Leitsatz
Für die Bestimmung des zur Wohnung gehörenden Grund und Bodens, der bei der Abwahl der Nutzungswertbesteuerung gem. § 52 Abs. 15 EStG a.F. steuerfrei entnommen werden kann, ist auf den bis zum Entnahmezeitpunkt bestehenden Nutzungs- und Funktionszusammenhang abzustellen. Der Nutzungs- und Funktionszusammenhang bestimmt sich nach der tatsächlichen Nutzung sowie den tatsächlichen gegendüblichen Verhältnissen im Entnahmezeitpunkt. Auf eine zukünftige andere Zweckbestimmung nach diesem Zeitpunkt kommt es demgegenüber nicht an (Aufgabe der Rechtsprechung des Senats im Urteil vom 24.10.1996, IV R 43/95, Haufe-Index 65832, BStBl II 1997, 50).
Der Nutzungs- und Funktionszusammenhang mit der Wohnung ist auch dann bereits im Zeitpunkt der Abwahl der Nutzungswertbesteuerung gelöst, wenn die Nutzungsänderung der Grundstücksfläche tatsächlich erst nach dem Abwahlzeitpunkt erfolgt, die Kausalkette für die spätere Nutzungsänderung indes schon vor dem Abwahlzeitpunkt unwiderruflich in Gang gesetzt worden ist.
Normenkette
§ 52 Abs. 15 Sätze 3 – 7 EStG a.F., § 4 Abs. 1 S. 2 EStG
Sachverhalt
Ein Landwirt hatte dem FA im Dezember 1992 mitgeteilt, das Betriebsleiterwohnhaus samt Garage und zugehörigen Grund und Boden nach § 52 Abs. 15 EStG a.F. steuerfrei ins Privatvermögen überführen zu wollen. Nachdem der amtlich landwirtschaftliche Sachverständige das betreffende Areal auf 3 500 m² bemessen hatte, teilte das FA dem Landwirt Anfang 1993 schriftlich mit, dass diese Fläche als steuerfrei entnommen gelte.
Im Rahmen einer Außenprüfung erfuhr das FA davon, dass bereits 1991 ein Mietvertrag mit einem Treibstoffhändler geschlossen worden war, wonach dieser auf der Hausgartenfläche eine Tankstelle errichten und betreiben sollte, sofern hierfür eine Baugenehmigung erteilt würde. Tatsächlich war die Tankstelle dann auch 1994 errichtet worden. Dies nahm das FA zum Anlass, die unter dem Vorbehalt der Nachprüfung stehenden ESt-Bescheide 1992 und 1993 dahingehend zu ändern, dass ein Entnahmegewinn für das jetzige Tankstellenareal von 2 000 m² erfasst wurde.
Die dagegen erhobene Klage hatte keinen Erfolg (FG München vom 16.10.2003, 5 K 4044/00, Haufe-Index 1392245, EFG 2005, 1359).
Entscheidung
Der BFH gab der Revision des Landwirts statt. Ein Entnahmegewinn dürfe deshalb nicht angesetzt werden, weil das Tankstellengrundstück Betriebsvermögen geblieben sei.
Hinweis
1. Noch immer entscheidet der BFH Rechtsstreite zu der bis Ende 1998 bestehenden Möglichkeit, vom Landwirt oder dem Altenteiler bewohnte Gebäude und den zugehörigen Grund und Boden steuerfrei ins Privatvermögen zu überführen. Zum 31.12.1998 gingen die betreffenden Wirtschaftsgüter kraft Gesetzes ins Privatvermögen über. Eine Ausnahme gilt nur für Wohnungen in denkmalgeschützten Gebäuden, die weiterhin Betriebsvermögen geblieben sind und für die heute noch die Möglichkeit zur steuerfreien Überführung ins Privatvermögen besteht (§ 13 Abs. 4 EStG).
Für letztgenannte Gebäude hat die Frage weiterhin Bedeutung, wie der zugehörige Grund und Boden zu bemessen ist. Um diese Frage ging es im hier besprochenen Urteil, das der BFH nutzte, um die in zahlreichen Urteilen aufgestellten Grundsätze noch einmal zusammenfassend darzustellen.
2. Zugleich nimmt er in einem Punkt aber auch eine Änderung seiner Rechtsprechung vor: Für die Bestimmung des zugehörigen Grund und Bodens ist es grundsätzlich nicht von Bedeutung, was mit dem Grundstück nach der Überführung ins Privatvermögen geschieht. Die "Zugehörigkeit" richtet sich vielmehr danach, wie das Grundstück vor der Überführung ins Privatvermögen genutzt wurde. Hierzu hatte der BFH zunächst eine andere Meinung vertreten (vor allem in dem im Leitsatz zitierten Urteil IV R 43/95).
Aber keine Regel ohne Ausnahme: Selbst wenn das Grundstück vor der Ausübung des Wahlrechts noch zusammen mit der Wohnung genutzt wird, ist es nicht mehr als "zugehörig" zu betrachten, wenn in diesem Zeitpunkt bereits eine durch den Landwirt nicht mehr zu stoppende Kausalkette in Gang gesetzt worden ist, die zu einer anderen Nutzung des Grundstücks führen wird. Im entschiedenen Fall hatte der Landwirt sich vor Ausübung des Wahlrechts verpflichtet, das Grundstück einer Tankstelle zu überlassen, wenn hierfür eine Baugenehmigung erteilt werden sollte. Dies hielt der BFH für schädlich und sah das Grundstück nicht mehr als zur Wohnung gehörig an.
3. Dass der Landwirt mit seiner Klage trotzdem Erfolg hatte, ist darauf zurückzuführen, dass der BFH die Ausübung des Wahlrechts nicht als Entnahme ansieht (so bereits im Urteil vom 20.11.2003, IV R 21/03, BFH/NV 2004, 276, BFH/PR 2004, 98). Der Landwirt will mit der Erklärung gerade nicht stille Reserven aufdecken, was aber zwingende Folge einer Entnahme wäre. Ist die Wahl zur steuerfreien Überführung in das Privatvermögen aus Rechtsgründen nicht möglich, geht die betreffende Erklärung ins Leere. Das Grundstück bleibt weiter Betriebsvermögen – allerdings natürlich um den Preis, dass die stillen Reserven weiter steuerverhaftet bleiben.
Li...