Leitsatz
Für eine allgemeine Leistungsklage einer (vermeintlichen) Organgesellschaft, mit der das FA verurteilt werden soll, eine von ihm im Besteuerungsverfahren des (vermeintlichen) Organträgers gemachte Mitteilung an die zur Festsetzung der Gewerbesteuer zuständige Gemeinde inhaltlich zu korrigieren, fehlt die Klagebefugnis.
Normenkette
§ 40 Abs. 2 FGO, , § 30, § 73, § 184 Abs. 3 AO
Sachverhalt
Die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin), eine GmbH, ging (ebenso wie das FA) zunächst davon aus, es bestehe ein (gewerbesteuerrechtliches) Organschaftsverhältnis mit ihrer Muttergesellschaft (einer AG). Nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der AG versandte das FA "Mitteilungen" an die Stadt (Inhalt: die AG habe in den Jahren 1999 bis 2001 auf dem Gemeindegebiet der Stadt eine Betriebsstätte unterhalten; Gewerbesteuermessbetrag sowie den auf die Stadt entfallenden Zerlegungsanteil). Später ergingen geänderte "Mitteilungen" mit den gegenüber dem Insolvenzverwalter der AG berechneten Messbeträgen. Die Stadt wies die Klägerin auf § 73 AO hin; eine Haftungsinanspruchnahme sei beabsichtigt. Die Klägerin meinte, dass auf der Grundlage neuerer Rechtsprechung ein Organschaftsverhältnis mit der AG nicht bestanden habe. Demgegenüber vertrat die Stadt die Auffassung, dass aufgrund der "Mitteilungen" von gegenüber der AG bestandskräftigen Gewerbesteuermessbescheiden und entsprechenden Folgebescheiden auszugehen sei; diese könne man nicht in eigener Zuständigkeit infrage stellen. Dem Antrag an das FA, die Stadt von den Zweifeln an einem Organschaftsverhältnis in Kenntnis zu setzen, entsprach man dort nicht.
Entscheidung
Der BFH hat die Revision der Klägerin gegen das klageabweisende FG-Urteil (FG Düsseldorf, Urteil vom 18.10.2013, 12 K 1831/11 AO, Haufe-Index 6580857 – Klage unzulässig) als unbegründet zurückgewiesen.
Hinweis
1. Der BFH zieht zur Begründung (u.a.) einen Aufsatz aus der aus der akademischen Ausbildung bekannten Fachgazette "Juristische Schulung" heran – und so "schulmäßig" liest sich das gesamte Urteil rund um die normalerweise eher als Klausur, denn als praktisches Problem erscheinenden Sachentscheidungsvoraussetzung der "Klagebefugnis" (§ 40 Abs. 2 FGO).
2. Zunächst galt es, die Klageart zu bestimmen: Da es darum geht, durch Klage u.a. die Verurteilung zu einer "anderen Leistung" zu erreichen, liegt eine sog. allgemeine Leistungsklage vor. Eine solche Klage ist aber nur zulässig, wenn der Kläger geltend macht, durch die Ablehnung oder Unterlassung einer anderen Leistung in seinen Rechten verletzt zu sein (§ 40 Abs. 2 FGO). Dazu benötigt er ein subjektives Recht, das den geltend gemachten Anspruch in seiner Person tragen würde (sog. subjektiv-öffentliches Recht). Nach der sog. Schutznormtheorie ist dazu der Verstoß gegen eine Norm notwendig, die nicht ausschließlich im Interesse der Allgemeinheit, insbesondere im öffentlichen Interesse an der gesetzmäßigen Steuererhebung und Sicherung des Steueraufkommens erlassen wurde, sondern (zumindest auch) dem Schutz der Interessen einzelner an dem betreffenden Steuerschuldverhältnis nicht beteiligter Dritter dient (sog. drittschützende Norm). Dabei muss es das Klagevorbringen als zumindest möglich erscheinen lassen, dass die angefochtene Entscheidung eigene subjektiv-öffentliche Rechte des Klägers verletzt (sog. Möglichkeitstheorie) bzw. die Klagebefugnis ist nur dann nicht gegeben, wenn offensichtlich und eindeutig nach keiner Betrachtungsweise die vom Kläger geltend gemachten Rechte bestehen oder ihm zustehen können.
3. Im Streitfall werden aber subjektiv-öffentliche Rechte der Klägerin (als vermeintlicher Organgesellschaft) durch eine Mitteilung des FA im GewSt-Verfahren der AG (als vermeintlicher Organträgerin) unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt tangiert. § 184 Abs. 3 AO"hilft" nicht: Die Norm betrifft nicht das Besteuerungsverhältnis der Klägerin und hat auch keinen drittschützenden Charakter. Die Mitteilung ist weder Teil des Steuermessbescheids noch selbstständiger VA, vielmehr eine durch die Kompetenzverteilung gebotene verwaltungsinterne Maßnahme rein technischen Charakters ohne unmittelbare Außenwirkung (schlichte Informationsweitergabe). Die Klägerin ist als Dritte weder an dem GewSt-Verfahren der AG beteiligt noch in den diesbezüglichen verwaltungsinternen Informationsaustausch zwischen FA und Gemeinde eingebunden. Eine Analogie hilft ebenfalls nicht: Wenn § 184 Abs. 3 AO schon in seinem unmittelbaren Anwendungsbereich keine subjektiv-öffentliche Rechtsposition und damit keine Ansprüche zugunsten der Klägerin begründet, kann dies auch nicht über die analoge Anwendung dieser Norm erreicht werden. Im Übrigen kommt es auf die Frage der Rechtswidrigkeit der Maßnahme nicht an (kein Schutz der Individualinteressen).
4. Der BFH hebt hervor, dass von einer Mitteilung i.S. d. § 184 Abs. 3 AOkeine Bindungswirkung für das in der Hand der Gemeinde liegende Haftungsverfahren gemäß § 73 AO ausgeht. Schließlich verneint der BFH auch eine Rechtsverletzu...