[1] DA A 20 DA-KG 2023.

14.1 Allgemeine Grundsätze

Nach § 32 Abs. 4 Sätze 2 und 3 EStG ist ein Kind nach Vollendung des 18. Lebensjahres, das

  • für einen Beruf ausgebildet wird,
  • sich in einer Übergangszeit zwischen 2 Ausbildungsabschnitten befindet,
  • wegen eines fehlenden Ausbildungsplatzes seine Berufsausbildung nicht beginnen oder nicht fortsetzen kann (Wartezeit) oder
  • ein freiwilliges soziales Jahr, ein freiwilliges ökologisches Jahr, einen Europäischen Freiwilligendienst für junge Menschen, einen Freiwilligendienst aller Generationen, einen Internationalen Freiwilligendienst oder den Bundesfreiwilligendienst leistet,

nur zu berücksichtigen[2], wenn es

  • daneben keine schädliche Erwerbstätigkeit ausübt und
  • weder eine abgeschlossene Berufsausbildung noch ein abgeschlossenes Erststudium besitzt.[3]

D. h., bis zum Abschluss einer erstmaligen Berufsausbildung oder eines Erststudiums werden volljährige Kinder in den o. g. Fällen stets berücksichtigt.

Für den Anspruch auf Kindergeld schädlich ist eine Erwerbstätigkeit mit mehr als 20 Stunden regelmäßiger wöchentlicher Arbeitszeit. Unschädlich sind dabei jedoch ein Ausbildungsdienstverhältnis und ein geringfügiges Beschäftigungsverhältnis.

Die Einschränkung durch § 32 Abs. 4 Satz 2 EStG gilt nicht für Kinder ohne Arbeitsplatz und nicht für behinderte Kinder.[4]

Die Höhe der Einkünfte und Bezüge des volljährigen Kindes ist ohne Bedeutung.

[1] BMF, Schreiben v. 8.2.2016, IV C 4 – S 2282/07/0001-01 BStBl 2016 I S. 226.
[2] DA A 20.1 DA-KG 2023.
[4] DA A 20.1 Abs. 2 DA-KG 2023.

14.2 Abschluss einer erstmaligen Berufsausbildung oder eines Erststudiums

Begriff der Berufsausbildung i. S. d. § 32 Abs. 4 Satz 2 EStG:

Der Begriff "Berufsausbildung", deren erstmaliger Abschluss in Verbindung mit einer schädlichen Erwerbstätigkeit den Kindergeldanspruch ausschließt, ist enger gefasst, als das Tatbestandsmerkmal "für einen Beruf ausgebildet" nach § 32 Abs. 4 Satz 1 Buchst. a EStG. Nicht jede allgemein berufsqualifizierende Maßnahme ist gleichzeitig eine Berufsausbildung i. S. v. § 32 Abs. 4 Satz 2 EStG. Auch nach Abschluss einer derartigen Maßnahme (z. B. der Erwerb eines Schulabschlusses, ein freiwilliges Berufspraktikum) ist, wenn die besonderen Berücksichtigungsgründe vorliegen, jegliche Erwerbstätigkeit unschädlich.[2]

 
Praxis-Beispiel

Erwerbstätigkeit zwischen Praktikum und Studium

Sandra (20 Jahre) absolviert nach dem Abitur ein berufsvorbereitendes Praktikum. Nach dem Ende des Praktikums kann sie nicht unmittelbar das Studium aufnehmen. Zur Überbrückung des 2-monatigen Zeitraums zwischen Praktikum und Studienbeginn übt sie eine Erwerbstätigkeit mit wöchentlich 30 Stunden aus.

Besteht während der Übergangszeit Kindergeldanspruch?

Lösung:

Für Sandra besteht während der 2-monatigen Übergangszeit zwischen Praktikum und Studienbeginn Anspruch auf Kindergeld. Das Praktikum zählt zwar zur Berufsausbildung i. S. d. weiter gefassten Satzes 1 von § 32 Abs. 4 EStG, es stellt jedoch keine Berufsausbildung i. S. d. enger gefassten Satzes 2 dar. Eine über regelmäßig 20 Wochenstunden hinausgehende Erwerbstätigkeit ist daher unschädlich.

Berufsausbildung i. S. v. § 32 Abs. 4 Satz 2 EStG liegt vor, wenn das Kind durch eine berufliche Ausbildungsmaßnahme die notwendigen fachlichen Kenntnisse bzw. Fertigkeiten erwirbt, die zur Ausübung des Berufs befähigen. Dies ist der Fall, wenn der Beruf in einem öffentlich-rechtlichen Ausbildungsgang erlernt und der Ausbildungsgang durch eine Prüfung abgeschlossen wird. Der erfolgreiche Abschluss der Prüfung muss Voraussetzung für die Aufnahme der Tätigkeit sein.[3]

Zur Berufsausbildung i. S. v. § 32 Abs. 4 Satz 2 EStG zählen danach insbesondere[4]:

  • Berufsausbildungsverhältnisse nach dem Berufsbildungsgesetz,
  • die Ausbildung aufgrund der bundes- oder landesrechtlichen Ausbildungsregelungen für Berufe im Gesundheits- und Sozialwesen,
  • landesrechtlich geregelte Berufsabschlüsse an Berufsfachschulen,
  • die Berufsausbildung behinderter Menschen in anerkannten Ausbildungsberufen oder aufgrund von Regelungen in besonderen "Behinderten-Ausbildungsberufen",
  • Maßnahmen zur Behebung von amtlich festgestellten Unterschieden zwischen einem im Ausland erworbenen Berufsabschluss und einem entsprechenden im Inland geregelten Berufsabschluss (z. B. Anpassungslehrgänge).

Erstmalige Berufsausbildung[5]:

Eine Berufsausbildung als Erstausbildung nach § 9 Abs. 6 Satz 2 EStG liegt vor, wenn eine geordnete Ausbildung mit einer Mindestdauer von 12 Monaten bei vollzeitiger Ausbildung und mit einer Abschlussprüfung durchgeführt wird.[6]

Eine Erstausbildung ist gegeben, wenn ihr keine andere abgeschlossene Berufsausbildung vorausgegangen ist. Eine erstmalige Berufsausbildung ist abgeschlossen, wenn sie zur Ausübung des betreffenden Berufs befähigt. Dies gilt auch, wenn sich darauf aufbauend eine weitere Ausbildung anschließt, z. B. die Meisterausbildung nach abgeschlossener Gesellenprüfung.

Der Tatbestand "Abschluss einer erstmaligen Berufsausbildung" ist nicht zwingend stets bereits mit dem ersten, objektiv berufsqualif...

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