Leitsatz
1. Ein von einem gemeinnützigen Karnevalsverein in der Karnevalswoche durchgeführtes Kostümfest ist kein für die Vereinszwecke "unentbehrlicher Hilfsbetrieb" und deshalb kein Zweckbetrieb.
2. Ein Zweckbetrieb liegt nicht vor, wenn der wirtschaftliche Geschäftsbetrieb nur einen finanziellen Beitrag zur gemeinnützigen Tätigkeit leistet und deshalb abstrakt gesehen eine Zweckerreichung auch ohne diesen Geschäftsbetrieb denkbar wäre.
Normenkette
§ 65 Nrn. 1, 2 und 3, § 14, § 52 Abs. 2 Nr. 23, § 64 Abs. 1 AO, § 5 Abs. 1 Nr. 9 KStG, § 12 Abs. 2 Nr. 8 Buchst. a UStG
Sachverhalt
Der Kläger, ein gemeinnütziger Karnevalsverein, veranstaltet einmal jährlich die "Nacht der Nächte". Es handelt es sich um eine jährlich am Karnevalssamstag veranstaltete "Kostümparty" mit ca. 1.200 Gästen. Das FA sah in der "Nacht der Nächte" eine dem steuerpflichtigen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb zuzuordnende Veranstaltung und unterwarf die daraus erzielten Einkünfte der Körperschaftsteuer und die Umsätze dem Regelsteuersatz. Das FG gab demgegenüber der Klage statt (FG Köln, Urteil vom 20.8.2015, 10 K 3553/13, Haufe-Index 8576533, EFG 2015, 1781).
Entscheidung
Auf die Revision des FA hob der BFH das Urteil des FG auf und wies die Klage ab. Es fehle an allen drei Voraussetzungen für die Annahme eines Zweckbetriebs nach § 65 AO.
Hinweis
1. Ein Zweckbetrieb liegt gemäß § 65 AO vor, wenn der Betrieb in seiner Gesamtrichtung dazu dient, die steuerbegünstigten satzungsmäßigen Zwecke der Körperschaft zu verwirklichen (§ 65 Nr. 1 AO), wenn diese Zwecke nur durch einen solchen Geschäftsbetrieb erreicht werden können (§ 65 Nr. 2 AO) und wenn der wirtschaftliche Geschäftsbetrieb zu nicht begünstigten Betrieben derselben oder ähnlicher Art nicht in größerem Umfang in Wettbewerb tritt als es bei Erfüllung der steuerbegünstigten Zwecke unvermeidbar ist (§ 65 Nr. 3 AO). Für die Annahme eines Zweckbetriebs müssen alle drei Voraussetzungen erfüllt sein.
2. Kommerzielle Karnevalsveranstaltungen ohne hinreichende Nähe zur Brauchtumspflege erfüllen diese Voraussetzungen nicht.
a) Eine Karnevalsveranstaltung dient nur dann dazu, die satzungsmäßigen Zwecke eines gemeinnützigen Karnevalsvereins zu verwirklichen (§ 65 Nr. 1 AO), wenn es sich um einen Geschäftsbetrieb zur Kulturförderung handelt. Anders ist es bei der Förderung kommerzieller Ziele. Deshalb wird nicht jede von einem gemeinnützigen Karnevalsverein in der Karnevalswoche durchgeführte gesellige Veranstaltung, die durch Kostümierung der Teilnehmer, musikalische und tänzerische Darbietungen sowie ausgelassenes Feiern geprägt ist, vom Begriff des "traditionellen Brauchtums" in Gestalt des Karnevals umfasst. Erforderlich ist vielmehr, dass die Veranstaltung selbst durch Elemente des Karnevals in seiner traditionellen Form geprägt wird. Hierfür reicht die Darbietung von Stimmungsmusik und Stimmungsbeiträgen ohne Bezug zum traditionellen Karneval, die der Veranstaltung das Gepräge i.S. e. Kostümparty geben, nicht aus.
b) Steuerbegünstigte Zwecke sind nur dann i.S.v. § 65 Nr. 2 AO nicht ohne die wirtschaftliche Betätigung erreichbar, wenn sich der wirtschaftliche Geschäftsbetrieb von der Verfolgung des steuerbegünstigten Zwecks nicht trennen lässt, sondern vielmehr als das unentbehrliche und einzige Mittel zur Erreichung des steuerbegünstigten Zwecks anzusehen ist. Entscheidend ist, ob mit der Leistungserbringung als solcher das Gemeinwohl unmittelbar gefördert wird. Ein Zweckbetrieb ist deshalb nicht gegeben, wenn der wirtschaftliche Geschäftsbetrieb nur einen finanziellen Beitrag zur gemeinnützigen Tätigkeit leistet und deshalb – abstrakt gesehen – eine Zweckerreichung auch ohne diesen Geschäftsbetrieb denkbar wäre. Für den BFH ist es nicht ersichtlich, unter welchem Gesichtspunkt eine Kostümparty, bei der die Darbietungen, die nicht i.e.S. karnevalistischer Art sind, einen wesentlichen Anteil ausmachen, das unentbehrliche und einzige Mittel zur unmittelbaren Förderung des Karnevals in seiner historischen Form sein könnte.
c) Nach § 65 Nr. 3 AO darf der wirtschaftliche Geschäftsbetrieb zu nicht begünstigten Betrieben derselben oder ähnlicher Art nicht in größerem Umfang in Wettbewerb treten, als es bei Erfüllung der steuerbegünstigten Zwecke unvermeidbar ist. Wettbewerb i.S.d. § 65 Nr. 3 AO setzt dabei nicht voraus, dass die Körperschaft auf einem Gebiet tätig ist, in dem sie tatsächlich in Konkurrenz zu steuerpflichtigen Betrieben derselben oder ähnlicher Art tritt. Der Sinn und Zweck des § 65 Nr. 3 AO liegt in einem umfänglichen Schutz des Wettbewerbs, der auch den potenziellen Wettbewerb umfasst. Der BFH geht insoweit davon aus, dass eine Kostümparty während der Karnevalszeit auch von anderen Unternehmern veranstaltet werden kann.
Link zur Entscheidung
BFH, Urteil vom 30.11.2016 – V R 53/15