Lisa Möllenbeck, Anna-Lena Glander
3.1 Prozessmanagement
Da, wie gezeigt, bereits das Anbieten eines Vorteils gegenüber einem Amtsträger eine Strafbarkeit zu einem denkmöglichst frühen Zeitpunkt begründet und der erforderliche Verdachtsgrad zur Einleitung eines Strafverfahrens (Anfangsverdacht) sehr niedrigschwellig ist, sollte Korruptionsprävention im Unternehmen an einem sehr frühen Punkt ansetzen, nämlich mit der Sicherstellung der Einhaltung allgemeiner Sorgfaltspflichten für das Prozessmanagement. Ein solches Prozessmanagement, das Korruption vorbeugen kann, umfasst z. B. das Vier-Augen-Prinzip, Unterschriftenregelungen, Funktionstrennungen, eindeutige Aufgaben-, Kompetenzen- und Verantwortungszuweisungen, Risikoanalysen, regelmäßige Schulungen, Berichterstattung, Aufklärung, Vorfalleskalation sowie Konsequenzen- und Krisenmanagement. Auch Hinweisgebersysteme können in diesem Zusammenhang eine wichtige Rolle spielen.
Zuletzt können auch die gem. dem Prozessmanagement erfolgte Aufklärung eines doch einmal begangenen und im Unternehmen entdeckten Korruptionsverstoßes und im Nachgang erfolgten Maßnahmen den Vorteil haben, dass eine Sanktionierung von einzelnen Personen, insbesondere der Leitungsebene, aber auch des Unternehmens unterbleibt oder jedenfalls geringer ausfällt.
Anhaltspunkte für Korruption
Konkrete Anhaltspunkte, die eine erhöhte Aufmerksamkeit erfordern und ggf. der Aufklärung, Vorfallseskalation und unter Umständen dem Krisen- und Konsequenzenmanagement unterfallen, sind z. B. die folgenden:
- Erhöhte Pauschalvergütung für Vertreter
- Provisionszahlungen für Tippgeber
- Erhöhte Kulanzkosten
- Mangelnde oder nicht nachvollziehbare Dokumentation von Zahlungen
- Zahlungsempfänger mit mehreren Adressen oder Konten
- Berater, Sachverständige oder Repräsentanten ohne festgelegte Aufgabe
- Provisionen und Vergütungen über marktüblicher Höhe
- Spenden und Sponsoring mit privatem Vorteil für Mitarbeitende von Geschäftspartnern
- Geschäftsbeziehungen und Zahlungen an Offshore-Gesellschaften
- Korruptionsvorwürfe gegen den Geschäfts- oder Vertriebspartner, dessen Mitarbeitende oder andere Wettbewerber
3.2 Anti-Korruption als Bestandteil des Compliance-Management-Systems
Eine weitere, sehr effektive Maßnahme zur Vorbeugung sowie Bekämpfung von Korruption stellen auch entsprechende Compliance-Regelungen zur Anti-Korruption dar:
Derartige Regelwerke, z. B. Richtlinien, Verfahrensanweisungen, Merkblätter oder Checklisten zum Umgang mit Geschenken, Zuwendungen und Einladungen definieren für Mitarbeitende – und potenzielle Korruptionsstraftäter – auf nachvollziehbare und in die Praxis umsetzbare Art und Weise das, was aus den sehr abstrakten Formulierungen der genannten Straftatbestände als unerlaubter oder unangemessener Vorteil im Sinne der Korruptionsdelikte gilt. Da die Grenzen zwischen zulässiger Höflichkeit, erlaubtem Wettbewerb und strafbarer Korruption fließend sind, können solche Regelungen den Mitarbeitenden helfen, eigenverantwortlich richtige und risikoarme Entscheidungen über die Annahme und die Gewährung von Vorteilen zu treffen. In diesen Regelungen können z. B. regelmäßige Charakteristika der Angemessenheit oder Unangemessenheit von Vorteilsgewährungen erläutert werden.
Hinweise auf unangemessene oder unerlaubte Vorteile
Die folgenden Charakteristika eines gewährten oder noch zu gewährenden Vorteils können (nicht zwangsläufig und nicht abschließend) Hinweise auf unangemessene oder unerlaubte und ggf. korruptionsstrafrechtlich relevante Vorteile darstellen:
- Unangemessene Höhe einer Vorteilsgewährung
- Kein (angemessener) Anlass für eine Vorteilsgewährung
- Versuch des Versteckens einer Vorteilsgewährung oder keine Dokumentation zu einer Vorteilsgewährung
- Zeitliche Nähe der Vorteilsgewährung zu einer Vertragsentscheidung
- Regelmäßige Wiederholungen von vergleichbaren Vorteilsgewährungen
- Vorteilsgewährung in Form von "Cash", d. h. Geldvorteilen oder Geldersatz
- Kick-backs, Rückvergütung, Rabatte auf Privatkonten
- Spezielle Sonderpreise für eine einzelne Kontaktperson oder den Entscheidungsträger beim Geschäftspartner
- Verstöße gegen die eigenen Compliance-Regeln oder die des Empfängers
Zu beachten ist in diesem Zusammenhang auch, dass die Vorteilsgewährung nicht zugunsten der in die Absprache eingebundenen Person erfolgen muss. Vorteile für Dritte, die zugleich auch für die involvierte Person einen persönlichen oder finanziellen Vorteil darstellen, können ausreichen (bspw. eine Spende für den Sportverein, ein Stipendium für das Kind).
Insoweit ist jeder Einzelfall gesondert zu bewerten. Die genannten Faktoren stellen nicht immer ein Indiz für eine korruptionsrelevante Unrechtsvereinbarung dar. Beispielsweise können verhältnismäßige Vorteilsgewährungen an einen Vertragspartner, die im Rahmen der offiziellen Preis- und Konditionsverhandlungen vereinbart und dokumentiert werden (z. B. Bonuszahlungen oder Rabatte), auch erlaubte und nicht strafrechtlich relevante Vorteile im Rahmen des normalen Wettbewerbs darstellen.
Entsprechende Regelungen zu erlaubten und nicht erlaubten Handlungen und den im Einzelfall teilweise schwierigen Abgrenzungen z...