2931 KN "andere organisch-anorganische Verbindungen" auch wässrige Lösungen gehören, ergibt sich nicht die Zollbefreiung einer wässrigen Lösung der unter CAS RN 2809 21 4 genannten Etidronsäure.
2. Eine wässrige Lösung von Etidronsäure fällt nicht unter die in Anhang 3 des Teils I Titel II C Nr. 1 Ziff. 1 KN gelistete CAS RN 2809 21 4 (Etidronsäure). In dieser Liste aufgeführte Substanzen sind nur in ihrer reinen Form zollbefreit. Der Wassergehalt der Lösung ist nicht Teil der reinen Etidronsäure und keine der Zollbefreiung unschädliche bei der chemischen Herstellung des Endproduktes verbliebene Verunreinigung.
Normenkette
Unterposition 2931 90 90; Teil I Titel II C Nr. 1 i.V.m. Teil III Abschnitt II Anhang 3 KN, Nr. 1006/2011 VO (EU)
Sachverhalt
Die Klägerin wendet sich gegen eine ihr erteilte vZTA, mit der ein zu 60 % aus Etidronsäure und zu 40 % aus Wasser bestehendes Erzeugnis in die Unterposition 2931 90 90 KN eingereiht und der Zusatzcode 2501 vergeben wurde. Dieser Zusatzcode besagt, dass die Ware nicht als pharmazeutische Substanz zollfrei eingeführt werden kann. Das FG gab der Klage statt und verpflichtete das HZA, eine vZTA mit unveränderter Unterposition, aber mit dem Zusatzcode 2500 zu erteilen (FG Hamburg, Urteil vom 19.9.2012, 4 K 75/12, Haufe-Index 3516580).
Entscheidung
Aus den in den Praxis-Hinweisen dargestellten Gründen hat der BFH auf die Revision des HZA die Vorentscheidung aufgehoben und die Klage abgewiesen.
Hinweis
Um auf sicherer Basis kalkulieren zu können, kann ein Importeur eine sog. verbindliche Zolltarifauskunft (vZTA) beantragen, die eine bestimmte, künftig einzuführende Ware in eine Position bzw. Unterposition der Kombinierten Nomenklatur (KN) einreiht. Hält er diese Einreihung durch die Zollverwaltung für unzutreffend, kann die vZTA angefochten werden.
Hier ging es um die tarifliche Einreihung einer wässrigen Lösung von Etidronsäure.
Die KN enthält eine Liste in bestimmter Weise (durch CAS RN und INN) gekennzeichneter pharmazeutischer Substanzen, die von Zöllen befreit sind. Bei der hier streitigen Ware handelte es sich nach Ansicht der Klägerin um eine solche vom Zoll befreite pharmazeutische Substanz.
In der Tat ist in der genannten Liste Etidronsäure mit einer CAS RN zu finden. Allerdings hat der EuGH in einem früheren Urteil entschieden, dass die Zollfreiheit nur pharmazeutischen Substanzen in reiner Form zugutekommt. Die zu tarifierende Substanz des Streitfalls bestand aber nur zu 60 % aus Etidronsäure und zu 40 % aus Wasser. Dieser Wasseranteil war nicht nachträglich hinzugefügt worden, sondern war bei der Herstellung der Etidronsäure gewissermaßen "übrig geblieben" und hätte für Etidronsäure in Reinform wieder entfernt werden müssen, was aber andererseits für den beabsichtigten Verwendungszweck nicht wünschenswert war und deshalb unterblieb.
Es stellte sich vorliegend die Frage, ob dem genannten früheren EuGH-Urteil zu entnehmen ist, dass es für die Zollfreiheit nur schädlich ist, wenn der betreffenden pharmazeutischen Substanz eine andere nachträglich hinzugefügt wurde, nicht aber wenn diese andere Substanz bei der Herstellung der pharmazeutischen Substanz notwendigerweise mit anfällt. Der BFH hat diese Frage verneint.
Link zur Entscheidung
BFH, Urteil vom 23.4.2014 – VII R 27/13