Dipl.-Finanzwirt Christian Ollick
Leitsatz
Während des Au-Pair-Aufenthalts eines volljährigen Kindes besteht ein Kindergeldanspruch nur, wenn der Aufenthalt als Berufsausbildung i. S. des § 32 Abs. 4 Nr. 2 a) EStG anzuerkennen ist. Besucht das Kind während des Aufenthalts lediglich Kurse über amerikanische Kultur und Geschichte, liegt keine solche Berufsausbildung vor.
Sachverhalt
Die volljährige Tochter befand sich in der Zeit von August 2003 bis Januar 2005 in einem Au-Pair-Programm in den USA und besuchte dort mehrere Kurse über amerikanische Geschichte und Kultur. Nachdem ihr Vater Kindergeld für sie beantragt hatte, lehnte die Agentur für Arbeit einen Kindergeldanspruch ab und argumentierte, dass der Au-Pair-Aufenthalt nicht als (anspruchsauslösende) Berufsausbildung i. S. des § 32 Abs. 4 Nr. 2 a) EStG anzuerkennen ist.
Entscheidung
Das FG urteilte, dass der Vater für die Zeit des Au-Pair-Aufenthalts keinen Kindergeldanspruch hat. Ein solcher Anspruch könnte für die volljährige Tochter bestehen, wenn sie für einen Beruf ausgebildet wird (§ 32 Abs. 4 Nr. 2 a) EStG). Sprachaufenthalte im Ausland sind nur als Berufsausbildung anzuerkennen, wenn das Kind die Fremdsprache dort nicht in Eigenregie, sondern nach den Vorgaben einer fachlich autorisierten Stelle erwirbt (z. B. ein Sprachaufenthalt mit College-Besuch). Fehlt es an der Anleitung durch eine fachlich autorisierte Stelle, könnte ein Auslandsaufenthalt zwar dennoch als Berufsausbildung anerkannt werden, wenn er von einem sog. theoretisch-systematischen Sprachunterricht mit mindestens 10 Unterrichtsstunden pro Woche begleitet wird. Einen solchen Unterricht konnte der Vater durch die vorgelegten Kurs-Zertifikate aber nicht nachweisen. Auch hat er nicht glaubhaft machen können, dass der inhaltliche Schwerpunkt der Kurse auf der Sprachausbildung lag.
Hinweis
Die absolvierten Kurse waren auch keine zwingende Zugangsvoraussetzung für das anschließend aufgenommene BWL-Studium der Tochter. Wäre eine solche Voraussetzung z. B. aus der Studienordnung hervorgegangen, hätte das FG den Aufenthalt vermutlich als Berufsausbildung akzeptiert.
Der BFH hat bereits mit Urteil vom 19.2.2002 entschieden, dass ein Geschichtskurs im Rahmen eines Au-Pair-Aufenthalts nicht den inhaltlichen Anforderungen an einen theoretisch-systematischen Sprachunterricht gerecht wird.
Link zur Entscheidung
FG des Landes Sachsen-Anhalt, Urteil vom 10.11.2009, 4 K 90/06