Rz. 66
Der Ausweis latenter Steuern in der Bilanz ist im Bilanzgliederungsschema des § 266 Abs. 2 HGB geregelt. Demnach sind aktive und passive latente Steuern als gesonderte Posten in der Bilanz zu zeigen, jeweils nach den Rechnungsabgrenzungsposten.
Rz. 67
Für den Ausweis der latenten Steuern in der Bilanz besteht ein doppeltes Wahlrecht aufgrund der Gesamtdifferenzenbetrachtung. Das erste Wahlrecht bezieht sich auf die Art des Ausweises in der Bilanz, wogegen sich das zweite Wahlrecht auf den Ansatz im Fall eines Aktivüberhanges bezieht. Nach dem Wortlaut des § 274 Abs. 1 HGB kann sich der Ersteller beim ersten Wahlrecht entscheiden zwischen:
- getrenntem Ausweis,
- saldiertem Ausweis und
- Aktivüberhang.
Abb. 5: System der Gesamtdifferenzenbetrachtung
Rz. 68
Bei einem getrennten Ausweis latenter Steuern gem. § 274 Abs. 1 Satz 3 HGB werden aktive und passive latente Steuern unverrechnet als Aktiva und Passiva in der Bilanz ausgewiesen.
Rz. 69
Ein saldierter Ausweis verrechnet aktive latente Steuern mit passiven latenten Steuern, wobei ein Passivüberhang vorliegt, d. h. mehr passive latente Steuern als aktive latente Steuern vorhanden sind. Dies führt im Endeffekt zu einer Steuerbelastung. Der saldierte Ausweis begründet eine Ansatzpflicht gem. § 274 Abs. 1 Satz 1 HGB.
Rz. 70
Bei einem Aktivüberhang sind mehr aktive als passive latente Steuern vorhanden. In solch einem Fall kann der Aktivüberhang als aktive latente Steuern in der Bilanz angesetzt werden, muss aber nicht. Durch den Wortlaut von § 274 Abs. 1 Satz 2 HGB darf ein Ausweis auch unterbleiben, d. h. latente Steuern brauchen nicht bilanziert zu werden. Somit liegt es im Ermessen des Abschlusserstellers zu entscheiden, ob ein Steuerertrag aufgrund des Aktivüberhanges gezeigt wird. Dies würde aber zu einem Verstoß gegen das Vollständigkeitsgebot des § 246 HGB führen.
Rz. 71
Ein separater Ausweis der latenten Steuern in der Gewinn- und Verlustrechnung ist nicht vorgesehen. Die Veränderungen der bilanzierten latenten Steuern sind unter der Position "Steuern vom Einkommen und vom Ertrag" gem. § 275 Abs. 2, 3 HGB auszuweisen. Allerdings verlangt § 274 Abs. 2 Satz 3 HGB einen Davon-Ausweis für den auf latente Steuern entfallenden Betrag. Dieser Davon-Ausweis ist in einem Betrag anzugeben, eine Aufschlüsselung nach Steueraufwand und Steuerertrag ist nicht erforderlich.
Rz. 72
Ungeachtet der weit ausgelegten Wahlrechte unterliegen nicht nur Ansatz und Bewertung, sondern auch der Ausweis latenter Steuern im Jahresabschluss der Stetigkeit gem. § 246 Abs. 3 HGB. Ein einmal gewählter Ausweis ist fortzuführen, sofern nicht triftige Gründe dafürsprechen, den Ausweis latenter Steuern im Abschluss zu ändern.
Rz. 73
Durch den Verweis von § 306 HGB auf § 274 HGB gelten die Ausweiswahlrechte sowohl für den Jahresabschluss als auch für den Konzernabschluss. Da die Saldierung von aktiven und passiven latenten Steuern immer abhängig von Steuerart und Steuerbehörde sind, wird sich im Konzernabschluss eine weitaus geringere Ausübung des Wahlrechts zu den Ausweismöglichkeiten ergeben. So kann es vorkommen, dass trotz der Anwendung der Gesamtdifferenzenbetrachtung im Konzernabschluss sowohl aktive als auch passive latente Steuern auszuweisen sind. Dies ist einer länderweise vorzunehmenden Gesamtdifferenzenbetrachtung geschuldet, da eine länderübergreifende Saldierung aufgrund unterschiedlicher Fiskalhoheiten nicht möglich ist.