Wonach fragen?
Jeder, der sich durch einen Jahresabschluss arbeitet, stellt sich zuerst die Frage: "Wonach suche ich eigentlich?" Um diese Frage zu beantworten, muss man den Investmentprozess verstehen.
Nehmen wir an, Sie haben 50.000 EUR geerbt und wollen den Betrag möglichst sinnvoll anlegen. Sie könnten das Geld in deutsche Staatsanleihen mit zehnjähriger Restlaufzeit investieren und dafür z. B. jährlich 1 % des investierten Betrages an Zinszahlungen erhalten. Nach geltender Finanztheorie ist das ein risikoloses Investment, weil die Wahrscheinlichkeit eines Zahlungsausfalls eines Schuldners, der seine Einnahmen per Gesetz selbst festlegen kann, äußerst gering ist.
Risiko und Rendite beachten
Die Alternative ist, den Betrag in Ihr Unternehmen zu investieren. Falls es sich um eine börsennotierte Aktiengesellschaft handelt, heißt das, Sie zeichnen Aktien, wenn Ihr Unternehmen neue Aktien emittiert. Für dieses Investment erhalten Sie keine Zinsen, sondern eine Dividende sowie einen Kapitalzuwachs, d. h. eine Differenz zwischen dem späteren Verkaufspreis und dem Kaufpreis der Aktie. Die Summe aus Dividende und Kapitalzuwachs wird als Rendite oder oft mit dem englischen Begriff "Return" bezeichnet. Ihre Investmententscheidung basiert auf 2 Größen: Risiko und Rendite.
Eine Investition in ein Unternehmen (z. B. eine Aktiengesellschaft) ist viel riskanter, selbst wenn Sie Vertrauen in die Führung des Unternehmens haben. Die zukünftige Rentabilität kann sowohl die Dividenden als auch die Entwicklung des Aktienkurses beeinflussen, somit besteht eine gewisse Wahrscheinlichkeit, dass Sie Geld verlieren. Selbst eine Insolvenz kann nie ganz ausgeschlossen werden.
Üblicherweise bevorzugen gesunde Menschen Risikoarmut. Wenn wir größere Risiken eingehen sollen, erwarten wir uns als Belohnung eine höhere Rendite. Deshalb ist Eigenkapital "teurer" als Fremdkapital, weil es mit größerem Risiko für den Investor verbunden ist. Für das Investment in Ihr Unternehmen wollen Sie wegen des höheren Risikos bestimmt mehr als die 1 %, die Ihnen die Staatsanleihen garantieren.
Wertentwicklung korreliert mit Rentabilität
Theorie wie auch empirische Forschung zeigen eine Korrelation zwischen der Rendite – also Ausschüttung (z. B. Dividende bei der AG) plus Wertzuwachs (z. B. Kurszuwachs bei der AG) und der Rentabilität eines Unternehmens. Somit ist es für die Investitionsentscheidung nützlich, die Rentabilität sowie das Risiko zu analysieren. Kennzahlen helfen bei dieser Analyse, weil die Struktur der Information aus dem Jahresabschluss nicht übersichtlich genug ist, um die Frage nach Rentabilität und Risiko sofort zu beantworten und Vergleiche zu ziehen. Kennzahlen vereinen verschiedene Informationen aus den verschiedenen Teilen des Jahresabschlusses.
Im Folgenden werden die Kennzahlen eingeteilt in: (vgl. Abb. 3).
- Renditekennzahlen
- Risikokennzahlen
Abb. 3: Kennzahlen der Jahresabschlussanalyse