Leitsatz
Aufwendungen eines nicht sorgeberechtigten Steuerpflichtigen für die Kontaktpflege zu seinen bei dem getrennt lebenden/geschiedenen Ehegatten im Ausland lebenden Kindern sind als außergegewöhnliche Belastungen steuermindernd berücksichtigungsfähig.
Sachverhalt
Die Ehefrau des Klägers war nach der Trennung im Jahr 2000 mit den drei gemeinsamen Kindern in ihre Heimat nach Nordspanien zurückgekehrt. Im Einspruchsverfahren gegen den Einkommen- steuerbescheid für das Jahr 2001 machte der Kläger die ihm für den Besuch der Kinder in Spanien entstandenen Flugkosten als außergewöhnliche Belastung geltend. Das Finanzamt hat diese Aufwendungen nicht anerkannt, da nach der Rechtsprechung des BFH derartige Aufwendungen durch den steuerlichen Kinderlastenausgleich abgegolten seien. Im Klageverfahren begehrt der Kläger weiter die Berücksichtigung der geltend gemachten Flugkosten, da diese ihm unmittelbar durch die Sorgerechtsentscheidung des Amtsgerichts entstanden seien.
Entscheidung
Nach Auffassung des FG hat der Kläger Anspruch auf die Berücksichtigung der ihm für die Aufrechterhaltung und Pflege des Kontaktes zu seinen Kindern entstandenen Flugkosten als außergewöhnliche Belastung nach § 33 EStG. Da die bisherige BFH-Rechtsprechung zu dieser Frage noch zum alten, bis 1997 geltenden Kindschaftsrecht ergangen ist, folgt das FG dieser Rechtsprechung nicht. Aufgrund des neuen Kindschaftsrechts ab 1998 hat das Kind jetzt nicht nur ein Umgangsrecht mit beiden Elternteilen, sondern auch eine Umgangspflicht. Umgekehrt ist jeder Elternteil zum Umgang mit dem Kind nicht nur berechtigt, sondern verpflichtet (§ 1684 Abs. 1 BGB). Da somit eine gesetzliche Umgangspflicht besteht, erwachsen dem nicht sorgeberechtigten Elternteil die Aufwendungen für die Kontaktpflege zu seinen getrennt lebenden Kindern zwangsläufig im Sinne des § 33 EStG. Solche Aufwendungen sind jedenfalls dann außerge- wöhnlich und zur Gewährleistung des verfassungsrechtlich geschützten Elternrechts außerhalb des Kinderlastenausgleichs als außergewöhnliche Belastung steuermindernd zu berücksichtigen, wenn wie im Streitfall dem nicht sorgeberechtigten Elternteil erhebliche Reisekosten für die Wahrnehmung seiner gesetzlichen Umgangs- und Kontaktpflegeverpflichtung entstehen.
Hinweis
Da gegen das vorstehende Urteil, welches das erste positive Urteil eines FG zu dieser Rechtsfrage ist, Revision beim BFH eingelegt wurde (Az. beim BFH: III R 30/06), sollten Betroffene gegen ablehnende Bescheide der Finanzämter Einspruch einlegen und auf das Ruhen des Verfahrens bis zur Entscheidung durch den BFH nach § 363 Abs. 2 AO verweisen. Dabei sind die Aussichten auf eine positive Entscheidung des BFH nicht schlecht, zumal der BFH bereits in seinem Urteil vom 24.6.2004 (III R 141/95, BFH/NV 2004 S. 1635) zu erkennen gegeben hat, dass nach seiner Auffassung Kosten für das Abholen und Zurückbringen der Kinder den betroffenen Elternteilen zwangsläufig erwachsen.
Link zur Entscheidung
Hessisches FG, Urteil vom 20.02.2006, 2 K 3058/04