Leitsatz
Bei dem Hinzurechnungsbetrag nach § 10 Abs. 1 Satz 1 AStG handelt es sich um einen Teil des Gewerbeertrags eines inländischen Unternehmens, der auf eine nicht im Inland belegene Betriebsstätte entfällt. Der Gewinn des inländischen Unternehmens ist deswegen um diesen Betrag nach § 9 Nr. 3 Satz 1 GewStG zu kürzen.
Normenkette
§ 7 Satz 1, § 9 Nrn. 3, 7 und 8 GewStG, § 10 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Sätze 1 und 2 AStG
Sachverhalt
Die Klägerin, eine GmbH, war alleinige Gesellschafterin einer singapurischen Kapitalgesellschaft. Letztere erzielte Einkünfte aus sog. passiver Tätigkeit (Zinsen und Währungsdifferenzen) i.S. v. § 10 Abs. 2 (i.V.m. §§ 7 und 8) AStG. Diese Einkünfte wurden erklärungsgemäß dem körperschaftsteuerrechtlichen Einkommen hinzugerechnet. In ihrer GewSt-Erklärung kürzte die Klägerin jedoch diesen Betrag nach § 7 Satz 1 i.V.m. § 9 Nr. 3 GewStG. Dem folgte das FA, anders als in den Vorjahren, nicht. Die Klage gegen den hiernach ergangenen GewSt-Messbescheid blieb erfolglos (FG Düsseldorf, Urteil vom 28.11.2013, 16 K 2513/12 G, Haufe-Index 6428454, EFG 2014, 304).
Entscheidung
Der BFH hob das FG-Urteil auf und gab der Klage statt. Der Hinzurechnungsbetrag sei nach Maßgabe von § 9 Nr. 3 Satz 1 GewStG aus dem Gewinn des inländischen Unternehmens "herauszukürzen". Denn es handele sich bei dem Hinzurechnungsbetrag um einen Teil des Gewerbeertrags eines inländischen Unternehmens, der auf eine nicht im Inland belegene Betriebsstätte entfalle.
Hinweis
1.Seit Langem finden sich im steuerlichen Blätterwald Spuren einer Kontroverse, die die Gemüter erhitzt:
Unterfällt der außensteuerrechtliche Hinzurechnungsbetrag nach § 10 Abs. 1 Satz 1 AStG der GewSt? Lässt sich seine "Zusatzbelastung" damit vermeiden?
Die Finanzverwaltung verneint eine derartige Entlastung, die Berater drängen auf das Gegenteil (wobei die Begründungsansätze differieren). Letztere haben sich vor dem BFH nun durchgesetzt.
a)Allerdings ist der Hinzurechnungsbetrag per se gewerbesteuerpflichtig. Die These, das AStG belaste nur die "eigentliche" Ertragsteuer, lehnt der BFH ab. Er bezieht sich dabei auf die ausdrückliche Erwähnung der GewSt in § 21 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 und Abs. 7 AStG.
b) Aber das ändert nichts daran, dass es sich bei dem Hinzurechnungsbetrag der Sache nach um den Gewinn der niedrigbesteuerten Auslandsgesellschaft handelt, der als solcher auch aus Sicht des AStG keineswegs "hinweggedacht" wird. Mit anderen Worten: Die Hinzurechnung des Gewinns der Zwischengesellschaft (und damit des Hinzurechnungsbetrags) beim inländischen Anteilseigner bedingt "rechtstechnisch" keine Verschiebung der Einkunftszurechnung. Eine Metamorphose von Fremdgewinn in Eigengewinn findet nicht statt. Jener Fremdgewinn bleibt vielmehr das, was er ist, nämlich Gewinn besagter Auslandsgesellschaft.
Und deshalb ist er trotz der (außerbilanziellen) Hinzurechnung beim Anteilseigner nach wie vor der in der "Steueroase" belegenen Betriebsstätte der Auslandsgesellschaft zuzurechnen.
c) Vor diesem Hintergrund ist dann aber der Schritt nicht weit, an den strukturellen Inlandsbezug der GewSt zu denken. Dieser spiegelt sich in § 2 Abs. 1 Satz 1 GewStG wider: Es werden nur Inlandsbetriebsstätten von der GewSt erfasst. Und das wiederholt sich in § 9 Nr. 3 Satz 1 GewStG, wonach die Summe des Gewinns aus Gewerbebetrieb und der Hinzurechnungen nach § 8 GewStG um den Teil des Gewerbeertrags eines inländischen Unternehmens zu kürzen ist, der auf eine nicht im Inland belegene Betriebsstätte entfällt.
Es liegt zwar nicht so sehr fern, anzunehmen, dass es sich bei den hiernach zu kürzenden Beträgen um den anteiligen Gewerbeertrag einer Auslandsbetriebsstätte des steuerpflichtigen Unternehmens geht. Doch ist das nicht zwingend. Denn das Gesetz spricht eben von einer Betriebsstätte im Ausland, und das ist bei der Betriebsstätte der niedrigbesteuerten Auslandsgesellschaft fraglos der Fall – natürlich unter zwei Voraussetzungen: Erstens, die Auslands-Zwischengesellschaft verfügt tatsächlich über eine Betriebsstätte (und zwar eine solche i. S. v. § 12 AO, nicht aber unbedingt des Art. 5 OECD-MA). Es bedarf dafür hinreichender Substanz und "Tätigkeitsoriginalität". Und zweitens, die betreffenden Einkünfte und Einkunftsquellen sind dieser Betriebsstätte dann auch tatsächlich zuzurechnen. Ist weder die eine noch die andere Voraussetzung erfüllt, "gehört" alles zur Inlandsbetriebsstätte der Inlandsgesellschaft, und gegen die dadurch ausgelöste GewSt hilft dann auch § 9 Nr. 3 Satz 1 GewStG nicht mehr.
Verhält es sich aber so und liegen besagte Voraussetzungen vor, so lassen sich auch Doppelbesteuerungen verhindern. Z.B. dadurch, dass die Steuern, die im Ausland auf die betreffenden Gewinne der Zwischengesellschaft erhoben werden, nach § 12 Abs. 1 i.V.m. § 10 Abs. 1 und § 7 Abs. 1 AStG nur auf die ESt und die KSt angerechnet werden, nicht aber auf die GewSt.
d) Nun bliebe einzuwenden, dass das AStG den Hinzurechnungsbetrag in § 10 Abs. 2 Satz 1 AStG für den Anteilseigner als (fiktive) Gewinnanteil...