In Kriegen, bei Katastrophen oder anderen Krisen sind zuerst die Kunden eines Unternehmens betroffen. Sie können auf der ganzen Welt ihren Sitz haben und sind daher von vielen außergewöhnlichen Situationen bedroht. Das gilt selbst innerhalb Deutschlands oder der EU. So haben während der Flutkatastrophe im Ahrtal 2021 sicher viele Einzelhändler oder andere gewerbliche Kunden ihre Geschäftsgrundlage verloren. Aufgabe der Vertriebsabteilung ist es, bei Krisen die Betroffenheit der Kunden festzustellen und für den Ausgleich des verlorenen Umsatzes zu bemühen.
2.1 Die Zeichen einer Krise erkennen
Viele Krisen werden durch das freiwillige oder erzwungene Verhalten von Kunden verursacht. Diese können oder wollen ihren Verpflichtungen nicht mehr nachkommen. So zeichnen sich beginnende Unruhen oder kriegerische Auseinandersetzungen dadurch aus, dass Forderungen aus den betroffenen Gebieten nicht pünktlich gezahlt werden. Die Zahlungsgewohnheiten der Kunden verschlechtern sich, Mahnungen werden notwendig. Das kann in der Debitorenbuchhaltung erkannt werden. Ursachen und eventuell zu erwartende Entwicklungen können mit den Verkäufern diskutiert werden.
Ein unübersehbares Zeichen für drohende Krisen setzt die Kreditversicherung. Wenn diese den Versicherungsschutz für eine ganze Region oder bestimmte Kunden aus einer Region kündigt, hat dies immer solide Gründe. Die Versicherungsgeber sind in aller Regel sehr gut über Risiken informiert, ein solches Zeichen muss ernst genommen werden.
2.2 Werthaltigkeit der Forderungen feststellen und dokumentieren
Die Buchhaltung muss bei Annahme einer Krisensituation handeln, da gegen die betroffenen Kunden noch Forderungen offen sein können. Diese sind auf den Forderungskonten verbucht und als Vermögensposition "Forderungen aus Lieferungen und Leistungen" in der Bilanz ausgewiesen. Jetzt gilt es, die Werthaltigkeit dieser Forderungen festzustellen und in den Büchern zu korrigieren, falls eine negative Einschätzung getroffen wird.
Sofortige Reaktion: Wertberichtigungen berechnen und buchen
Die Wertberichtigung auf Forderungen ist ein normaler Vorgang, der in jeder Buchhaltung zumindest für den Jahresabschluss durchgeführt wird. Im Krisenfall kann nicht bis zum Ablauf des Jahres gewartet werden. Das Risiko muss schnellstmöglich festgestellt und verbucht werden, um die Auswirkungen von drohenden Forderungsausfällen in Form von Liquiditätsveränderungen und Gewinnrückgang zu erkennen. Nur so kann schnell genug reagiert werden.
Die Aufgabe der Neubewertung von Forderungen gegenüber Debitoren, die von einer Krise betroffen sind, erfolgt in drei Schritten:
Feststellen der betroffenen Forderungen
Die Informationen über möglicherweise betroffenen Debitoren erhält die Buchhaltung aus dem Vertrieb.
Einschätzen der Werthaltigkeit
Gemeinsam mit den Verkäufern wird eingeschätzt, wie hoch die Wahrscheinlichkeit eines Ausfalls der Forderung ist. Die Bandbreite wird liegen zwischen einem sicheren Totalausfall bis zu einer ebenso sicheren geregelten Bezahlung der Forderung. Dazu wird die entsprechende Situation bewertet. Einen Einfluss auf die Risikoeinschätzung hat auch die Risikobereitschaft der Unternehmensführung.
Dokumentation der Wertberichtigung
Damit die Wertberichtigung auch bei der nächsten Betriebsprüfung erfolgreich begründet werden kann, wird der Vorgang dokumentiert. So ist in einer Jahre später stattfindenden Prüfung die Argumentation nachzuvollziehen. Auch wenn keine Änderung vorgenommen wird, sollten die Gründe dafür dokumentiert werden. Das schützt bei Fehleinschätzungen in der Argumentation gegenüber Unternehmensführung und Eigentümern.
Bei der Wertberichtigung von Forderungen muss berücksichtigt werden, ob bei Ausfall eine Versicherung eintritt. Viele Unternehmen haben eine Kreditversicherung, die zumindest einen Teil der Forderung ausgleicht. Auslandsgeschäfte werden auch, vor allem bei Kunden in kritischen Ländern, vom Staat abgesichert. Dieser gibt die sogenannte Hermes-Bürgschaft, die einen Teil ausgefallener Forderungen übernimmt. Sowohl die privatwirtschaftlichen Versicherungsunternehmen als auch der Staat müssen in diesen Fällen unverzüglich über den drohenden Forderungsausfall informiert werden.
2.3 Anzahlungen: Von Ausfall betroffene Beträge separat ausweisen
Auslandsgeschäfte werden mehr als Inlandsgeschäfte gegen verschärfte Zahlungsbedingungen wie Vorauskasse oder Anzahlungen getätigt. Liegt eine Zahlung vor und wurde die Leistung noch nicht erbracht, ist das Unternehmen in der Pflicht. Durch Katastrophen oder Kriege kann die Leistungserbringung unmöglich werden. Selbst wenn mit der Beseitigung der Störung in der Lieferkette gerechnet werden kann, ist die Erfüllung der Lieferung nicht sicher. Darum ist zu entscheiden, wie mit der Anzahlung des durch die Krise betroffenen Debitors zu verfahren ist. Dabei gibt es verschiedene Szenarien:
- Es wird mit einer nur kurzen Unterbrechung der Geschäftsbeziehung gerechnet. Die Anzahlung bleib unverändert, sie sollte allerdings entsprechend der allgemeinen Vorgaben von den anderen Anzahlungen separiert werden.
- Das Unternehmen entscheidet, den Auftrag zu kündigen. Wenn es ein solches Recht nicht in den AGB...