2.1 Die Aufgaben der Lagerhaltung
Die Aufgaben der Lagerhaltung können in folgende Hauptfunktionen gegliedert werden:
Ausgleichsfunktion
Unter Ausgleichsfunktion versteht man die Pufferung von Material. Abweichungen vom Materialbedarf und Materialzufluss können entstehen, wenn z.B. die Beschaffungsmenge höher ist als die von der Produktion benötigte Menge. Dies ist durch eine Optimierung der Bestellmenge zu vermeiden. Ein Grund für die Beschaffung auf Vorrat kann der Wunsch sein, Engpässe zu vermeiden oder eine stabile Preispolitik zu gestalten. Die Lieferung vom Lager hat den Vorteil einer hohen Lieferbereitschaft, ist aber verbunden mit dem Nachteil einer hohen Kapitalbindung.
Sicherungsfunktion
Wenn unzureichende Informationen über zukünftige Mengenbedarfe, Liefer- und Bedarfszeitpunkte im Unternehmen vorhanden sind, muss das Lager zur Sicherstellung der Verfügbarkeit bei Bedarfsschwankungen und zur Vermeidung von Störungen in der Produktion (Kostenvermeidung) dienen. In diesem Fall hat die Sicherung der Verfügbarkeit Priorität vor Kostengesichtspunkten.
Spekulationsfunktion
Gründe für die Lagerung können auch vorhersehbare und extreme Preisschwankungen auf dem Beschaffungsmarkt oder besonders niedrige Einstandspreise sein. Ist eine Verknappung von Rohstoffen zu befürchten, wird das „Horten von Rohstoffen” sinnvoll. In diesen Fällen ist die beschaffte Menge höher als der eigentliche Bedarf.
Veredelungsfunktion
Die Veredelungsfunktion wird auch als Produktionsfunktion des Lagers genannt. Eine Veredelungsfunktion liegt dann vor, wenn die Lagerung eine Veränderung des Produkts bewirkt und Teil des Produktionsprozesses (beispielsweise bei Wein, Käse, chemischen Stoffen) ist.
Assortierungsfunktion (Sortimentsfunktion)
Das Lager dient der Sortierung, d.h., die Ware wird in anderer Qualität, Menge oder Abfolge eingelagert als sie verbraucht wird. Die Ware wird dem späteren Gebrauch entsprechend im Lager vorsortiert bzw. eingelagert.
2.2 Der Zielkonflikt: Lieferbereitschaft und geringe Kapitalbindung
Wenn eine Zusammenarbeit und Kooperation der einzelnen Bereiche des Unternehmens nicht stattfindet, können Konkurrenz und Bereichsegoismus entstehen. Die Folge: mangelnde Wettbewerbsfähigkeit durch zu hohe Kosten. Nachfolgend werden einige wichtige Ziele der Unternehmensbereiche und der Logistik und die damit verbundenen möglichen Zielkonflikte dargestellt.
Bereich/Abteilung |
Ziele |
Zielkonflikt |
Produktion |
hohe Verfügbarkeit der Teile |
hohe Kapitalbindung im Lager |
Einkauf |
geringe Einstandspreise, hohe Rabatte, Boni, Skonti |
hohe Abnahmemengen, hohe Kapitalbindung |
Qualitätssicherung |
hohe Qualität |
intensive Stichprobenprüfung, hohe Prüfkosten |
Lagermanagement |
hohe Teileverfügbarkeit |
hohe Lagermenge und damit hohe Kapitalbindung und Lagerkosten |
Distribution |
schneller Transport |
hohe Transportkosten |
Verkauf |
hohe Teileverfügbarkeit |
hohe Lagerbestände bzw. hohe Kapitalbindung |
Controlling |
geringe Kapitalbindung und hohe Liquidität |
geringe Lagerbestände und damit Gefahr von Fehlmengen bzw. Produktionsstopp infolge fehlender Teile |
Produktion |
geringe Rüstkosten |
Produktion vieler homogener Teile und damit Gefahr von hohem Lagerbestand |
Kunde |
individuelle Produkte, Flexibilität |
hohe Rüstkosten, viele Varianten, Ladenhüter |
Einkauf |
geringe Kapitalbindung durch Just-in-Time-Anlieferung |
Gefahr von Lieferengpässen, Fehlmengenkosten |
Produktion |
Kostenersparnis durch Standardisierung der Teile |
mangelnde Kundenflexibilität und Individualisierung der Produkte |
Kommissionierung |
schnelle Kommissionierzeiten |
hohe Investitionskosten in Lagerhaltung und Kommissionierung |
Service |
optimaler Kundendienst |
hohe Personalkosten |
Ersatzteillogistik |
schnelle Teileverfügbarkeit |
hoher Lagerbestand |
Vertrieb |
umfassendes Produktsortiment |
viele Lagerplätze, Lagerkosten, geringer Lagerumschlag |
Logistik |
hohe Informationsbereitschaft |
hohe Investitionen in Hardware und Software |
Die Vermeidung dieser Konflikte ist ein wesentliches Ziel im Rahmen einer optimalen Lagerhaltung.
Fazit:
Bestände ermöglichen einen reibungslosen Produktionsprozess, können sich aber auch als Produktivitätsfeinde erweisen. Dies hängt vom Bestandsniveau ab. Eine Gegenüberstellung der Vor- und Nachteile von Beständen veranschaulicht die nachstehende Tabelle:
Bestände ermöglichen |
Bestände verdecken |
reibungslose Produktion |
störanfällige, unabgestimmte Kapazitäten |
hohe Lieferbereitschaft |
mangelnde Lieferflexibilität |
Überbrückung von Störungen |
Produktion von Ausschuss |
wirtschaftliche Fertigung |
mangelnde Liefertreue |
konstante Auslastung |
hohe Kapitalbindung |
2.3 Lagerhaltung als Resultat der Bedarfsplanung im Unternehmen
Früher wurden große Mengen eines Produkts frühzeitig bestellt. Heute werden kleine Mengen, in kurzen Zeitabständen in großer Teilevielfalt und mit hoher Qualität bestellt. Die Kunden sind individueller, weniger berechenbar und kritischer gegenüber den Produkten geworden. Dazu kommt ein gestiegenes Umweltbewusstsein.
Ziel der Bestandsführung ist die rechtzeitige, termingerechte Versorgung Ihres Unternehmens mit Material. Der Bedarf muss errechnet werden, um zu ermitteln, welche Materialien für die Leistungserstellung des Betriebs bereitzustellen sind. Hierbei muss d...