Leitsatz
1. Bei Pick-up-Fahrzeugen mit Doppelkabine ist typisierend davon auszugehen, dass diese Fahrzeuge nicht vorwiegend der Lastenbeförderung zu dienen geeignet und bestimmt sind, wenn ihre Ladefläche oder ihr Laderaum nicht mehr als die Hälfte der gesamten Nutzfläche ausmacht (Bestätigung der Rechtsprechung).
2. Bei Pick-up-Fahrzeugen, deren Ladefläche größer als die für die Personenbeförderung vorgesehene Fläche ist, erfolgt die Abgrenzung nach den allgemeinen Kriterien. Überwiegt die Ladefläche die Fläche zur Personenbeförderung nur unwesentlich, spricht dies eher dafür, dass das Fahrzeug nicht vorwiegend der Lastenbeförderung zu dienen geeignet und bestimmt ist.
3. In die Berechnung der Ladefläche sind alle Flächen einzubeziehen, die geeignet sind, eine Ladung zu transportieren. Dazu gehören regelmäßig auch Ausbeulungen in den Laderaum, z.B. für Radkästen, die aufgrund ihres Abstandes zum oberen Rand der Ladekante und bei gegebener Belastbarkeit noch als Ladefläche (z.B. für Schüttgut oder für flache Gegenstände) genutzt werden können.
Normenkette
§ 8 Nr. 1 KraftStG
Sachverhalt
Der Kläger ist Halter eines Pick-up-Fahrzeugs mit Doppelkabine (Marke Landrover, Typ Defender 130 Crew Cab), das verkehrsrechtlich als Lkw mit Plane und Spriegel zugelassen ist. Es hat fünf Sitzplätze einschließlich Fahrersitz, verfügt über einen Dieselmotor mit 2495 ccm, ein Leergewicht von 2197 kg und ein zulässiges Gesamtgewicht von 3500 kg. Die Höchstgeschwindigkeit beträgt 130 km/h. Das FA ermittelte die Größe der Ladefläche zunächst mit 2,58 qm und die zur Personenbeförderung dienende Fläche mit 2,87 qm und setzte gegen den Kläger Kraftfahrzeugsteuer unter Einordnung des Fahrzeugs als Pkw fest. Einspruch und Klage hatten keinen Erfolg. Das FG folgte nicht der Berechnung des Klägers, der eine die Fläche der Personenbeförderung übersteigende Ladefläche ermittelt hatte (FG Nürnberg, Urteil vom 26.8.2010, 6 K 489/2009, Haufe-Index 2388656).
Entscheidung
Der BFH wies die Revision als unbegründet zurück. Selbst wenn die Ladefläche größer als die Fläche zur Personenbeförderung sein sollte, sei das Fahrzeug unter Berücksichtigung von äußerem Erscheinungsbild, Herstellerkonzeption, Zahl der Sitze, Höchstgeschwindigkeit und Zuladungsgewicht als Pkw einzustufen.
Hinweis
Die Abgrenzung zwischen Pkw und Lkw ist ein "Dauerbrenner" des Kraftfahrzeugsteuerrechts. Entscheidend ist, ob ein Fahrzeug für die Personen- oder für die Lastenbeförderung geeignet und bestimmt ist. Eine eigene Definition des Pkw enthält das KraftStG nicht. Der BFH greift daher auf einen eigenständigen Pkw-Begriff zurück. Danach ist ein Pkw ein Fahrzeug mit vier oder mehr Rädern, das nach seiner Bauart und Einrichtung zur Personenbeförderung geeignet und bestimmt ist.
1. Allgemeine Kriterien zur Einstufung eines Fahrzeugs als Pkw bzw. Lkw ergeben sich aus der objektiven Beschaffenheit des Fahrzeugs. Bedeutsame Merkmale sind z.B. die Zahl der Sitzplätze, die verkehrsrechtlich zulässige Zuladung, die Größe der Ladefläche, die Ausstattung mit Sitzbefestigungspunkten und Sicherheitsgurten, die Verblechung der Seitenfenster, die Beschaffenheit der Karosserie und des Fahrgestells, die Motorisierung und die damit erreichbare Höchstgeschwindigkeit, das äußere Erscheinungsbild und bei Serienfahrzeugen die Konzeption des Herstellers.
2. Bei Pick-up-Fahrzeugen kommt nach ständiger Rechtsprechung neben den anderen technischen Merkmalen der Größe der Ladefläche eine besondere Bedeutung zu. Die Größe der Ladefläche lässt nämlich den Schluss zu, ob die Möglichkeit einer Nutzung des Fahrzeugs zur Lastenbeförderung gegenüber seiner Eignung zur Personenbeförderung Vorrang hat. Dabei ist die Rechtsprechung bislang typisierend davon ausgegangen, dass ein Fahrzeug als Pkw einzustufen ist, wenn ihre Ladefläche oder ihr Laderaum nicht mehr als die Hälfte der gesamten Nutzfläche ausmacht. Denn aus der Größe der Ladefläche kann darauf geschlossen werden, ob die Möglichkeit einer Nutzung des Fahrzeugs zur Lastenbeförderung gegenüber seiner Eignung zur Personenbeförderung Vorrang hat.
3. Auf dieser Grundlage wurden bei Pick-ups bislang zur Ermittlung der Größe der Ladefläche feinsinnigste Ermittlungen und Berechnungen angestellt. Die Bedeutung des Größenverhältnisses zwischen Ladefläche und Gesamtnutzfläche hat der BFH nunmehr relativiert:
Ist die Ladefläche größer als die Hälfte der gesamten Nutzfläche, folgt daraus nicht zwingend die Einstufung des Fahrzeugs als Lkw. In diesem Fall verbleibt es vielmehr grds. bei den allgemeinen Abgrenzungskriterien (vgl. vorstehend 1.). Dabei ist die Größe der Ladefläche und ihr Verhältnis zur Fläche für die Personenbeförderung nur ein Gesichtspunkt im Rahmen der (z.B. auch die Zahl der Sitzplätze und Höchstgeschwindigkeit berücksichtigenden) Gesamtabwägung. Die Bedeutung der Größe der Ladefläche steigt in dem Umfang, je deutlicher die Ladefläche die Fläche für die Personenbeförderung überwiegt. Ist die Ladefläche nur unwesentlich größer als die Personenbeförderun...