Leitsatz
Aufwendungen für ein Erststudium sind keine Werbungskosten bei den Einkünften aus nichtselbstständiger Tätigkeit, so dass keine Werbungskostenüberschüsse anfallen, die als Verlustvortrag gesondert festgestellt werden können.
Sachverhalt
Die Klägerin ist Studentin der Tiermedizin. In ihrer Einkommensteuererklärung für das Jahr 2010 hat sie die Aufwendungen für ihr Studium, ausbildungsbedingte Bahnfahrten, doppelte Haushaltsführung, Fachliteratur und Semesterbeiträge als Werbungskosten angesetzt. Das Finanzamt hat unter Hinweis auf § 12 Nr. 5 EStG diese in der Höhe unstreitigen Aufwendungen als Sonderausgaben behandelt und die Einkommensteuer auf 0 EUR festgesetzt. Mit ihrer Klage beruft sich die Klägerin auf die Rechtsprechung des BFH wonach auch Aufwendungen für eine erstmalige Berufsausbildung trotz der Regelung in § 12 Nr. 5 EStG Werbungskosten sein könnten, wenn eine enge Verknüpfung zwischen Ausbildung und späterem Beruf bestehe.
Entscheidung
Gemäß § 12 Nr. 5 EStG dürfen die Aufwendungen des Steuerpflichtigen für seine erstmalige Berufsausbildung oder für ein Erststudium, das zugleich eine Erstausbildung vermittelt, weder bei den einzelnen Einkunftsarten noch vom Gesamtbetrag der Einkünfte abgezogen werden. Dieses Abzugsverbot gilt nur dann nicht, wenn die Berufsausbildung oder das Erststudium im Rahmen eines Dienstverhältnisses stattfinden. Die Aufwendungen für die eigene Berufsausbildung sind nach § 10 Abs. 1 Nr. 7 Satz 1 EStG i. d. F. des Streitjahres bis zu einem Betrag in Höhe von 4.000 EUR als Sonderausgaben begrenzt abzugsfähig. Diese Regelungen sind gem. Art. 2 Nr. 34 d BeitrRLUmsG ab 2004 anzuwenden. Nach Auffassung des FG bestehen auch keine verfassungsrechtlichen Bedenken. Es handelt sich zwar um eine echte Rückwirkung, die aber ausnahmsweise verfassungsrechtlich zulässig ist, denn die Klägerin konnte gerade im Hinblick auf den klaren Gesetzeswillen kein schützenswertes Vertrauen dahingehend bilden, dass die von ihr getätigten Aufwendungen für ihre Ausbildung als Werbungskosten abzugsfähig sind.
Hinweis
Die vom FG wegen der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtsfrage zugelassene Revision wurde inzwischen eingelegt und wird beim BFH unter dem Az VI R 48/13 geführt. Betroffene sollten in vergleichbaren Fällen Einspruch gegen die Ablehnung des Werbungskostenabzugs einlegen und auf das Ruhen des Verfahrens nach § 363 Abs. 2 AO verweisen. Man darf gespannt sein, wie der BFH und dann ggf. das BVerfG entscheidet. Wegen der gleichen Rechtsfrage sind noch die Revisionsverfahren VI R 61/11, VI R 2/12, VI R 8/12 und VI R 64/12 beim BFH anhängig. Da der BFH mit Urteil v. 19.9.2012, VI R 78/10 für den Fall eines Erststudiums nach abgeschlossener Berufsausbildung entschieden hat, dass die Kosten der Unterkunft eines Studenten am Studienort als vorab entstandene Werbungskosten in Abzug gebracht werden können, wenn der Studienort nicht der Lebensmittelpunkt des Steuerpflichtigen ist und das Studium in einem hinreichend konkreten Zusammenhang mit künftigen steuerpflichtigen Einkünften steht, sollten im Rahmen der Festsetzungsfrist auch für die Fälle des Erststudiums nach Abitur noch rückwirkend Anträge auf Feststellung des verbleibenden Verlustvortrags gestellt werden. Dabei sind nun neben den übrigen Studienkosten ggf. auch die oft nicht unerheblichen Kosten der Unterkunft am Studienort zu berücksichtigen.
Link zur Entscheidung
Niedersächsisches FG, Urteil vom 14.05.2013, 13 K 89/12