Leitsatz
1. Wird ein Wohnhaus von nahen Angehörigen erworben, liegen Anschaffungskosten nur vor, wenn es sich weder um eine verschleierte Schenkung noch um einen Missbrauch von Gestaltungsmöglichkeiten handelt und auch die Grundsätze der Verträge zwischen nahen Angehörigen eingehalten sind.
2. Wird der Kaufpreis, den der Sohn an seinen Vater entrichtet hat, neun Monate später einschließlich der bis dahin entstandenen Guthabenzinsen vom Vater an den Sohn zurückgeschenkt, liegt allerdings keine Anschaffung vor, weil die vertragliche Gestaltung als Rechtsmissbrauch anzusehen ist.
Sachverhalt
Die Eltern des Steuerpflichtigen übertrugen das Wohnhaus, das sich auf einer Hofstelle befindet, zu einem pauschalen Kaufpreis von 100.000 DM auf ihren Sohn. Der Verkehrswert des Wohnhauses war deutlich höher als der vereinbarte Kaufpreis. Der Kaufpreis wurde im Dezember 1996 fremdfinanziert und mit 5,45 % verzinst. Ende Dezember 1996 zahlte der Steuerpflichtige den Kaufpreis an seinen Vater. Am 8.10.1997 löste der Vater den auf einem Festgeldkonto angelegten Kaufpreis auf und schenkte dem Steuerpflichtigen den ehemaligen Kaufpreis zuzüglich der entstandenen Guthabenzinsen. Der Steuerpflichtige löste mit dem Geld am gleichen Tage das Darlehen ab. Für 1996 beantragte er die Eigenheimzulage. Als Anschaffungskosten wurde der Kaufpreis in Höhe von 100.000 DM angegeben. Das FA teilte den Kaufpreis anhand der Verkehrswerte des gesamten land- und forstwirtschaftlichen Betriebs und des Wohnhauses auf und ging von einer Bemessungsgrundlage von 17.750 DM aus.
Entscheidung
Begünstigte Anschaffungskosten i.S. des § 2 Satz 1 EigZulG liegen nur vor, wenn es sich bei dem Erwerb des Wohnhauses unter nahen Angehörigen weder um eine verschleierte Schenkung noch um einen Missbrauch von Gestaltungsmöglichkeiten handelt und auch die Grundsätze der Verträge zwischen nahen Angehörigen eingehalten sind. Diese Grundsätze stehen der steuerlichen Anerkennung des Kaufvertrags nicht entgegen. Solche Verträge sind der Besteuerung aber nur dann zugrunde zu legen, wenn sie zum einen bürgerlich-rechtlich wirksam geschlossen sind und darüber hinaus sowohl die Gestaltung als auch die Durchführung des Vereinbarten dem zwischen Fremden Üblichen entspricht. Der Kaufpreis wurde zwar nicht sofort bei Fälligkeit im Mai 1996 sondern erst Ende Dezember 1996 gezahlt. Dies reicht aber nicht aus, die steuerliche Anerkennung des Kaufvertrages wegen nichtfremdüblicher Durchführung zu versagen. Ebenso ergeben sich keine Anhaltspunkte für ein Scheingeschäft, weil die Parteien sowohl die rechtlichen Konsequenzen des Kaufvertrages als auch die des Schenkungsvertrages erreichen wollten. Dennoch liegen keine Anschaffungskosten vor, weil die vertragliche Gestaltung einen Missbrauch der Gestaltungsmöglichkeit des Rechts gem. § 42 AO darstellt. Für die Beurteilung der Angemessenheit der rechtlichen Gestaltung ist zunächst die Ermittlung des wirtschaftlich erstrebten Ziels erforderlich. Im Ergebnis wurde dem Sohn durch den Verkauf und die spätere Rückschenkung des Kaufpreises das Wohnhaus ohne eine wirtschaftliche Belastung als Eigentum übertragen. Dies stellt sich auch als das von Anfang an erstrebte wirtschaftliche Ziel der rechtlichen Gestaltung dar, weil der Verkauf und die spätere Rückschenkung nach den Umständen des Falles auf einem Gesamtplan ruhten. Außerdem ist zu berücksichtigen, dass der Verkauf des Wohnhauses nicht nach kaufmännischen Gesichtspunkten erfolgte. Der Wert des Wohnhauses lag erheblich über dem vereinbarten Kaufpreis.
Hinweis
Der einfachste rechtliche Weg zur Erreichung des erstrebten wirtschaftlichen Ziels wäre die Übertragung des gesamten Hofs einschließlich des Wohnhauses im Wege der vorweggenommenen Erbfolge gewesen. Der von dem Steuerpflichtigen und seinen Eltern gewählte Weg der unentgeltlichen Übertragung des Hofs und der teilentgeltlichen Übertragung des Wohnhauses mit anschließender Rückschenkung des Kaufpreises stellt sich als umständlich, unüblich und gekünstelt dar. Zur Erreichung des wirtschaftlichen Ziels war das Vorgehen in zwei Schritten schlicht überflüssig. Die gewählte Gestaltung ist im übrigen auch nicht durch außersteuerliche Gründe gerechtfertigt.
Das FG hat die Revision zugelassen. Az. beim BFH: III R 65/03
Link zur Entscheidung
Niedersächsisches FG, Urteil vom 05.09.2003, 13 K 99/98