Leitsatz
Bei einer Schenkungskette über einen Zeitraum von mehr als zehn Jahren ist unter der Geltung des § 14 Abs. 1 S. 3 ErbStG eine sog. Überprogression ausschließlich durch den Abzug der tatsächlich zu entrichtenden Steuer für den Vorerwerb zu korrigieren. Eine Korrektur der Überprogression nach den vor Inkrafttreten dieser Vorschrift anzuwendenden Grundsätzen (vgl. BFH, Urteil vom 30.01.2002, II R 78/99, BFH/NV 2002, 723, BFH/PR 2002, 231) scheidet aus.
Normenkette
§ 14 Abs. 1 ErbStG
Sachverhalt
Der Kläger hatte von seinem Vater drei Geldschenkungen erhalten, und zwar in 1990, 1995 und 2003. Das FA rechnete bei der Besteuerung des Letzterwerbs diesem die Vorschenkung aus 1995 hinzu und zog von der Steuer für den Gesamtbetrag statt der fiktiven Steuer – weil höher – die tatsächlich für die Vorschenkung zu entrichtende Steuer ab. Diese tatsächliche Steuer war durch die Schenkung aus 1990, die nicht mehr in den für die Besteuerung des Letzterwerbs maßgeblichen Zehnjahreszeitraums fällt, betragserhöhend beeinflusst.
Der Kläger beantragte, nach § 14 Abs. 1 S. 2 ErbStG die nach dem inzwischen angehobenen Steuersatz zu berechnende fiktive Steuer abzuziehen und den Abzugsbetrag gem. den Grundsätzen des BFH-Urteils vom 30.01.2002, II R 78/99 (BFH/NV 2002, 723, BFH/PR 2002, 231) zur Vermeidung der sogenannten Überprogression zu erhöhen.
Entscheidung
Dies lehnte der BFH – wie zuvor bereits das FG (FG Düsseldorf, Urteil vom 17.10.2007, 4 K 2493/06 Erb, Haufe-Index 1956212, EFG 2008, 147 – ab, da sich das Problem der Überprogression bei Abzug der tatsächlich zu entrichtenden Steuer nach § 14 Abs. 1 S. 3 ErbStG nicht mehr stelle. Der Abzug der tatsächlich zu entrichtenden Steuer auf die Vorschenkung aus 1995 bewirke bereits den Ausgleich der Überprogression. Die Anwendung des § 14 Abs. 1 S. 3 ErbStG sei bei Vorliegen seiner Voraussetzungen zwingend.
Hinweis
Bevor der Gesetzgeber mit dem JStG 1997 den § 14 Abs. 1 ErbStG durch den neuen S. 3 um die Möglichkeit bereicherte, die für den hinzuzurechnenden Vorerwerb tatsächlich zu entrichtende Steuer abzuziehen, wenn diese höher ist als die fiktive Steuer nach S. 2 der Vorschrift, ergab sich unter bestimmten Umständen das Problem der sogenannten Überprogression. Es entstand, wenn sich zwei Zehnjahreszeiträume i.S.d. § 14 Abs. 1 S. 1 ErbStG überschnitten und dem letzten Erwerb eine Vorschenkung aus der Überschneidungszeit hinzuzurechnen war, bei deren Besteuerung seinerzeit ein Vorerwerb aus dem ersten Zehnjahreszeitraum, aber noch vor der Überschneidungszeit berücksichtigt wurde.
I.d.F. vor dem JStG 1997 ließ § 14 ErbStG lediglich den Abzug der Steuer auf den Vorerwerb zu, wie sie auf der Grundlage der geltenden Vorschriften zur Zeit des Letzterwerbs zu erheben gewesen wäre. Dabei blieb unberücksichtigt, dass die für die Vorschenkung tatsächlich zu entrichtende Steuer durch Hinzurechnung eines früheren, aber nicht mehr in den nunmehr maßgeblichen Zehnjahreszeitraum fallenden Vorerwerbs erhöht worden war. Deshalb hatte der BFH entschieden, dass über den Abzug der fiktiven Steuer auf die Vorschenkung hinaus ein weiterer Betrag im Ausmaß dieser Erhöhung abzuziehen sei.
Nachdem aber § 14 Abs. 1 S. 3 ErbStG den Abzug der tatsächlich zu entrichtenden Steuer auf die Vorschenkung zulässt, wenn diese höher ist als die fiktive Steuer nach S. 2 der Vorschrift, scheidet solch ein zusätzlicher Abzug aus, da die tatsächlich zu entrichtende Steuer den Erhöhungseffekt bereits in sich trägt.
Link zur Entscheidung
BFH, Urteil vom 14.01.2009 – II R 48/07