OFD Chemnitz, Verfügung v. 14.8.2006, S 7410 - 37/1 - St 23
1. Neue Rechtsgrundsätze durch EuGH- und BFH-Rechtsprechung
Der BFH hat mit Urteil vom 25.11.2004, V R 8/01, BStBl 2005 II S. 896 (Anschlussurteil an EuGH-Urteil vom 15.7.2004, Rs C-321/02, Harbs) entschieden, dass die Umsätze aus der Verpachtung eines Teils des landwirtschaftlichen Betriebs nicht der Durchschnittssatzbesteuerung des § 24 UStG unterliegen, auch wenn der Inhaber des landwirtschaftlichen Betriebs nach der Verpachtung in nicht geringfügigem Umfang als Landwirt tätig ist.
Die neue Rechtsprechung wirkt sich auf die umsatzsteuerliche Beurteilung sämtlicher Vermietungs- und Verpachtungsleistungen im Bereich der Land- und Forstwirtschaft aus. Die Folgen werden im BMF-Schreiben vom 28.11.2005 (BStBl 2005 I S. 1065) erläutert.
2. Einzelfragen zur (Teil-)Betriebsverpachtung
2.1 Steuersatz
Die Pachteinnahmen sind dem Regelsteuersatz zu unterwerfen. Der ermäßigte Steuersatz nach § 12 Abs. 2 Nr. 2 UStG ist nicht anzuwenden, denn die Steuerbegünstigung gilt nur für die Vermietung, nicht jedoch für die Verpachtung von Gegenständen.
2.2 Vorsteuerberichtigung nach § 15a UStG
Hat der Landwirt vor der Verpachtung seines (Teil-)Betriebs für seine Umsätze die Durchschnittssatzbesteuerung des § 24 Abs. 1 UStG angewendet, können Vorsteuerberichtigungen erforderlich werden, denn der Wechsel der Besteuerungsform stellt eine Änderung der Verhältnisse i.S.d. § 15a UStG dar (§ 15a Abs. 7 UStG). Soweit die Pacht auf steuerpflichtig überlassene Wirtschaftsgüter entfällt, bei denen der Berichtigungszeitraum noch nicht abgelaufen ist, ist dem Unternehmer die auf den restlichen Zeitraum entfallende anteilige Vorsteuer zu seinen Gunsten zu erstatten.
Beispiel
Ein Landwirt, der die Durchschnittssatzbesteuerung nach § 24 UStG anwendet, erwirbt im Januar des Jahres 01 einen Mähdrescher für 200.000 EUR zzgl. 32.000 EUR USt. Ab dem Jahr 02 überlässt er den Mähdrescher im Rahmen einer der Regelbesteuerung unterliegenden Betriebsverpachtung.
Im Jahr 01 entfällt der Vorsteuerabzug (§ 24 Abs. 1 Satz 4 UStG). In den Jahren 02 bis 05 erhält der Unternehmer eine Vorsteuererstattung nach § 15a UStG von jeweils 6.400 EUR (1/5 von 32.000 EUR).
Soweit die Pacht für steuerfrei überlassene Wirtschaftsgüter gezahlt wird (Grundstück, § 4 Nr. 12 Buchst. a UStG, keine Option nach § 9 UStG ausgeübt), entfällt eine Vorsteuerberichtigung.
Zur Vorsteuerberichtigung durch den Wechsel der Besteuerungsform für Eingangsumsätze bis zum 31.12.2004 vgl. BMF-Schreiben vom 29.12.1995 (BStBl 1995 I S. 831) und für Eingangsumsätze ab dem 1.1.2005 vgl. Abschn. VII. des BMF-Schreibens vom 6.12.2005 (BStBl 2005 I S. 1068).
2.3 Abwicklungsumsätze
Umsätze, die bei der Verpachtung eines landwirtschaftlichen (Teil-)Betriebs noch auf der Bewirtschaftung des bisherigen Betriebs(teils) beruhen (z.B. Verkauf von Erntevorräten oder von Maschinen, die der Pächter übernommen hat), unterliegen nicht der Besteuerung des § 24 UStG, da die Anwendung der Durchschnittssatzbesteuerung einen aktiven landwirtschaftlichen Betrieb(steil) voraussetzt (vgl. Abschn. 264 Abs. 6 Satz 1 UStR).
Auch hier ist auf eine evtl. vorzunehmende Vorsteuerberichtigung nach § 15a UStG zu achten (vgl. insbesondere zum Verkauf zurückbehaltenen Umlaufvermögens die Vereinfachungsregelung in Rz. 56 des BMF-Schreibens vom 6.12.2005, a.a.O.).
2.4 Veräußerung eines landwirtschaftlichen Betriebs nach vorangegangener Verpachtung
Auch die Übertragung eines land- und forstwirtschaftlichen Betriebs nach Ablauf der Pachtzeit ist kein Umsatz, der unter die Durchschnittssatzbesteuerung des § 24 UStG fällt.
In der Regel wird es sich um eine Geschäftsveräußerung i.S.d. § 1 Abs. 1a UStG handeln, die für sich allein gesehen wegen der fehlenden Steuerbarkeit keine Änderung der Verhältnisse im Sinne des § 15a UStG bewirkt. Der erwerbende Unternehmer (z.B. Sohn) tritt in diesem Fall an die Stelle des Veräußerers (z.B. Vater) und übernimmt auch die noch laufenden Berichtigungszeiträume für die übertragenen Wirtschaftsgüter (§ 15a Abs. 10 UStG).
Eine Änderung der Verhältnisse tritt jedoch ein, wenn der Erwerber seine Umsätze der Durchschnittssatzbesteuerung des § 24 Abs. 1 UStG unterwirft und somit ein Wechsel der Besteuerungsform erfolgt (§ 15a Abs. 7 UStG). Soweit dem Veräußerer für die übertragenen Wirtschaftsgüter ein Vorsteuerabzug zustand, kann durch die Veräußerung eine beim Erwerber vorzunehmende Vorsteuerberichtigung für bisher steuerpflichtig verpachtete Wirtschaftsgüter ausgelöst werden.
2.5 Wirtschaftsüberlassungsverträge
Überlässt ein Betriebsinhaber einem Angehörigen seinen land- und forstwirtschaftlichen Betrieb aufgrund eines sog. Wirtschaftsüberlassungsvertrags, so sind nach der Rechtsprechung des BFH für den Hofeigentümer – mit Ausnahme des Umstands, dass er keine Pachteinnahmen, sondern Unterhaltsleistungen vom Nutzungsberechtigten erhält – dieselben Rechtsfolgen abzuleiten, wie sie für die Verpachtung landwirtschaftlicher Betriebe gelten. Der Nutzungsberechtigte ...