Lisa Möllenbeck, Anna-Lena Glander
Eine weitere, sehr effektive Maßnahme zur Vorbeugung sowie Bekämpfung von Korruption stellen auch entsprechende Compliance-Regelungen zur Anti-Korruption dar:
Derartige Regelwerke, z. B. Richtlinien, Verfahrensanweisungen, Merkblätter oder Checklisten zum Umgang mit Geschenken, Zuwendungen und Einladungen definieren für Mitarbeitende – und potenzielle Korruptionsstraftäter – auf nachvollziehbare und in die Praxis umsetzbare Art und Weise das, was aus den sehr abstrakten Formulierungen der genannten Straftatbestände als unerlaubter oder unangemessener Vorteil im Sinne der Korruptionsdelikte gilt. Da die Grenzen zwischen zulässiger Höflichkeit, erlaubtem Wettbewerb und strafbarer Korruption fließend sind, können solche Regelungen den Mitarbeitenden helfen, eigenverantwortlich richtige und risikoarme Entscheidungen über die Annahme und die Gewährung von Vorteilen zu treffen. In diesen Regelungen können z. B. regelmäßige Charakteristika der Angemessenheit oder Unangemessenheit von Vorteilsgewährungen erläutert werden.
Hinweise auf unangemessene oder unerlaubte Vorteile
Die folgenden Charakteristika eines gewährten oder noch zu gewährenden Vorteils können (nicht zwangsläufig und nicht abschließend) Hinweise auf unangemessene oder unerlaubte und ggf. korruptionsstrafrechtlich relevante Vorteile darstellen:
- Unangemessene Höhe einer Vorteilsgewährung
- Kein (angemessener) Anlass für eine Vorteilsgewährung
- Versuch des Versteckens einer Vorteilsgewährung oder keine Dokumentation zu einer Vorteilsgewährung
- Zeitliche Nähe der Vorteilsgewährung zu einer Vertragsentscheidung
- Regelmäßige Wiederholungen von vergleichbaren Vorteilsgewährungen
- Vorteilsgewährung in Form von "Cash", d. h. Geldvorteilen oder Geldersatz
- Kick-backs, Rückvergütung, Rabatte auf Privatkonten
- Spezielle Sonderpreise für eine einzelne Kontaktperson oder den Entscheidungsträger beim Geschäftspartner
- Verstöße gegen die eigenen Compliance-Regeln oder die des Empfängers
Zu beachten ist in diesem Zusammenhang auch, dass die Vorteilsgewährung nicht zugunsten der in die Absprache eingebundenen Person erfolgen muss. Vorteile für Dritte, die zugleich auch für die involvierte Person einen persönlichen oder finanziellen Vorteil darstellen, können ausreichen (bspw. eine Spende für den Sportverein, ein Stipendium für das Kind).
Insoweit ist jeder Einzelfall gesondert zu bewerten. Die genannten Faktoren stellen nicht immer ein Indiz für eine korruptionsrelevante Unrechtsvereinbarung dar. Beispielsweise können verhältnismäßige Vorteilsgewährungen an einen Vertragspartner, die im Rahmen der offiziellen Preis- und Konditionsverhandlungen vereinbart und dokumentiert werden (z. B. Bonuszahlungen oder Rabatte), auch erlaubte und nicht strafrechtlich relevante Vorteile im Rahmen des normalen Wettbewerbs darstellen.
Entsprechende Regelungen zu erlaubten und nicht erlaubten Handlungen und den im Einzelfall teilweise schwierigen Abgrenzungen zwischen strafbarem und nicht strafbarem Verhalten ermöglichen es somit nicht nur Mitarbeitenden, sondern auch Leitungspersonen und dem betroffenen Unternehmen selbst, sich bereits vor einem entsprechenden Verdacht und ggf. einem anschließenden Ermittlungsverfahren zu schützen. Dies gilt umso mehr, da in der Praxis teilweise aus einem unangemessenen oder unerlaubten Vorteil bereits auf eine böse Absicht und vorsätzliches Handeln geschlossen wird, selbst wenn eine Unrechtsvereinbarung zu keiner Zeit im Sinne des Mitarbeitenden war.
Anti-Korruption im Unternehmen
Es ist Aufgabe der Unternehmensleitung, ggf. der Compliance-Abteilung und der jeweils betroffenen Bereiche im Unternehmen, z. B. dem Bereich Einkauf (Einkaufsleiter), Regelwerke (Compliance-Richtlinie/Code of Conduct/Einkaufshandbuch) einzuführen, die neben anderen Punkten vor allem klare Regeln für Preisabsprachen und die Gewährung und Annahme von Vorteilen wie Geschenken, Geldleistungen, Einladungen etc. enthalten.
Führungspersonen und Unternehmen, die nachvollziehbare Anti-Korruptionsregelungen im Unternehmen etabliert haben und sicherstellen, dass diese gelebt und etwaige Anti-Korruptionsregelungen der Vertragspartner eingehalten werden, sind regelmäßig auf der sichere(re)n Seite. Dies gilt selbst dann, wenn sich einzelne Personen absichtlich nicht an die entsprechenden Regelungen halten und nicht vorhersehbare oder verhinderbare Korruptionsstraftaten begehen.