Leitsatz
1. Voraussetzung für die Zulassung zur Steuerberaterprüfung nach § 36 Abs. 1 Nr. 2 StBerG ist nicht nur, dass der Bewerber nachweislich an der Abschlussprüfung eines Hochschulstudiums (erfolgreich) teilgenommen hat, sondern auch, dass er zuvor ein Hochschulstudium bestimmter Art tatsächlich betrieben hat.
2. Die Teilnahme an einem Studienangebot einer Hochschule kann nicht ungeachtet der Zielsetzung dieses Studienangebots als "Hochschulstudium" i.S.d. § 36 Abs. 1 Nr. 2 StBerG angesehen werden; ein "Aufbaustudium" von einjähriger Dauer erfüllt die Voraussetzungen dieser Vorschrift nicht, auch wenn diese eine bestimmte Studienzeit nicht verlangt.
3. Die Anforderungen an den Ausbildungsgang, den der Prüfungsbewerber durchlaufen haben muss, bestehen selbstständig neben den Anforderungen an den erworbenen Ausbildungsabschluss. Dass der Bewerber erfolgreich die Abschlussprüfung einer (anerkannten ausländischen) Hochschule abgelegt oder dass er eine Zulassung zu einem Aufbaustudium an einer solchen Hochschule erhalten hat, rechtfertigt nicht ohne weiteres einen Rückschluss darauf, dass er ein Hochschulstudium absolviert hat.
Normenkette
§ 36 Abs. 1 Nr. 2 StBerG , § 38a StBerG
Sachverhalt
Der Kläger hatte drei Jahre eine nicht als Hochschule anerkannte Wirtschaftsschule in Deutschland besucht und anschließend an einer Universität in den USA ein einjähriges Aufbaustudium erfolgreich abgeschlossen und dadurch einen Master-Grad erworben. Die regulären Master-Studiengänge der betreffenden Universität werden in Deutschland als Hochschulstudium anerkannt. Dem Kläger versagte jedoch das Finanzministerium die Zulassung zur Steuerberaterprüfung nach § 36 Abs. 1 StBerG, weil er kein Hochschulstudium absolviert habe. Auf die Revision hat der BFH das der Klage stattgebende Urteil des FG aufgehoben und die Klage abgewiesen.
Entscheidung
Die Zulassung zur Steuerberaterprüfung und damit die Bestellung als Steuerberater solle nach einer nur kurzen berufspraktischen Tätigkeit gem. § 36 Abs. 1 StBerG nur denjenigen offen stehen, die eine berufliche Ausbildung an einer Hochschule erhalten haben. Denn nur eine solche Hochschulausbildung vermittele ein ausreichendes theoretisches Rüstzeug. Wer eine solche berufliche Ausbildung an einer Hochschule nicht erhalten habe, müsse dieses Manko durch eine wesentlich längere berufspraktische Tätigkeit gem. § 36 Abs. 2 StBerG ausgleichen.
Der Kläger habe eine solche Ausbildung nicht erhalten. Die in Deutschland von ihm besuchte Schule sei von der Kultusverwaltung nicht als Hochschule anerkannt. An der an sich als Hochschule anerkannten amerikanischen Universität habe der Kläger kein Hochschulstudium in dem hier maßgeblichen Sinn absolviert. Er habe dort lediglich zur Ergänzung oder Vertiefung seiner sonstigen beruflichen Ausbildung Bildungsangebote wahrgenommen; er könne sich hingegen nicht darauf berufen, dort seine berufliche "Ausbildung" erhalten zu haben.
Das erfolgreiche Master-Examen ersetze den Nachweis eines Hochschulstudiums nicht.
Hinweis
Beachten Sie, dass das StBerG ein abgestuftes System von Zulassungsvoraussetzungen für die Steuerberaterprüfung aufstellt, nach dem die erforderliche berufspraktische Tätigkeit länger währen muss, wenn die Ausbildung des Betreffenden kein Hochschulstudium war, weniger lang hingegen, wenn er studiert hat. Dabei kommt es nicht nur auf den Abschluss des betreffenden Ausbildungsgangs, also das erfolgreiche Examen, an, sondern auch darauf, ob der Betreffende die Ausbildung tatsächlich genossen hat. Offen ist allerdings, inwieweit in diesem Zusammenhang hochschulrechtliche Vorschriften steuerberatungsrechtlich berücksichtigt werden können, welche unter bestimmten Voraussetzungen eine Abkürzung der Ausbildung gestatten (insbes. sog. Einstufungsprüfungen).
Beachten Sie ferner, dass steuerberatungsrechtlich die Entscheidungen der Kultusverwaltung über die Qualifizierung von Ausbildungseinrichtungen und Ausbildungsgängen maßgeblich sind.
Über die Erfüllung oder Nichterfüllung der Zulassungsvoraussetzungen können Sie ggf. eine – verbindliche! – Auskunft der Behörde einholen (§ 38a StBerG). Die zweckmäßige Planung des Ausbildungsgangs des künftigen Steuerberaters muss allerdings viel frühzeitiger erfolgen. Dabei sollte in Rechnung gestellt werden, dass sich die zunehmende "Flexibilisierung" des Hochschulrechts nicht ohne weiteres auch im Steuerberatungsrecht niederschlägt.
Link zur Entscheidung
BFH, Urteil vom 22.1.2002, VII R 2/01