Leitsatz
1. § 1 Abs. 3 Satz 3 EStG 1997 bezieht sich nur auf den unmittelbar vorangehenden Satz 2 der Vorschrift. Demgemäß sind auch die in Satz 3 aufgeführten inländischen Einkünfte, die nach einem DBA nur der Höhe nach beschränkt besteuert werden dürfen, in die inländische ESt- Veranlagung gem. § 46 Abs. 1 Nr. 7 Buchst. b i.V.m. § 1 Abs. 3 EStG 1997 einzubeziehen.
2. Bei der Festsetzung der ESt ist die rechnerische Gesamtsteuer quotal aufzuteilen und sodann der Steuersatz für die der Höhe nach nur beschränkt zu besteuernden Einkünfte zu ermäßigen.
3. Die KSt ist nach Maßgabe des § 36 Abs. 2 Satz 2 Nr. 3 Satz 1 EStG 1997 anzurechnen. § 36 Abs. 2 Satz 2 Nr. 3 Satz 4 Buchst. e EStG 1997 steht dem nicht entgegen, weil die betreffenden Einnahmen nach einem DBA nicht ausschließlich in dem anderen Vertragsstaat, sondern auch im Quellenstaat besteuert werden können.
Normenkette
§ 1 Abs. 3 EStG , § 36 Abs. 2 Satz 2 EStG , Art. 10 DBA-Belgien
Sachverhalt
Die in Belgien wohnenden Kläger sind gem. § 1 Abs. 3 Satz 1 EStG 1997 auf Antrag zusammen zur ESt veranlagte Eheleute. Der Kläger ist alleiniger Gesellschafter einer inländischen GmbH und erzielte im Streitjahr 1998 als deren Geschäftsführer Einkünfte aus nichtselbstständiger Arbeit i.H.v. 90.825 DM. Er erzielte im Streitjahr darüber hinaus Einkünfte aus Kapitalvermögen i.S.d. § 20 Abs. 1 Nr. 1 EStG 1997 i.H.v. 17.142,86 DM, die aus einer Gewinnausschüttung der GmbH resultierten.
Das FA verweigerte im Rahmen der Einkommensteuerveranlagung für das Streitjahr unter Hinweis auf § 1 Abs. 3 Satz 3 EStG 1997 die Einbeziehung der Einkünfte aus Kapitalvermögen in die Veranlagung und damit auch die Anrechnung der KSt und KapESt gem. § 36 Abs. 2 Nr. 2 Satz 1 und Nr. 3 Satz 1 EStG 1997. Das FG gab dem Recht (EFG 2001, 1288).
Entscheidung
Der BFH hob das FG-Urteil auf und entschied im Sinn der Klägerin. Alles Erforderliche zur Begründung entnehmen Sie den Praxis-Hinweisen.
Hinweis
Die aus den Leitsätzen ersichtliche Problematik der Entscheidung ist nach Auslegungsmethode und -ergebnis durchaus ein juristischer Leckerbissen. Praktische Breitenwirkung kommt ihm allerdings weniger zu:
1. Es geht um die sog. fingierte unbeschränkte Steuerpflicht des § 1 Abs. 3 EStG, die als Folge der "Schumacker"-Entscheidung des EuGH Gesetz geworden ist und darauf hinausläuft, dass der Steuerausländer mit inländischen Einkünften gem. § 49 EStG auf Antrag als unbeschränkt steuerpflichtig behandelt werden kann, wenn er bestimmte Einkunftsgrenzen erreicht, mit denen er der deutschen Steuerpflicht unterliegt.
Es sind dies nach § 1 Abs. 3 Satz 2 EStG eine relative und alternativ eine absolute Grenze: Entweder die Einkünfte der betreffenden Person unterfallen zu mindestens 90 % der deutschen Steuer oder aber seine ausländischen Einkünfte betragen nicht mehr als 6 136 Euro im Kalenderjahr. "Hierbei" gelten inländische Einkünfte, die nach einem DBA nur der Höhe nach beschränkt werden dürfen, als nicht der deutschen ESt unterliegend, so § 1 Abs. 3 Satz 3 EStG. Das zielt vor allem auf Dividenden ab, die dem Quellenstaat gemeinhin nur ein beschränktes (Quellen-) Besteuerungsrecht ermöglichen (vgl. Art. 10 Abs. 2 OECD-MA) (vgl. Art. 10 Abs. 2 OECD-MA). Das eigentliche Besteuerungsrecht für solche Einkünfte gebührt hingegen abkommensrechtlich dem Ansässigkeitsstaat.
2. Es besteht Streit darüber, wie dieses "hierbei" in § 1 Abs. 3 Satz 3 EStG zu verstehen ist, ob – so die FinVerw. – als allgemeiner Einbeziehungsausschluss der betreffenden Einkünfte oder aber nur als Ausschluss bei der Ermittlung der besagten Einkunftsgrenzen. Im letzteren, wörtlichen Sinn versteht der BFH den Begriff: Der Ausschluss der besagten, im Inland nur beschränkt steuerbaren Einkünfte betrifft nur die Berechnung der Einkunftsgrenzen des § 1 Abs. 3 Satz 2 EStG. "Nimmt" der Steuerpflichtige diese Hürden gleichwohl und ist er deswegen auf Antrag als unbeschränkt steuerpflichtig zu veranlagen, dann greift der Ausschluss indes nicht; die nur der Höhe nach zu besteuernden Einkünfte sind in die Veranlagung einzubeziehen – mit der schönen und erwünschten Konsequenz, dass dem Steuerpflichtigen dann auch die KSt- Anrechnung zusteht.
Zwar widerspricht dem – scheinbar – § 36 Abs. 2 Satz 2 Nr. 3 Satz 4 Buchst. e EStG 1997. Der BFH legt den danach bestehenden Anrechnungsausschluss für Einnahmen, die in dem anderen Vertragsstaat besteuert werden können, jedoch system- und vor allem europarechtskonform aus: Sind die Dividenden nach Maßgabe des § 1 Abs. 3 EStG in die hiernach vorzunehmende Veranlagung einzubeziehen, dann muss die KSt – vice versa – auch anrechenbar sein; § 36 Abs. 2 Satz 2 Nr. 3 Satz 4 Buchst. e EStG 1997 schließe die Anrechnung nicht aus, wenn die Einnahmen auch im Inland besteuert werden können.
3. Zugleich muss aber sichergestellt werden, dass die abkommensrechtliche Steuersatzbegrenzung dennoch gewahrt bleibt. Der BFH löst dieses Problem, indem er die Gesamtsteuer quotal aufteilt und den Steuersatz für die der Höhe nach nur beschränkt zu besteu...