4.1 Überblick

§ 63 Abs. 1 Satz 1 EStG definiert den Kreis der berücksichtigungsfähigen Kinder nach dem Kindschaftsverhältnis zum Anspruchsberechtigten auf Kindergeld nach § 62 EStG.

Danach sind Kinder zu berücksichtigen,

  • die mit dem Anspruchsberechtigten im 1. Grad verwandt sind oder
  • die als Kinder des Ehegatten (= Stiefkinder) vom Berechtigten (= Stiefelternteil) in dessen Haushalt aufgenommen wurden oder
  • die als Enkelkinder von ihren Großeltern oder von einem Großelternteil in den Haushalt aufgenommen wurden.

Zu berücksichtigende Kinder können bei dem Elternteil, zu dem das Kindschaftsverhältnis i. S. v. § 63 Abs. 1 Satz 1 EStG besteht, grundsätzlich entweder

  • als Zahlkind den Kindergeldanspruch begründen oder
  • als Zählkind zur Erhöhung des Kindergeldanspruchs für jüngere Kinder (als 3. bzw. 4. Kind) beitragen.

Zählkinder sind danach solche Kinder, für die dem Anspruchsberechtigten kein Kindergeld zu zahlen ist, weil

  • ein anderer Berechtigter nach § 64 EStG vorrangig berechtigt ist oder zum Berechtigten bestimmt wurde oder
  • ein Ausschlusstatbestand nach § 65 Abs. 1 Nr. 1 EStG wegen des Anspruchs auf andere Leistungen für das Kind erfüllt ist oder
  • für das Kind in einem anderen EWR-Staat bzw. in einem Abkommensstaat[1] Kindergeld bzw. eine ausländische Familienleistung gezahlt wird.
 
Hinweis

Kein Zählkindervorteil mehr

Durch die Erhöhung des monatliches Kindergeldes auf 250 EUR einheitlich für alle beim Berechtigten vorrangig zu berücksichtigten Kinder ergibt sich unabhängig einer Berechtigtenbestimmung keine Auswirkung mehr bei der Höhe der auszubezahlenden Kindergeldbetrags.

Ein ggf. zahlbetragserhöhender Effekt von Zählkindern (sog. Zählkindervorteil) entfällt ab Januar 2023.[2]

[2] DA A 30 Satz 1 DA-KG 2023.

4.2 Im 1. Grad mit dem Berechtigten verwandte Kinder

a) Leibliche Kinder

Bei Anerkennung der Vaterschaft s. DA A 10.1 DA-KG.[2]

b) Angenommene Kinder

Bei der Adoption (Annahme) eines Kindes ist zu unterscheiden, ob es sich um einen Minderjährigen oder einen Volljährigen handelt.

Mit der Annahme eines minderjährigen Kindes erlangt das Kind die rechtliche Stellung eines ehelichen Kindes des Annehmenden.

Die Annahme wird vom Familiengericht ausgesprochen und durch Zustellung des Annahmebeschlusses rechtswirksam.

Mit der Annahme erlischt das Verwandtschaftsverhältnis des Kindes zu seinen leiblichen Eltern.[3] Das Kind wird deshalb ab dem Zeitpunkt der Annahme nur noch bei dem Annehmenden und nicht mehr bei den leiblichen Eltern berücksichtigt.

Wird ein Volljähriger als Kind angenommen, gilt dieser ebenfalls als im ersten Grad mit dem Annehmenden verwandt. Das Verwandtschaftsverhältnis zu seinen leiblichen Eltern erlischt grundsätzlich nicht. Aus diesem Grund kann ein Volljähriger bei seinen leiblichen Eltern auch dann noch als Zählkind berücksichtigt werden, wenn er von einer anderen Person als einem leiblichen Elternteil oder dessen Ehegatten angenommen wird.[4]

Vermisste Kinder

Vermisste Kinder sind bis zur Vollendung des 18. Lebensjahres zu berücksichtigen.[5]

[1] DA A 10 DA-KG 2023.
[2] Stand 2023.
[3] DA A 10.2 Abs. 1 DA-KG 2023.
[4] DA A 10.2 Abs. 2 DA-KG 2023.
[5] DA A 7 Abs. 3 DA-KG 2023.

4.3 Pflegekinder

[1] DA A 11 DA-KG 2023.

4.3.1 Überblick

Die Berücksichtigung von Pflegekindern ist nach § 32 Abs. 1 Nr. 2 EStG an die folgenden 4 Voraussetzungen geknüpft:

  • Haushaltsaufnahme,
  • familienähnliches Band auf Dauer,
  • Haushaltsaufnahme erfolgte nicht zu Erwerbs­zwecken,
  • kein Obhuts- und Pflegeverhältnis zu den Eltern.

Maßgebend sind danach grundsätzlich die tatsächlichen Umstände im Einzelfall. Die einzelnen Merkmale sind dabei im Zusammenhang zu würdigen, wobei die einzelnen Merkmale in unterschiedlichem Maß erfüllt sein können.

4.3.2 Begriff der Haushaltsaufnahme

Unter Haushaltsaufnahme ist das an einen bestimmten Ort gebundene Zusammenleben von Pflegekind und Pflegeperson in einer gemeinsamen Familienwohnung zu verstehen, d. h. das Pflegekind muss dort sein Zuhause haben.[1]

Der Haushalt muss ein Haushalt des Anspruchsberechtigten sein, er muss also dem Haushalt vorstehen oder ihn führen.[2]

Das Kind muss sich grundsätzlich durchgängig und nicht nur zeitweise im Haushalt der Pflegeperson aufhalten. Ein Kind, das sich wechselweise bei der Pflegeperson und bei seinen Eltern aufhält, ist daher nicht in den Haushalt der Pflegeperson aufgenommen.

Auch wenn ein Kind im Nachbarhaus wohnt, kann es in Ausnahmefällen als Pflegekind zum Haushalt des Kindergeldberechtigten gehören.[3]

Eine Haushaltsaufnahme liegt auch noch vor, wenn eine auswärtige Unterbringung des Kindes nur von vorübergehender Dauer ist (z. B. zur Schul- oder Berufsausbildung). Voraussetzung für das Weiterbestehen der Aufnahme in den Haushalt ist jedoch, dass das Kind im Rahmen der Möglichkeiten regelmäßig in den Haushalt der Pflegeperson zurückkehrt.

Bei behinderten Pflegekindern wird die Haushaltsaufnahme durch eine vollstationäre Heimunterbringung nicht beendet.[4]

Mit der Frage, ob ein Pflegekind bereits ab dem Monat seiner Geburt oder erst ab dem Monat der Haushaltsaufnahme kindergeldrechtlich berücksichtigt werden kann, beschäftigt sich derzeit der BFH.[5]

[1] DA A 11...

Dieser Inhalt ist unter anderem im Haufe Finance Office Premium enthalten. Sie wollen mehr?


Meistgelesene beiträge