Prof. Rolf-Rüdiger Radeisen
Liegt Kleinunternehmerbesteuerung vor, werden nach § 19 Abs. 1 Satz 1 UStG steuerfreie Umsätze ausgeführt. Kleinunternehmer müssen deshalb regelmäßig keine Umsatzsteuer-Voranmeldungen und Jahressteuererklärungen abgeben, da die allgemeinen Erklärungspflichten bei Anwendung der Kleinunternehmerbesteuerung nicht anzuwenden sind. Kleinunternehmer können aber von der Finanzverwaltung individuell zur Abgabe von Voranmeldungen und einer Jahressteuererklärung aufgefordert werden.
Früher bestand Verpflichtung zur Abgabe von Jahressteuererklärungen
Bis 2024 waren Kleinunternehmer verpflichtet, Voranmeldungen und Jahressteuererklärungen nach den allgemeinen Regelungen abzugeben. Da die Zahllast im vorangegangenen Kalenderjahr regelmäßig 0 EUR betrug, wurden Kleinunternehmer meistens von der Verpflichtung befreit, Voranmeldungen abzugeben. Jahressteuererklärungen waren aber regelmäßig abzugeben. Durch das Wachstumschancengesetz ist m. W. v. 1.1.2025 die Änderung bei den Erklärungspflichten umgesetzt worden. Dies gilt erstmalig für die Jahressteuererklärung für den Veranlagungszeitraum 2024.
Aufgrund der Steuerfreiheit seiner Umsätze darf der Kleinunternehmer in seinen Rechnungen keine Umsatzsteuer gesondert ausweisen. Soweit Umsatzsteuer in Rechnungen gesondert ausgewiesen wird, schuldet der Kleinunternehmer diese als unrichtig ausgewiesene Umsatzsteuer nach § 14c Abs. 1 UStG. Auch der Hinweis (z. B. in einer Kleinbetragsrechnung bis 250 EUR), dass in dem Betrag 7 % oder 19 % Umsatzsteuer enthalten sind, führt zu einem solchen unrichtigen Steuerausweis, der dem Grunde nach zu einer geschuldeten Umsatzsteuer führt. Soweit allerdings über eine vom Kleinunternehmer tatsächlich ausgeführte Leistung mit gesondert ausgewiesener Umsatzsteuer gegenüber einem Nichtunternehmer (Endverbraucher) abgerechnet wird, entsteht aufgrund fehlender Gefährdung des Steueraufkommens keine Umsatzsteuer.
Der Kleinunternehmer hat keinen Vorsteuerabzug aus der ihm von anderen Unternehmern gesondert in Rechnung gestellten Umsatzsteuer nach § 15 UStG. Dies gilt entsprechend auch für die Fälle, in denen der Kleinunternehmer aufgrund von innergemeinschaftlichen Erwerben oder dem Reverse-Charge-Verfahren Umsatzsteuer schulden sollte, diese Beträge sind grundsätzlich vom Vorsteuerabzug ausgeschlossen.
Systematische Änderung zum 1.1.2025
Der Ausschluss des Vorsteuerabzugs ergab sich für den Kleinunternehmer bis zum 31.12.2024 aufgrund der ausdrücklich in § 19 Abs. 1 Satz 4 UStG a. F. aufgenommenen Regelung, dass die Vorschriften des § 15 UStG keine Anwendung finden. Seit dem 1.1.2025 ergibt sich keine spezielle Regelung für den Ausschluss des Vorsteuerabzugs für Kleinunternehmer aus § 19 UStG. Da Kleinunternehmer aber seit 2025 "steuerfreie" Umsätze ausführen, gilt der allgemeine Ausschluss vom Vorsteuerabzug nach § 15 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 UStG.
Die Vorschriften über die Erhebung der Einfuhrumsatzsteuer, die Besteuerung von innergemeinschaftlichen Erwerben sowie die Steuerschuldnerschaft nach § 13b UStG und § 25b Abs. 2 UStG gelten auch für den Kleinunternehmer. Dies bedeutet insbesondere, dass der Kleinunternehmer bei Leistungen ausländischer Unternehmer oder bei bestimmten Bauleistungen zum Steuerschuldner wird und die Umsatzsteuer anmelden und abführen muss.
Steuerschuld des Leistungsempfängers bei Leistungen ausländischer Unternehmer
Kleinunternehmer K nimmt im Januar 2025 eine Rechtsberatung des in Österreich ansässigen Rechtsanwalts R in Anspruch. R berechnet K vereinbarungsgemäß noch im Januar 1.000 EUR.
Die Leistung des R ist nach § 3a Abs. 2 UStG in Deutschland ausgeführt und damit steuerbar und steuerpflichtig. Da R ein ausländischer Unternehmer i. S. d. § 13b Abs. 7 UStG ist, wird K nach § 13b Abs. 1 i. V. m. Abs. 5 Satz 1 UStG zum Steuerschuldner für die ihm gegenüber ausgeführte Leistung. Der Zahlbetrag von 1.000 EUR stellt die Bemessungsgrundlage nach § 10 Abs. 1 UStG dar, sodass eine Umsatzsteuer von (1.000 EUR x 19 % =) 190 EUR entsteht. Diese Umsatzsteuer muss K im Januar 2025 (Monat der Ausführung der Leistung) anmelden und an sein Finanzamt abführen, da ihm als Kleinunternehmer kein Vorsteuerabzug zusteht.
Keine Steuerschuld des Leistungsempfängers, wenn Leistender Kleinunternehmer ist
Das Reverse-Charge-Verfahren gilt aber für einen regelbesteuerten Leistungsempfänger nicht, wenn ein Kleinunternehmer eine Leistung ausführt, die dem Grunde nach unter § 13b UStG fallen würde.
Seit dem 1.1.2025 fallen die Leistungen von Kleinunternehmern grds. nicht mehr in den Anwendungsbereich des § 13b UStG, da ab diesem Zeitpunkt von Kleinunternehmern steuerfreie Umsätze ausgeführt werden und § 13b UStG einen steuerpflichtigen Umsatz voraussetzt.
Eine Besonderheit besteht bei der Besteuerung der innergemeinschaftlichen Erwerbe. Grundsätzlich verwirklicht auch der Kleinunternehmer innergemeinschaftliche Erwerbe nach § 1a Abs. 1 UStG. Besondere Unternehmer – so auch der Kleinunternehmer