Zusammenfassung
Latente Steuern (künftige Steuerzahlungen, Steuerrückzahlungen und Steuererstattungen) entstehen aufgrund von unterschiedlichen Bewertungen in der Handels- und Steuerbilanz. Sie werden auf temporäre Differenzen zwischen den Buchwerten der einzelnen Vermögensgegenstände, Schulden und Rechnungsabgrenzungsposten und den hierzu für steuerliche Zwecke korrespondierenden Werten gebildet. Bauen sich diese Differenzen im Zeitablauf voraussichtlich ab und wird daraus folgend eine künftige Steuerbe- oder -entlastung erwartet, sind unter Anwendung unternehmensindividueller Steuersätze auf diese Differenzen latente Steuern zu bilden.
Durch das Bilanzrechtsmodernisierungsgesetz v. 25.5.2009 (BGBl 2009 I S. 1102; siehe auch BT-Drucks. 16/10067; BT-Drucks. 16/12407) wurden die handelsrechtlichen Bilanzierungs-Regelungen zu latenten Steuern neu gefasst; Verrechnungsverbot: § 246 Abs. 2 HGB; Position der aktiven latenten Steuern in der Bilanz: § 266 Abs. 2 D. HGB; Position der passiven latenten Steuern in der Bilanz: § 266 Abs. 3 E. HGB; Ausschüttungssperre: § 268 Abs. 8 HGB; latente Steuern: §§ 274, 274a Nr. 4 HGB mit größenabhängigen Erleichterungen; Position in der Gewinn- und Verlustrechnung: § 275 Abs. 2 Nr. 18, § 275 Abs. 3 Nr. 17 HGB; Pflichtangaben im Anhang: § 285 Nr. 29 HGB; Angaben im Konzernanhang: § 314 Abs. 1 Nr. 15 HGB; §§ 300, 301 AktG; DRS 18: Anforderungen des HGB an die Bilanzierung und Bewertung sowie die dazugehörigen Angaben im Konzernabschluss; der HGB-Fachausschuss des DRSC hat 2018 die Überarbeitung von DRS 18 "Latente Steuern" beschlossen; DRÄS 11 bezieht sich auf den DRS 18 "Latente Steuern" und ändert diesen inhaltlich partiell, außerdem ergänzt er ihn um Ausführungen zu einigen bislang nicht behandelten Teilaspekten; Änderungen gelten erstmals für nach dem 31.12.2021 beginnende Geschäftsjahre, Bekanntmachung durch das Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz am 2.6.2021 (BAnz AT 2.6.2021, B1). IDW RS HFA 7: Handelsrechtliche Rechnungslegung bei Personenhandelsgesellschaften; § 285 Nr. 30 HGB eingefügt aufgrund des BilRUG v. 17.7.2015, BGBl 2015 I S. 1245. BAG, Urteil v. 21.2.2017, 3 AZR 455/15: Für die Beurteilung der künftigen wirtschaftlichen Lage eines Unternehmens im Rahmen einer nach § 16 Abs. 1 BetrAVG anzustellenden Prognose sind die in der Bilanz ausgewiesenen aktiven latenten Steuern i. S. v. § 274 Abs. 1 Satz 2 HGB nicht geeignet. BFH, Urteil v. 27.9.2017, II R 15/15, BFH/NV 2018 S. 469: Die zukünftige ertragsteuerrechtliche Belastung aufgrund einer im Bewertungszeitpunkt lediglich beabsichtigten, aber noch nicht beschlossenen Liquidation der Kapitalgesellschaft ist bei der Ermittlung des Substanzwerts als Mindestwert nicht wertmindernd zu berücksichtigen.
Am 27.2.2024 hat das DRSC den Entwurf des Deutschen Rechnungslegungs-Änderungsstandards Nr. 14 (E-DRÄS 14) zur Konsultation veröffentlicht. Damit verbunden sind Änderungen an DRS 18 Latente Steuern, die nach der Umsetzung der Mindestbesteuerungsrichtlinie (EU) 2022/2523/ABl. L 328 v. 22.12.2022, S. 1; L 13 v. 16.1.2023, S. 9, mit dem MinBestRL-UmsG v. 27.12.2023 (BGBl 2023 I Nr. 397) nötig ist. Stellungnahmen wurden bis zum 12.4.2024 erbeten. Am 28.5.2024 hat das DRSC den DRÄS 14 verabschiedet.
1 Konzeption bei der Abgrenzung latenter Steuern
Gem. § 274 HGB aufgrund des BilMoG basiert die Abgrenzung latenter Steuern nicht mehr auf einem an der Gewinn- und Verlustrechnung orientierten Konzept (Timing-Konzept), bei dem das handelsrechtliche und das steuerrechtliche Ergebnis einander gegenübergestellt werden, sondern auf dem bilanzorientierten Konzept, bei dem die unterschiedlichen Wertansätze in Handels- und Steuerbilanz miteinander verglichen werden (Temporary-Konzept).
Bestehen zwischen den handelsrechtlichen Wertansätzen von Vermögensgegenständen, Schulden und Rechnungsabgrenzungsposten und ihren steuerlichen Wertansätzen Differenzen, die sich in späteren Geschäftsjahren voraussichtlich abbauen, so ist eine sich daraus ergebende Steuerbelastung als passive latente Steuern in der Bilanz anzusetzen.
Die Verpflichtung zum Ausweis passiver latenter Steuern gilt allerdings nur für große und mittelgroße Kapitalgesellschaften. Kleine Kapitalgesellschaften und damit auch Kleinstkapitalgesellschaften sind von der Anwendung des § 274 HGB befreit.
Hinsichtlich der Bildung aktiver latenter Steuern besteht (weiterhin) ein Wahlrecht.
Darüber hinaus sind – auch wenn es sich nicht um Differenzen im eigentlichen Sinne handelt – auch Verlustvorträge in Höhe der innerhalb der nächsten 5 Jahre zu erwartenden Verlustverrechnung bei der Berechnung aktiver latenter Steuern zu berücksichtigen.
2 Temporary-Konzept
Temporäre Differenzen
Beim Temporary-Konzept erfolgt die Abgrenzung anhand von temporären Differenzen, die aus unterschiedlichen Wertansätzen in der Handels- und in der S...