Dipl.-Finanzwirt Arthur Röck
2.1 Gesamtumsatz im Rahmen eines land- und forstwirtschaftlichen Betriebs von höchstens 600.000 EUR
Die genannten Durchschnittssätze des § 24 UStG gelten nur für Umsätze, die im Rahmen eines land- und forstwirtschaftlichen Betriebs getätigt wurden. Als land- und forstwirtschaftlicher Betrieb gelten nach § 24 Abs. 2 UStG
- die Landwirtschaft, die Forstwirtschaft, der Wein-, Garten-, Obst- und Gemüsebau, die Baumschulen, alle Betriebe, die Pflanzen und Pflanzenteile mit Hilfe der Naturkräfte gewinnen, die Binnenfischerei, die Teichwirtschaft, die Fischzucht für die Binnenfischerei und Teichwirtschaft, die Imkerei, die Wanderschäferei sowie die Saatzucht;
Tierzucht- und Tierhaltungsbetriebe, soweit ihre Tierbestände nach den §§ 51, 51a BewG zur landwirtschaftlichen Nutzung gehören.
Die Vieheinheiten-Obergrenze für landwirtschaftliche Tierzucht- und Tierhaltungsbetriebe i. S. d. § 24 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 UStG, §§ 51, 51a BewG ist einheitlich für alle Betriebe eines Unternehmers zu ermitteln. Gemeinschaftliche Tierhaltung gilt nur dann als landwirtschaftlicher Betrieb i. S. d. § 24 Abs. 2 Nr. 2 UStG, wenn sämtliche Voraussetzungen des § 51 a BewG erfüllt sind. Ein Tierhaltungsbetrieb ist kein landwirtschaftlicher Betrieb, wenn dem Unternehmer nicht in ausreichendem Umfang selbst bewirtschaftete Grundstücksflächen zur Verfügung stehen.
Unter die nach § 24 UStG begünstigten land- und forstwirtschaftlichen Umsätze fallen unter Beachtung der Rechtsprechung des EuGH nur
- die Lieferungen selbst erzeugter land- und forstwirtschaftlicher Erzeugnisse und
- die landwirtschaftlichen Dienstleistungen, auf die die Pauschalregelung nach Art. 295 – 305 MwStSystRL Anwendung findet.
Andere Umsätze, die der Unternehmer im Rahmen des land- und forstwirtschaftlichen Betriebs sowie außerhalb dieses Betriebs tätigt, unterliegen der Besteuerung nach den allgemeinen Vorschriften des UStG (Regelbesteuerung). Diese Auslegung gilt auch für die Umsätze im Rahmen eines land- und forstwirtschaftlichen Nebenbetriebs.
Umsatzgrenze ab 2022
Die Durchschnittsbesteuerung des § 24 UStG ist für nach dem 31.12.2021 bewirkte Umsätze nur noch anwendbar, wenn der Gesamtumsatz (§ 19 Abs. 3 UStG) des Unternehmers im vorangegangenen Jahr nicht mehr als 600.000 EUR beträgt. Durch diese in § 24 Abs. 1 Satz 1 UStG eingefügte Umsatzgrenze sollte die von der EU-Kommission beim EuGH eingelegte Klage gegen Deutschland einvernehmlich beendet werden.
Zu dem o. g. Gesamtumsatz nach § 19 Abs. 3 UStG gehören die steuerpflichtigen Umsätze ohne Umsatzsteuer (einschließlich der Umsätze von Wirtschaftsgütern des Anlagevermögens) zuzüglich der steuerfreien Umsätze nach
- §§ 4 Nr. 1 bis 7 UStG (insbesondere Ausfuhrlieferungen und innergemeinschaftliche Lieferungen)
Zum Unternehmen gehören alle Tätigkeiten des gesamten Unternehmens, unabhängig davon, ob sie unterschiedlichen Einkunftsarten zugeordnet werden oder unterschiedlichen Besteuerungsgrundsätzen unterliegen. Somit gehören zum Gesamtumsatz des Unternehmers neben den mit den Durchschnitssätzen des § 24 UStG besteuerten Umsätzen auch die der Regelbesteuerung unterliegenden Umsätze. Die Prüfung der Umsatzgrenze erfolgt unter Zugrundelegung der im maßgeblichen Kalenderjahr angewandten Besteuerungsart (Sollversteuerung oder Istversteuerung).
Maßgebend für die Besteuerung der Umsätze ab dem 1.1.2022 ist der Gesamtumsatz des jeweilig vorangegangenen Kalenderjahres (unabhängig davon, ob der land- und fortwirtschaftliche Betireb ertragsteuerlich seinen Gewinn nach einem abweichenden Wirtschaftsjahr ermittelt).
Für die Berechnung der Umsatzgrenze in den Fällen des Jahr des Beginns der gewerblichen Tätigkeit, einer Geschäftsveräußerung im Ganzen (§ 1 Abs. 1a UStG) bzw. beim Erwerb eines weiteren Unternehmens oder gesondert geführten Teilbetriebs im Ganzen bzw. der Gesamtrechtsnachfolge und zu der geltenden Aufzeichnungspflichten des § 22 UStG vgl. Abschn. 24.1a UStR.
Überschreitet ein Unternehmer die o. g. Umsatzgrenze des § 24 Abs. 1 Satz 1 UStG, hat er seine Umsätze nach den allgemeinen Regelungen zu versteuern. Wegen des Vorsteuerabzugs nach Übergang zur allgemeinen Besteuerung oder umgekehrt vgl. Abschn. 15.1 Abs. 5 und 6 UStR. Wegen der Änderung der Besteuerungsform kommt eine Berichtigung des Vorsteuerabzuges nach § 15a Abs. 1 bis 4 in Verbindung mit Abs. 7 UStG in Betracht.
Ermittlung des Gesamtumsatzes für die 600.000 EUR-Grenze
Beispiel 1: Landwirt L erzielt im Jahr 2022 Umsätze aus seinem land- und forstwirtschaftlichen Obst- und Gemüseanbaubetrieb von 570.000 EUR. In seinem Hofladen veräußert er neben landwirtschaftlichen Erzeugnissen auch der Regelbesteuerung unterliegende nicht landwirtschaftliche Produkte der zweiten Verarbeitungsstufe und zugekaufte Waren Umsätze von gesamt 50.000 EUR.
Beispiel 2: Forstwirt F erzielt im Jahr 2022 Umsätze aus seinem forstwirtschaftlichen Betrieb Holzverkäufe von 560...