Dipl.-Finanzwirt Christian Ollick
Leitsatz
Das FG Münster entschied, dass ein an Kaltschmerzüberempfindlichkeit leidender Steuerzahler seine Kosten für einen Thailand-Aufenthalt nicht als außergewöhnliche Belastungen absetzen kann, wenn sein amtsärztliches Attest lediglich einen Aufenthalt "in tropischem Klima" anrät.
Sachverhalt
Der Kläger verfügte über einen Grad der Behinderung von 90 und litt unter anderem an einer Kaltschmerzüberempfindlichkeit (Kälteallodynie). Kältereize wurden von seinen Nervenleitungen als Schmerz empfunden. Laut einer amtsärztlichen Bescheinigung sollte er sich aus gesundheitlichen Gründen in den Wintermonaten "in tropischem Klima" aufhalten. Der Kläger folgte diesem amtsärztlichen Rat und flog Ende 2018 nach Thailand. Die Kosten für die Anreise, den Aufenthalt und eine Haushaltshilfe vor Ort machte er in seiner Einkommensteuererklärung 2018 als außergewöhnliche Belastungen geltend.
Entscheidung
Das FG entschied, dass die Kosten für die Überwinterung in Thailand nicht als außergewöhnliche Belastungen nach § 33 EStG absetzbar waren. Das FG ordnete die Reise als eine sogenannte Klimakur ein, da für den Heilerfolg allein der Klimawechsel entscheidend war.
Aufwendungen für Klimakuren sind nur dann als außergewöhnliche Belastungen abziehbar, sofern vor Beginn der Heilmaßnahme ein amtsärztliches Gutachten (oder eine ärztliche Bescheinigung eines Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung) vorgelegt wird, aus dem der medizinisch angezeigte Kurort und die voraussichtliche Kurdauer hervorgeht (sogenannter qualifizierter Nachweis nach § 64 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2a EStDV). Zwar stammte das vorliegende Attest von einem Amtsarzt, war vor Reiseantritt erstellt worden und hatte auch die voraussichtliche Kurdauer ("in den Wintermonaten") hinreichend genau bezeichnet, allerdings fehlte es an einer hinreichend bestimmten Angabe des medizinisch angezeigten Kurorts. Mit der Bezeichnung "im tropischen Klima" war der Kurort nach Gerichtsmeinung zu unkonkret bezeichnet worden. Das FG verwies darauf, dass zwar keine ganz konkrete Ortschaft und keine Heileinrichtung im Attest genannt werden muss, eine pauschale Benennung einer Erdregion nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung aber auch nicht ausreicht.
Hinweis
Der Urteilsfall zeigt, dass der Kurort vom Amtsarzt von Vornherein möglichst genau bezeichnet werden sollte, um später einen steuerlichen Abzug der Kurkosten zu ermöglichen. Da das Attest vor dem Kuraufenthalt ausgestellt werden muss, gibt es im Nachhinein auch keinen Raum zur Nachbesserung bzw. Konkretisierung.
Link zur Entscheidung
FG Münster, Urteil v. 23.02.2022, 7 K 2261/20 E