Prof. Rolf-Rüdiger Radeisen
Die Kleinunternehmerbesteuerung ist anzuwenden, wenn der Gesamtumsatz des Unternehmers im vorangegangenen Jahr nicht mehr als 25.000 EUR betragen hat. Auf den voraussichtlichen Umsatz des laufenden Kalenderjahrs kommt es seit dem 1.1.2025 nicht mehr an.
Bis 2024 andere systematische Prüfung
Bis zum 31.12.2024 waren die Voraussetzungen für die Kleinunternehmerbesteuerung anders zu prüfen. Hatte der Gesamtumsatz des vorangegangenen Kalenderjahrs nicht mehr als 22.000 EUR betragen, musste geprüft werden, ob der Gesamtumsatz des laufenden Kalenderjahrs voraussichtlich mehr als 50.000 EUR betragen wird. Nur wenn der voraussichtliche (sachgerecht geschätzte) Gesamtumsatz des laufenden Kalenderjahrs nicht über dieser Grenze lag, war die Kleinunternehmereigenschaft gegeben. Diese galt dann für das gesamte Kalenderjahr, selbst wenn in diesem Jahr der Gesamtumsatz von 50.000 EUR entgegen der Prognose überschritten wurde.
Hat der Unternehmer im vorangegangenen Kalenderjahr die Gesamtumsatzgrenze von 25.000 EUR nicht überschritten, ist er im laufenden Kalenderjahr so lange Kleinunternehmer (soweit nicht auf die Kleinunternehmerbesteuerung verzichtet wurde oder wird), bis er in dem laufenden Kalenderjahr die Gesamtumsatzgrenze von 100.000 EUR überschreitet. Zur Prüfung dieser Umsatzgrenzen ist jeweils vom Gesamtumsatz i. S. v. § 19 Abs. 2 UStG auszugehen. Dabei ist stets der Gesamtumsatz nach vereinnahmten Entgelten ("Ist"-Besteuerung) zugrunde zu legen.
Unterjähriger Wechsel möglich
Bis 31.12.2024 ergab sich die Kleinunternehmerbesteuerung immer für das gesamte Kalenderjahr. Selbst wenn der Unternehmer die prognostizierte Gesamtumsatzgrenze von 50.000 EUR im laufenden Kalenderjahr überschritt, führte dies in diesem Kalenderjahr nicht zum Wegfall der Kleinunternehmerbesteuerung. Seit dem 1.1.2025 ist dies grundlegend anders. Mit dem Umsatz, mit dem der Unternehmer die 100.000 EUR-Grenze überschreitet, entfällt die Besteuerung als Kleinunternehmer. Dabei unterliegt schon der Umsatz der Regelbesteuerung, mit dem die Umsatzgrenze von 100.000 EUR überschritten wird.
Unterjähriger Wechsel der Besteuerungsform
Unternehmer K hat im Kalenderjahr 2024 einen Gesamtumsatz von 24.000 EUR realisiert, die Voraussetzungen der Kleinunternehmerbesteuerung hat K in den Vorjahren nicht erfüllt. Aufgrund stark gestiegener Auftragseingänge erwartet K in 2025 einen Gesamtumsatz von 120.000 EUR. Mit dem ersten Tagesumsatz am 25.10.2025 überschreitet er mit seinem Gesamtumsatz die Grenze von 100.000 EUR.
K erfüllt zum 1.1.2025 die Voraussetzungen der Kleinunternehmerbesteuerung nach § 19 Abs. 1 UStG, da sein Gesamtumsatz 2024 nicht mehr als 25.000 EUR betragen hat; der in 2025 erwartete (geschätzte) Gesamtumsatz ist unbeachtlich. Damit ist K ab dem 1.1.2025 Kleinunternehmer – soweit er nicht auf die Anwendung der Kleinunternehmerbesteuerung verzichten sollte. Bis zum 24.10.2025 führt K als Kleinunternehmer steuerfreie Umsätze aus und ist vom Vorsteuerabzug für Leistungsbezüge ausgeschlossen. Ab dem 25.10.2025 erbringt K steuerbare und steuerpflichtige Umsätze, für die er unter den weiteren Voraussetzungen Umsatzsteuer schuldet; eine Änderung bei der Besteuerung der bis zum 24.10.2025 ausgeführten Umsätze ergibt sich aber nicht. Ab dem 25.10.2025 ist K dann auch zum Vorsteuerabzug für ab diesem Zeitpunkt bezogene Leistungen berechtigt. Im gesamten Kalenderjahr 2026 muss K zwingend die Regelbesteuerung anwenden, da er aus Sicht des Kalenderjahrs 2026 im vorangegangenen Kalenderjahr (2025) die Gesamtumsatzgrenze von 25.000 EUR überschritten hat.
Hat der Unternehmer im vorangegangenen Kalenderjahr die Umsatzgrenze von 25.000 EUR überschritten, liegen die Voraussetzungen des § 19 UStG im laufenden Kalenderjahr grundsätzlich nicht vor, die Kleinunternehmerbesteuerung kann im laufenden Kalenderjahr nicht angewendet werden.
Laufende Überwachung der Gesamtumsatzgrenze
Hat der Unternehmer im vorangegangenen Kalenderjahr die Grenze von 25.000 EUR nicht überschritten und ist im laufenden Kalenderjahr Kleinunternehmer, muss unterjährig die Gesamtumsatzgrenze überwacht werden. Der Gesetzgeber hat zwar bewusst die Grenze mit 100.000 EUR hoch angesetzt, sodass es im Regelfall eher selten sein wird, dass ein Unternehmer, der im Vorjahr die Grenze von 25.000 EUR nicht überschritten hat, im folgenden Kalenderjahr die Grenze von 100.000 EUR überschreitet. Es sollte aber zumindest immer beachtet werden, wenn sich erhebliche Änderungen bei dem Umsatz ergeben. Nur durch zeitnahe Umstellung von Abrechnung und Buchhaltung nach Überschreiten der Gesamtumsatzgrenze können wirtschaftliche Nachteile vermieden werden.
2.1 Berechnung des Gesamtumsatzes
Der maßgebliche Gesamtumsatz des Kleinunternehmers bestimmt sich nach § 19 Abs. 2 UStG. Dabei ist von dem steuerbaren Umsatz nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG auszugehen. Damit gehören Einfuhren aus dem Drittlandsgebiet nach § 1 Abs....