Rz. 43
Die unterschiedlichen Wertansätze in der Handels- und Steuerbilanz führen in letzter Konsequenz zu einem unterschiedlichen Gewinnausweis. Da der in der Handelsbilanz auszuweisende Steueraufwand auf der Steuerberechnung des zu versteuernden Einkommens (Grundlage Steuerbilanz!) basiert, kommt es in der Konsequenz zu einem Missverhältnis in der Handelsbilanz zwischen Gewinn und Steueraufwand. Würde man den Steueraufwand auf Basis des handelsrechtlichen Gewinns unter Anwendung des relevanten Steuersatzes ermitteln, würden sich andere Beträge einstellen. Hier greift das Konzept der latenten Steuern, indem die Differenzen zwischen Handels- und Steuerbilanz bewertet, bilanziert und deren Änderungen entsprechend aufwands- oder ertragswirksam erfasst werden. Insofern kommt das Konzept der latenten Steuern einer Steuerabgrenzung gleich. Der sich einstellende Steueraufwand steht im Einklang mit dem handelsrechtlichen Gewinn bei Anwendung des relevanten Steuersatzes.
In Grundsatz stellen bilanzierte latente Steuern somit nur eine Bewertung der Differenzen zwischen Handels- und Steuerrecht dar.
Rz. 44
Die aus den Differenzen berechneten latenten Steuern können aktivischer und passivischer Natur sein. Eine aktivische Natur ist dann gegeben, wenn sich aus der Berechnung aufgrund der zugrundeliegenden Differenzen eine latente Steuerforderung ergibt. Bei der passivischen Natur stellt sich eine latente Steuerverbindlichkeit ein. Das bedeutet, dass sich für jeden Bilanzposten, egal ob Aktiva oder Passiva, entweder eine latente Steuerforderung oder Steuerverbindlichkeit ergeben kann. Im Einzelnen führen die Differenzen von Bilanzposten zu folgenden latenten Steuern:
Abb. 4: Latenzausweis von Bilanzposten
Anders ausgedrückt stellen sich (aktive) latente Steuerforderungen dann ein, wenn Differenzen zu einem handelsrechtlich niedrigeren Gewinn im Vergleich zum steuerrechtlichen Gewinn führen. Dementsprechend ergeben sich (passive) latente Steuerverbindlichkeiten dann, wenn der handelsrechtliche Gewinn höher ist als der steuerrechtliche Gewinn. Die in der GuV ausgewiesenen Effekte stellen aber letztendlich nur die bewerteten Differenzen zwischen der Handels- und Steuerbilanz dar.
Abgrenzung durch latente Steuern in der Gewinn- und Verlustrechnung
Das folgende Beispiel verdeutlicht die Zusammenhänge zur Steuerabgrenzung. Es wird ein Steuersatz von 30 % unterstellt.
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Handelsbilanz |
Steuerbilanz |
Gewinn vor Steuern bzw. zu versteuerndes Einkommen |
100 |
120 |
80 |
Steueraufwand 30 % |
30 |
36 |
24 |
Latente Steuern |
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-6 (-20 * 30 %) |
6 (20 * 30 %) |
Steueraufwand insgesamt |
30 |
30 |
30 |
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Klassifizierung |
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Aktive latente Steuern |
Passive latente Steuern |
Rz. 45
Für die Ermittlung von latenten Steuern empfiehlt sich die Verwendung eines Rechenmodells, das einen Differenzenspiegel erstellt. Dies setzt eine vorherige Ableitung der Steuerpositionen aus der Handelsbilanz voraus. Als Grundlage empfiehlt sich das folgende Modell:
Bilanzposten |
Ansatz |
Differenz |
Korrekturen |
Umgliederungen |
Finale Differenz |
Relevanter Steuersatz |
Latente Steuern |
|
Steuerrecht |
Handelsrecht |
|
|
|
|
Aktiv |
Passiv |
|
|
|
|
|
|
|
|
|
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|
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Summe |
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In den Spalten für die handels- und steuerrechtlichen Ansätze werden deren Wertansätze übernommen. Je nach Detaillierungsgrad kann dies auf Bilanz-, Konten- und Belegebene erfolgen. Die Korrekturspalte dient der Eliminierung permanenter Differenzen, Anpassungen für konzerninterne Sachverhalte und ähnlichen Effekten. Scheinlatenzen werden in der Spalte Umgliederungen eliminiert. Basierend auf den so ermittelten und bereinigten Differenzen werden im Folgeschritt die latenten Steuern ermittelt. Je nach Vorzeichen der Differenzen erfolgt die Klassifizierung als aktive oder passive latente Steuern.
Differenzenspiegel
In Fortführung des vorherigen Beispiels erfolgt die bilanzpostenorientierte Berechnung latenter Steuern nach dem folgenden Schema. Um die Differenzen, insbesondere deren Vorzeichen, richtig abzubilden, wird die kaufmännische Schreibweise empfohlen (Soll = positiv, Haben = negativ).
Bilanzposten |
Ansatz |
Differenz |
Korrekturen |
Umgliederungen |
Finale Differenz |
Relevanter Steuersatz |
Latente Steuern |
|
Steuerrecht |
Handelsrecht |
|
|
|
|
Aktiv |
Passiv |
Aktiva: |
|
|
|
|
|
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|
A |
80 |
100 |
-20 |
|
10 |
-10 |
30 % |
|
3 |
B |
240 |
200 |
40 |
|
-10 |
30 |
30 % |
9 |
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|
|
|
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|
Passiva: |
|
|
|
|
|
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|
A |
-220 |
-150 |
-70 |
|
|
-70 |
30 % |
|
21 |
B |
-100 |
-150 |
50 |
-20 |
|
30 |
30 % |
9 |
|
|
|
|
|
|
|
|
|
|
|
Summe |
0 |
0 |
0 |
|
0 |
|
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18 |
24 |
Rz. 46
Für die Ermittlung der latenten Steuern ist der unternehmensindividuelle Steuersatz im Zeitpunkt des Differenzenabbaus gem. § 274 Abs. 2 Satz 1 HGB anzuwenden. Da dieser Steuersatz aber in der Zukunft liegt und daher unbekannt ist, ist hilfsweise der Steuersatz zum Abschlussstichtag zu verwenden. Liegt aber bereits die Ankündigung eines neuen, künftig anzuwendenden Steuersatzes vor, ist dieser zu verwenden. Nach h. M. ist dies in Deutschland für Körperschaftssteuern dann gegeben, wenn die Ge...