Leitsatz
Ist ein Kind ausbildungswillig, aber zeitweise wegen einer Erkrankung nicht in der Lage, sich um einen Ausbildungsplatz zu bemühen, ist es ebenso zu behandeln wie ein Kind, das sich ernsthaft um einen Ausbildungsplatz bemüht, einen solchen aber nicht findet und deshalb nach § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 Buchst. c EStG zu berücksichtigen ist.
Sachverhalt
Der Kläger hat im Juli 2017 rückwirkend ab September 2016 Kindergeld für seinen Sohn bean-tragt, da dieser seit August 2016 psychisch erkrankt sei und in Kürze beabsichtige eine Ausbildung zu beginnen. Als Nachweis der Erkrankung des Sohnes reichte der Kläger Arbeitsunfähigkeitsbe-scheinigungen und eine ärztliche Bescheinigung vor, nach welcher das Ende der Erkrankung nicht absehbar sei. Die Familienkasse lehnte die Gewährung des Kindergeldes ab, da der Sohn nicht ausbildungswillig gewesen sei, und die Erklärungen, die eine Absicht zur Ausbildung glaubhaft machen könnten nach den Anweisungen in V 6.1 Abs. 1 Satz 8 DA-KG erst ab dem Zeitpunkt des Eingangs bei der Familienkasse wirkten.
Entscheidung
Mit diesem Urteil ist das Finanzgericht den Regelungen in der DA-KG entgegengetreten. Nach Auffassung des Finanzgerichts ist es nämlich nicht erforderlich, dass eine Erklärung des Kindes, aus der sich ergibt, dass das Kind plant, sich nach der Genesung zum nächstmöglichen Zeitpunkt eine Ausbildung zu beginnen, vorab vorgelegt wird. Das Finanzgericht geht davon aus, dass es sich bei der Regelung in der DA-KG lediglich um verwaltungsökonomische Regelung handelt. Die Ausbildungswilligkeit sei - so das Finanzgericht - eine Tatsache, die vom Finanzgericht nach den Verhältnissen des Einzelfalles zu beurteilen sei. Es sei daher nicht schädlich, dass das voraussichtliche Ende der Erkrankung vom Arzt zunächst nicht mitgeteilt worden sei, zumal dies gerade bei psychischen Erkrankungen oft nicht möglich sei.
Hinweis
In dieser Entscheidung weist das Finanzgericht außerdem darauf hin, dass auch Erkrankungen, die länger als 6 Monate dauern, nicht zwangsläufig zur Versagung der Kinderberechtigung gem. § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2c EStG führen. Die vom Finanzgericht zugelassene Revision wurde eingelegt und wird beim Bundesfinanzhof unter dem Az. III R 49/18 geführt. In vergleichbaren Fällen sollten Betroffene unter Hinweis auf das vorstehend genannte Revisionsverfahren Einspruch gegen den Bescheid über die Ablehnung des Kindergeldes einlegen und auf das Ruhen des Verfahrens kraft Gesetzes nach § 363 Abs. 2 AO verweisen.
Link zur Entscheidung
FG Hamburg, Urteil vom 31.07.2018, 6 K 192/17