Leitsatz
Der Inlandswohnsitz wird bei einem Auslandsaufenthalt der ausschließlich der Durchführung eines Studiums dient, auch bei von Anfang an bestehender Rückkehrabsicht nur dann beibehalten, wenn der Betroffene entweder seinen Lebensmittelpunkt weiterhin am bisherigen Wohnort hat oder er zwar keinen einheitlichen Lebensmittelpunkt mehr hat, aber nunmehr über zwei Schwerpunkte der Lebensverhältnisse (zwei Wohnsitze) verfügt, von denen einer am bisherigen Wohnort liegt.
Sachverhalt
Der Sohn des Klägers hatte im September 2013 ein Studium in China aufgenommen. Auf Nachfrage der Familienkasse teilte der Kläger mit, der Sohn werde sich wegen des Studiums bis zum Juli 2017 in China aufhalten und voraussichtlich einmal im Jahr für ca. ein bis eineinhalb Monate nach Deutschland zurückkehren und sich zu Hause aufhalten. Die Familienkasse hob die Festsetzung des Kindergeldes auf, da der Sohn seinen Wohnsitz nicht mehr im Inland habe. Nach erfolglosem Einspruch trägt der Kläger im Klageverfahren vor, der BFH habe in einem Fall, in dem sich das Kind fünf Monate pro Jahr in Deutschland aufgehalten habe, die Beibehaltung des Wohnsitzes angenommen. Die eineinhalb Monate dauernden Sommerferien verbringe sein Sohn zu Hause.
Entscheidung
Das Finanzgericht gab der Klage statt. Es ist der Auffassung, dass der Inlandsaufenthalt des Sohnes in den Sommerferien ausreichend ist, um von einem Wohnen in Deutschland auszugehen. Der Sohn des Klägers hat die Sommerferien bei seinen Eltern verbracht. Eine Rückkehr auch während der Winterferien 2014 ist im vorliegenden Fall allein aus finanziellen Gründen unterblieben. Die Rückkehr in den Winterferien 2014 war Hinblick auf die große Entfernung und die erheblichen Flugkosten nicht zwingend erforderlich. Auch die Art der Unterbringung spricht aus Sicht des Finanzgerichts für ein weiteres Innehaben einer inländischen Wohnung. Der Sohn des Klägers verfügt in der Wohnung seiner Eltern über ein eigenes Zimmer. In China hingegen steht ihm lediglich ein Platz in einem Wohnheim zur Verfügung, der von vornherein nur zur Unterbringung der notwendigsten Kleidungsstücke und Unterrichtsmaterialien geeignet ist. Der Sohn des Klägers hat daher weiterhin im Inland einen Wohnsitz und der Kläger somit Anspruch auf Kindergeld.
Hinweis
Das Finanzgericht hat aufgrund der Vielzahl ähnlicher Fälle die Revision zugelassen (Az. beim BFH III R 38/14). Mit Urteil v. 25.09.2014, III R 10/14 hat der BFH bereits entschieden, dass bei einem mehrjährigen Auslandsaufenthalt zum Zwecke eines Studiums ein Kind seinen Wohnsitz in der Wohnung der Eltern im Inland beibehält, wenn es diese Wohnung zumindest überwiegend in den ausbildungsfreien Zeiten nutzt. In vergleichbaren Fällen sollten Betroffene unter Hinweis auf das o.a. BFH-Urteil die Gewährung von Kindergeld beantragen.
Link zur Entscheidung
FG Nürnberg, Urteil vom 23.10.2014, 6 K 441/14