Die im Umlaufvermögen der Bilanz ausgewiesenen Vorräte bestehen aus Rohstoffen, Bauteilen oder Fertigwaren, die für die Produktion bzw. den Verkauf bestimmt sind. Der Wert wird durch die Beschaffungs- bzw. Herstellkosten ermittelt. Dieser Wert kann sich für das Unternehmen durch eine Krise verändern, sowohl negativ, als auch positiv, wenn bestimmte Voraussetzungen gegeben sind.
4.1 Zeichen einer Krise
Wenn sich Absatzkrisen langsam entwickeln, werden diese nicht sofort in den Planungen von Einkauf und Fertigung berücksichtigt. Die Folge zeigt sich in erhöhten Lagerbeständen sowohl bei Fertigwaren, die noch nicht verkauft wurden, als auch bei Rohstoffen und Bauteilen, die zu großzügig eingekauft wurden. Entdeckt die Buchhaltung solche hohen Bestände bei einzelnen Gütern, muss die Zuordnung zu bestimmten Kunden geprüft werden, bevor eine Krise für bestimmte Kunden angenommen werden kann. Finden sich hohe Bestände bei vielen Gütern, zeigt sich so manchmal eine generelle Krise.
Wachsende bestände weisen auf Absatzkrisen hin, sinkende Bestände können ein Zeichen sein für Probleme auf der Lieferseite. Wenn Lieferanten aus einer Region verspätet und nicht zuverlässig liefern, sinken die Bestände an Rohwaren, Bauteilen oder Handelswaren. Wenn also in der Lagerbuchhaltung das Unterschreiten von Sicherheitsbeständen vermehrt vorkommt, ist das unbedingt Anlass dafür, die Ursachen mit dem Einkauf zu klären. Eine Krise im Gebiet der Lieferquellen könnte ein Grund sein.
4.2 Knappe Güter und steigende Werte
Manche Rohstoffe, aber auch Bauteile kommen aus sehr begrenzten Regionen. So stammt die Mehrzahl der Computerchips, die für die Steuerung der Waren von Küchenmaschinen bis zum Auto eingesetzt werden, aus Taiwan. Kommt es zu kriegerischen Auseinandersetzungen zwischen der Volksrepublik China und Taiwan, dürften die Lieferketten dieser Chips erheblich gestört werden. Das natürliche Vorkommen vieler Rohstoffe ist auf wenige Regionen beschränkt. Probleme dort haben empfindliche Auswirkungen.
Hat das Unternehmen einen ausreichenden Vorrat von knapp werdenden Gütern, steigt in einer Krise der Wert dieser Lagerbestände. Sie können verkauft werden, wenn die eigene Produktion dadurch nicht gefährdet ist. Die Wertsteigerung führt auch zu einer Preissteigerung der Fertigprodukte, in denen der Rohstoff oder das Bauteil verarbeitet ist. Somit steigt der Wert der Vorräte sowohl des betroffenen Teils als auch der Fertigwaren.
Niederstwertprinzip
Bei der Bewertung von Vorräten muss in der Buchhaltung das Niederstwertprinzip beachtet werden. Von mehreren möglichen Wertansätzen ist stets der niedrigste zu wählen. Das ist im Vergleich zwischen Herstellungs- bzw. Beschaffungskosten und dem neuen, höheren Wert der ursprüngliche Bewertungspreis. Die Wertsteigerung darf also nicht in der Bilanz ausgewiesen werden. Dennoch ist es wichtig, die neuen Werte zu kennen, da diese Einfluss auf die Liquidität des Unternehmens haben.
4.3 Knappe Güter und indirekte Wirkung
Knappe Güter können auch indirekt Einfluss auf den Wert der Vorräte haben. Können Waren nicht mehr hergestellt werden, weil Rohstoffe oder Bauteile krisenbedingt fehlen, verlieren die Vorräte anderer Güter, die ebenfalls für die Waren benötigt werden, an Wert für das Unternehmen. Der Verlust entsteht, wenn die jetzt überflüssigen Güter verkauft werden müssen und nur ein niedrigerer Preis, als der ursprünglich bezahlte, erzielt werden kann.
Das gilt auch für selbst gefertigte Bauteile, die jetzt nicht mehr verarbeitet werden können. Selbst wenn die betroffenen Vorräte in anderen Waren eingesetzt werden können, entstehen Lagerkosten, da sie jetzt langsamer verbraucht werden als vor der Krise. Um die betroffenen Rohstoffe und Bauteile zu identifizieren, ist Aufwand notwendig. Auch die Bewertung des möglichen Verlustes ist schwer zu quantifizieren. Die Zusammenarbeit mit anderen Fachbereichen wie Einkauf, Verkauf und Entwicklungsabteilung, die alternative Einsatzmöglichkeiten prüft, ist notwendig.
Im Gegensatz zur Wertsteigerung muss eine Wertminderung der Vorräte in der Bilanz ausgewiesen werden. Die Wertberichtigung muss ermittelt, gebucht und dokumentiert werden. Die Bildung einer Drohverlustrückstellung kann notwendig werden. Das hat Einfluss sowohl auf den Gewinn des Unternehmens als auch auf die Liquidität.
4.4 Verlorene Nachfrage und indirekte Wirkung
Für die Vorräte hat eine krisenbedingt verlorene Nachfrage vergleichbare Auswirkungen. Da im Krisengebiet der Absatz nicht mehr oder nicht im gewohnten Umfang möglich ist, verlieren die im Lager vorhandenen Fertigwaren und die für eine Produktion notwendigen anderen Güter plötzlich an Wert. Können die Waren in anderen Vertriebsgebieten verkauft werden, entstehen zusätzliche Lagerkosten für den langsameren Abbau der Bestände. Ein Notverkauf der Fertigwaren und der für eine Produktion bereits beschafften Güter führt in aller Regel zu Verlusten.
Die Wertminderung der Vorräte, die wegen einer Krise im Absatzgebiet entsteht, muss ebenfalls in der Bilanz ausgewiesen werden.
Verantwortung im Einkauf
Kommt es zu Krisen in Gebieten mit wichtigen Lieferquellen bzw. in Absatzregionen, ...