4.1.1 Ermittlung und allgemeine Interpretation
Liquiditätsgrade (Current Ratio und Quick Ratio).
Liquidität 1. Grades (Cash Ratio) |
= |
Liquide Mittel + Wertpapiere des UV |
[ %] |
kurzfristige Verbindlichkeiten |
Liquidität 2. Grades (Quick Ratio) |
= |
Rasch liquidierbares Umlaufvermögen (Liquide Mittel, Wertpapiere des UV, Forderungen, Teile des Warenlagers) |
[ %] |
kurzfristige Verbindlichkeiten |
Liquidität 3. Grades (Current Ratio) |
= |
Umlaufvermögen |
[%] |
kurzfristige Verbindlichkeiten |
Die Liquiditätsgrade sind ein Maß für die Zahlungsfähigkeit des Unternehmens.
Umlaufvermögen ist definiert als jenes Vermögen, das entweder Cash ist oder innerhalb eines Geschäftszyklus (d. h. meist innerhalb eines Jahres) verkauft, verbraucht oder beglichen, also zu Cash gemacht wird. Kurzfristige Verbindlichkeiten sind solche, die innerhalb eines Jahres fällig werden.
Current Ratio
Die Current Ratio ist ein Maß für die Fähigkeit des Unternehmens, seine kurzfristigen Verbindlichkeiten zeitgerecht zu begleichen. Eine häufig genannte Faustregel lauten, die Current Ratio sollte über 2 liegen. Eine Current Ratio von 2 bedeutet, dass das Unternehmen alle kurzfristigen Verbindlichkeiten durch Verkauf des Umlaufvermögens decken könnte, wenn es für das Umlaufvermögen 50 % des Buchwertes erzielt.
Quick Ratio
Die Quick Ratio (auch Acid Test Ratio genannt) ist eine Variante der Current Ratio, die nur das kurzfristig liquidierbare Umlaufvermögen berücksichtigt. Sie sollte, einer Faustregel gehorchend, mindestens 1 betragen. Zum kurzfristig liquidierbaren Umlaufvermögen zählen Cash, Wertpapiere des Umlaufvermögens, Forderungen sowie – je nach Branche – auch das Fertigwarenlager oder bestimmte Teile desselben (je nachdem, wie schnell die Ware sich umschlägt). Hier muss der Analyst eine Entscheidung treffen.
Die Liquidität ersten Grades (Cash Ratio) wird manchmal operativ verwendet, um im laufenden Betrieb eine Faustregel für die Höhe des angestrebten Cash-Bestandes festzulegen (z. B. den Wert 0,2). Für die Analyse des Unternehmens ist sie in der Praxis ohne Bedeutung.
4.1.2 Anwendung auf die Fallstudien
Die Current Ratio liegt bei drei Unternehmen bei oder über dem in der Praxis angestrebten Wert von 2 (vgl. Abb. 7): Damit könnten diese Unternehmen ihr gesamtes kurzfristiges Fremdkapital zum Bilanzstichtag durch Veräußerung des Umlaufvermögens zurückzahlen, selbst wenn das Umlaufvermögen nur mit 1/2,95 = 83 % (Anlagenbauer) bzw. mit 50 % (Konsumgüterproduzent und Softwareunternehmen) des in der Bilanz ausgewiesenen Wertes verkauft werden könnte. Bei der Supermarktkette wird der Zielwert nicht erreicht, doch ist die Liquidität zweiten Grades (Current Ratio) größer als 1; dies spricht für eine nicht allzu kritische Liquiditätslage.
Liquiditätskennzahlen sind eine Momentaufnahme vom Bilanzstichtag und geben keine Auskunft über die Fälligkeit von Verbindlichkeiten. Interessant wäre der Vergleich mit den letzten Jahren, wodurch sich Trendaussagen ableiten ließen. Aus Gründen der einfachen Darstellung wurde aber in diesen 4 Fallstudien auf Mehrjahresvergleiche verzichtet. Es ist bei der Analyse außerdem zu bedenken, dass sich Liquiditätskennzahlen stärker als alle anderen Kennziffern vom Bilanzstichtag bis zum Analysezeitpunkt verändert haben können.
Analyse des kurzfristigen Risikos (dimensionlos) |
Supermarktkette |
Anlagenbauer |
Konsumgüterproduzent |
Softwareunternehmen |
Cash Ratio (Liquidität 1. Grades) |
0,16 |
0,16 |
0,04 |
0,66 |
Quick Ratio (Liquidität 2. Grades) |
1,20 |
1,24 |
1,79 |
1,66 |
Current Ratio (Liquidität 3. Grades) |
1,21 |
2,95 |
1,99 |
1,98 |
Self-Sufficiency Ratio Unabhängigkeitskennzahl |
0,25 |
0,53 |
0,33 |
2,37 |
Abb. 7: Kurzfristige Risikokennzahlen der 4 Fallstudien
Cashflow-orientierte Kennzahlen
Die Aussagekraft der Liquiditätsgrade leidet vor allem darunter, dass nicht erkennbar wird, welche Kreditreserven die Unternehmung bei Banken und Lieferanten noch besitzt. Eine übermäßige Deckung (Überliquidität) senkt die Rentabilität, eine zu geringe Liquidität hemmt jedoch die Handlungsfähigkeit. Der bestandsorientierten Liquiditätsanalyse kommt nur eine beschränkte Aussagekraft zu, da man von bilanziellen Bestandsgrößen auf mögliche Zahlungsströme schließt, ohne genau die Termine der Ein- und Auszahlungen sowie deren zukünftige Höhe zu kennen. Außerdem ist nicht abschätzbar, wie sich diese Positionen vom Bilanzstichtag bis zum Analysezeitpunkt verändert haben.
Diese Nachteile können zumindest teilweise durch Kennzahlen beseitigt werden, die neben stichtagsbezogenen Bilanzinformationen auch zeitraumbezogene Cashflow-Informationen einbeziehen. Man benötigt dazu, neben Bilanz und GuV, ein Cashflow-Statement (Kapitalflussrechnung), das bei großen Kapitalgesellschaften verpflichtend Teil des Jahresabschlusses ist.