Leitsatz
Auch ein Selbststudium kann zumindest dann, wenn es dazu führt, dass die (wiederholungs-) Prüfung bestanden wird, die an eine Ausbildung zu stellenden Anforderungen erfüllen.
Sachverhalt
Die Klägerin ist die Mutter einer im Jahr 1986 geborenen Tochter, welche ab August 2004 eine Berufsausbildung als Kauffrau für Bürokommunikation absolvierte. Nachdem der Ausbildungsbetrieb im Mai 2007 als Folge der Eröffnung des Insolvenzverfahrens seine Tätigkeit eingestellt und die Tochter im Juni 2007 die Abschlussprüfung nicht bestanden hatte, hob die Familienkasse die Festsetzung des Kindergeldes ab Juli 2007 auf. Im Einspruchs- und Klageverfahren begehrt die Klägerin die Gewährung des Kindergeldes für die Monate August 2007 bis Januar 2008, da die Tochter sich neben dem Besuch der Berufsschule im Selbststudium auf die Wiederholungsprüfung im Januar 2008 vorbereitet habe. Die Familienkasse hat die Gewährung des Kindergeldes weiter versagt, da die Klägerin den regelmäßigen Besuch der Berufsschule nicht nachweisen konnte.
Entscheidung
Nach Auffassung des FG steht der Klägerin Kindergeld bis zum Januar 2008 zu. Bei Beendigung des Ausbildungsverhältnisses - etwa durch Insolvenz des Ausbildungsbetriebes - sieht die Verwaltung nach DA-FamEStG 63.3.2.6. Abs. 7 die Berufsausbildung dann als fortbestehend an, wenn die zuständigen Kammern das Kind auch ohne Nachweis eines Ausbildungsverhältnisses zur Prüfung bzw. zur Wiederholungsprüfung zulassen. Ansonsten verlangt die Verwaltung, dass das Kind bis zur Prüfung die Berufsschule besucht. Das FG folgt nicht der Auffassung der Verwaltung, wonach eine "ausbildungsverhältnisfreie Ausbildung" den Besuch der Berufsschule voraussetzt und damit ein bloßes Selbststudium generell nicht genügt. Es ist kein sachlicher Grund dafür erkennbar, die Vorbereitung auf eine Wiederholungsprüfung im Rahmen eines Ausbildungsverhältnisses anders zu behandeln als die Vorbereitung auf eine solche Prüfung ohne Fortbestehen des Ausbildungsverhältnisses. Eine solche einschränkende, rein formalistische Sicht trägt dem weiten Begriff der "Ausbildung" nicht Rechnung.
Hinweis
Die von dem FG zugelassene Revision wurde eingelegt und wird beim BFH unter dem Az. III R 84/08 geführt. Außerdem ist wegen einer ähnlich gelagerten Rechtsfrage das Verfahren III R 70/07 beim BFH anhängig. In vergleichbaren Fällen sollte daher Einspruch eingelegt und das Ruhen des Verfahrens nah § 363 Abs. 2 AO beantragt werden.
Link zur Entscheidung
FG des Saarlandes, Gerichtsbescheid vom 30.10.2008, 2 K 1217/08