Der Begriff des Wohnsitzes ist in § 8 AO bestimmt.
Maßgebend sind hierbei allein die tatsächlichen Verhältnisse. Die bloße Absicht, einen Wohnsitz zu begründen oder aufzugeben bzw. die An- oder Abmeldung bei der Ordnungsbehörde führt nicht zur Begründung eines Wohnsitzes. Im Regelfall geht die Finanzverwaltung allerdings davon aus, dass die An- bzw. Abmeldung bei der Ordnungsbehörde als Indizien für den Wohnsitz bzw. dessen Aufgabe angesehen werden kann.
Der Anspruchsberechtigte muss die Wohnung innehaben, d. h., er muss tatsächlich über sie verfügen können und sie nicht nur vorübergehend benutzen. Der Wohnsitz i. S. v. § 8 AO wird durch die Wohnung begründet, wenn der anspruchsberechtigte Elternteil diese Wohnung von vornherein in der Absicht nimmt, sie mindestens 6 Monate beizubehalten und zu nutzen. Der Mindestzeitraum von 6 Monaten muss nicht in einem Kalenderjahr erfüllt sein, er kann sich auch über den Jahreswechsel erstrecken. Die von vornherein bestehende Absicht, die Wohnung weniger als 6 Monate beizubehalten und zu nutzen, erfüllt nicht den Wohnsitzbegriff.
Den Wohnsitz im Inland verneinte der BFH bei einer Ehefrau und Mutter, die mit ihrer Familie im Ausland wohnt und daneben in der Wohnung ihrer Eltern im Inland ein Zimmer hat, das sie gelegentlich benutzt.
Bei zeitlich befristeter Entsendung ins Ausland ist von der Beibehaltung des inländischen Wohnsitzes auch dann auszugehen, wenn dieser über die Dauer der beruflichen Entsendung beibehalten werden soll und nach objektiven Maßstäben jederzeit durch die Familie zu Wohnzwecken genutzt werden kann.
Wurde der Kindergeldbezieher von seinem Arbeitgeber von Deutschland in die USA entsandt und lebt er dort mit seiner Ehefrau und seinem Kind in angemieteten Wohnungen, kann die Familienkasse mangels inländischen Wohnsitzes das Kindergeld zurückfordern. Das gilt insbesondere, wenn unklar bleibt, in welchem Umfang die Wohnung in Deutschland tatsächlich genutzt wurde. Die Wohnung war während der Auslandseinsätze nicht vermietet und wurde schließlich verkauft.
Einem inländischen Wohnsitz steht nicht entgegen, dass der Steuerpflichtige im Ausland einen Familienwohnsitz unterhält, wo sich der Mittelpunkt seiner Lebensinteressen befindet.
Der ESt-Bescheid ist hinsichtlich des inländischen Wohnsitzes für die Kindergeldfestsetzung nicht bindend.
Bei Bestehen eines inländischen Wohnsitzes ergibt sich ein Kindergeldanspruch auch dann, wenn der Antragsteller vom Finanzamt als nach § 1 Abs. 3 EStG unbeschränkt steuerpflichtig behandelt wurde.
Ein Elternteil, der dauernd und langfristig mit seiner Familie im Ausland wohnt und sich nur gelegentlich im Urlaub oder zu Besuch in einer Wohnung im Inland aufhält, die ihm unentgeltlich von Dritten (Eltern) zur Verfügung gestellt wird, hat keinen Wohnsitz im Inland.
Ein Wohnsitz i. S. v. § 8 AO endet, wenn die inländische Wohnung aufgegeben wird. Dies ist der Fall bei Kündigung der Mietwohnung oder bei nicht nur kurzfristiger Vermietung der Wohnung im eigenen Haus bzw. der Eigentumswohnung. Eine kurzfristige Vermietung liegt vor, wenn der Zeitraum bis zu 6 Monaten beträgt. Übersteigt der Zeitraum der Vermietung 6 Monate, entfällt damit der Wohnsitz von vornherein, weil der anspruchsberechtigte Elternteil damit die Wohnung nicht mehr innehat.
Während einer Rundreise (hier 12 Monate durch Europa), bei der die Mutter von ihrem noch nicht schulpflichtigen, minderjährigen Kind begleitet wird, wird der Wohnsitz nach § 8 AO nicht bereits deshalb aufgegeben, weil die Reise 12 Monate andauert. Eine zeitliche Grenze im Sinne eines "Maximalaufenthalts" kann abstrakt nicht festgelegt werden. Neben der Dauer sind insbesondere das Alter des Kindes und der Zweck des Auslandsaufenthalts mit zu berücksichtigen.