Leitsatz

Die Meldung eines ausbildungsuchenden volljährigen Kindes bei der Ausbildungsvermittlung des Arbeitsamts (jetzt: Agentur für Arbeit) dient regelmäßig als Nachweis dafür, dass es sich ernsthaft um einen Ausbildungsplatz bemüht hat. Die Meldung wirkt jedoch nur drei Monate fort. Nach Ablauf dieser Frist muss sich das Kind erneut als Ausbildungsuchender melden, da sonst der Kindergeldanspruch entfällt.

 

Normenkette

§ 32 Abs. 4 S. 1 Nr. 2 Buchst. c EStG

 

Sachverhalt

Der Sohn der Klägerin meldete sich bei der Ausbildungsvermittlung und ließ sich als Bewerber um einen Ausbildungsplatz registrieren. Da er sich 3 Monate lang nicht wieder gemeldet hatte, wurde er aus der Bewerberliste gestrichen. Später legte er noch zwei Bewerbungsablehnungen vor.

Die Familienkasse hob die Kindergeldfestsetzung für die Monate nach Ablauf von drei Monaten seit der Registrierung und nach den Bewerbungsablehnungen auf. Das FG (FG Köln, Urteil vom 22.09.2005, 10 K 5182/04, Haufe-Index 1454356, EFG 2006, 66) wies die Klage ab und ...

 

Entscheidung

... auch der BFH wies die Revision mangels glaubhaft gemachter Eigenbemühungen um einen Ausbildungsplatz zurück. Der Sohn hatte innerhalb der Dreimonatsfrist nicht erneut bei der Ausbildungsvermittlung vorgesprochen, und die Klägerin hatte für die Zeit nach Erhalt der Bewerbungsablehnungen keine ernsthaften Bemühungen um einen Ausbildungsplatz nachgewiesen.

Der BFH erwähnt noch, dass der Rückforderung des zu Unrecht bezogenen Kindergelds der Grundsatz von Treu und Glauben nicht entgegensteht.

 

Hinweis

Für ein volljähriges Kind, das das 27. Lebensjahr (ab 2007: das 25. Lebensjahr) noch nicht vollendet hat, besteht u.a. ein Anspruch auf Kindergeld, wenn es eine Berufsausbildung mangels Ausbildungsplatzes nicht beginnen oder fortsetzen kann. Voraussetzung ist, dass sich das Kind ernsthaft um einen Ausbildungsplatz bemüht.

Dabei ist grundsätzlich jeder Ausbildungswunsch zu berücksichtigen, solange er realistisch verfolgt werden kann. Die Bewerbung darf deshalb nicht bereits daran scheitern, dass das Kind die objektiven Anforderungen für den Ausbildungsplatz nicht erfüllt.

Das Bemühen um einen Ausbildungsplatz muss glaubhaft gemacht werden. Pauschale Angaben, das Kind sei im fraglichen Zeitraum ausbildungsbereit gewesen, reichen dazu nicht aus. Zur Vermeidung von Missbräuchen muss sich die Ausbildungsbereitschaft vielmehr durch belegbare Bemühungen verobjektiviert haben. Der Kindergeldberechtigte ist insoweit zur Mitwirkung verpflichtet. Die Bemühungen können insbesondere nachgewiesen werden:

1. Durch eine Bescheinigung der Arbeitsagentur, dass das Kind als Bewerber um eine Ausbildungsstelle – nicht lediglich als "ratsuchend" – registriert ist.

Die Registrierung gilt aber nicht zeitlich unbeschränkt als Nachweis. Der BFH zieht eine Parallele zur Einstellung der Bemühungen für Arbeitsuchende durch Zeitablauf, und zwar kraft Gesetzes nach 3 Monaten, wenn der Arbeitsuchende die Vermittlung nicht in Anspruch nimmt. Ebenso ist auch bei der Ausbildungsvermittlung – ohne entsprechende gesetzliche Regelung – zu vermuten, dass das Kind kein Interesse mehr an einer Ausbildungsplatzvermittlung hat, wenn es sich drei Monate lang nicht gemeldet hat. Das Kind muss daher zumindest alle 3 Monate gegenüber der Agentur für Arbeit sein Interesse an einer weiteren Vermittlung von Ausbildungsstellen kundtun.

2. Außer durch eine Meldung bei der Ausbildungsvermittlung kann die Ausbildungsbereitschaft auch auf andere Art und Weise glaubhaft gemacht werden. In Betracht kommen insbesondere Zeitungsannoncen, schriftliche Bewerbungen und ggf. darauf erhaltene Zwischennachrichten oder auch Absagen. Bei telefonischen Kontakten sind detaillierte Angaben zur Glaubhaftmachung erforderlich.

Hat das Kind bis zum Ablauf von 3 Monaten noch keinen Bescheid erhalten, ist grundsätzlich eine Parallelbewerbung erforderlich. Davon kann nur dann abgesehen werden, wenn z.B. für ein Studium nur zu bestimmten Zeitpunkten eine Bewerbung eingereicht werden kann. Ebenso ist keine weitere Bewerbung erforderlich, wenn das Kind bereits eine feste Zusage erhalten hat.

Beachten Sie: Die Rechtslage ist daher anders als beim arbeitsuchenden Kind nach § 32 Abs. 4 S. 1 Nr. 1 EStG. Bei diesem ist der Kindergeldanspruch von der Meldung bei der Agentur für Arbeit abhängig. Der Status als arbeitsuchend muss durchgängig bestehen und kann nicht durch Eigenbemühungen ersetzt werden. Das arbeitsuchende Kind muss sich daher mindestens dreimonatlich bei der Arbeitsvermittlung melden, wenn es nicht schon vorher im Rahmen seiner Mitwirkung einbestellt wird (BFH, Urteil vom 19.06.2008, III R 68/05, BFH/PR 2008, 433).

 

Link zur Entscheidung

BFH, Urteil vom 19.06.2008, III R 66/05

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