Leitsatz
Bereitet sich ein Kind, welches die Gesellenprüfung nicht bestanden hat, eigenverantwortlich in seinem früheren Ausbildungsbetrieb intensiv und ernstlich auf den nochmals abzuleistenden praktischen Teil der Wiederholungsprüfung vor, befindet es sich weiterhin in Berufsausbildung.
Sachverhalt
Der Kläger hatte für seinen im Jahr 1983 geborenen Sohn Kindergeld für die Monate August 2004 bis Januar 2005 beantragt, da der Sohn die Gesellenprüfung im August 2004 nicht bestanden hatte, sich aber in der Folgezeit in seinem Ausbildungsbetrieb intensiv auf die Wiederholungs- prüfung im Januar 2005 vorbereitete. Die Familienkasse hat den Antrag abgelehnt, da der Ausbildungsvertrag sich nur auf die Zeit bis 31.8.04 erstrecke und der Sohn sich somit nicht mehr in Ausbildung befinde. Bei einer Verlängerung müssten konkrete Abreden getroffen worden sein, die Ablauf, Dauer und Ausgestaltung der Verlängerung regelten.
Entscheidung
Nach Auffassung des FG steht dem Kläger Kindergeld bis Januar 2005 zu, da der Sohn sich noch in Ausbildung befunden hat. Berufsausbildung i. S. von § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 a EStG ist jede Ausbildung für einen künftigen Beruf. In Berufsausbildung befindet sich, wer sein Berufsziel noch nicht erreicht hat, sich aber ernstlich darauf vorbereitet. Der Vorbereitung auf ein Berufsziel dienen alle Maßnahmen, bei denen es sich um den Erwerb von Kenntnissen, Fähigkeiten und Erfahrungen handelt, die als Grundlagen für die Ausübung des angestrebten Berufs geeignet sind.
Die Vorbereitung auf eine Wiederholungsprüfung gehört auch dann noch zur Berufsausbildung, wenn der Auszubildende während dieser Zeit nicht mehr in einem Ausbildungsverhältnis steht, sondern sich eigenverantwortlich darauf vorbereitet. Der Annahme der Fortsetzung der Berufsausbildung steht weder entgegen, dass das Ausbildungsverhältnis nicht fortgesetzt wird noch, dass das Kind vor dem Beginn der Fertigung des Prüfungsstücks im Betrieb auf Stundenlohnbasis tätig ist, wenn es dabei seine handwerkliche Geschicklichkeit zur Fertigung des Prüfungsstücks verbessert.
Hinweis
Die im Hinblick auf die bereits wegen der gleichen Rechtsfrage anhängige Revision III R 70/07 zugelassene Revision wurde nicht eingelegt. Es ist jedoch nicht davon auszugehen, dass die Verwaltung ihre Auffassung zum Begriff der Ausbildung geändert hat. Wenn daher in vergleichbaren Fällen die Gewährung von Kindergeld abgelehnt wird, sollte Einspruch eingelegt und unter Hinweis auf das Verfahren III R 70/07 das Ruhen des Verfahrens nach § 363 Abs. 2 AO beantragt werden.
Link zur Entscheidung
FG München, Urteil vom 17.09.2008, 9 K 706/07