Leitsatz
Leichtfertigkeit liegt nicht vor, wenn der steuerliche Berater des Steuerpflichtigen, der einer steuerlichen Pflicht nicht nachkommt, niemals mit Fragen des speziellen Steuerrechts befasst war.
Sachverhalt
Der Kläger war Inhaber eine Spedition. Er verbrachte in der Zeit vom August 2006 bis April 2007 Biodiesel von Dänemark nach Deutschland. Hierbei holte er den Dieselkraftstoff selber ab. Dieser Kraftstoff wurde dann für den Betrieb der LKW der Spedition verbraucht. Eine Besteuerung in Deutschland erfolgte nicht. Im Januar 2008 wurde gegen den Spediteur Mineralölsteuer in Hohe von TEUR 617 festgesetzt. Der Spediteur legte gegen den Bescheid Einspruch ein und beantragte gleichzeitig den Erlass der Steuer. Er führte an, die Festsetzungsfrist sei im Januar 2008 bereits für die Zeit bis Dezember 2006 abgelaufen gewesen.
Der Einspruch wurde zurück gewiesen. Zur Begründung führte das Finanzamt an, hier hätte der Spediteur eine Steuerstraftat begangen, so dass die verlängerte Festsetzungsfrist gelte. In der darauf erhobenen Klage machte der Spediteur erneut die Verjährung geltend. Vorsatz sei zudem deshalb bereits nicht gegeben, da ihm bei Biokraftstoff ein Erstattungsanspruch nach dem Gesetz zustehe. Eine leichtfertige Steuerverkürzung sei ebenfalls nicht gegeben. Etwaiges Verschulden seines Steuerberaters sei ihm nicht zuzurechnen. Dieser habe auch nicht schuldhaft gehandelt, da er mit Fragen des Verbrauchsteuerrechts niemals befasst worden sei.
Das Finanzamt beharrte auf einer leichtfertigen Steuerverkürzung mit der Begründung, dem Spediteur hätte bekannt sein müssen, dass er die Steuer in Deutschland hätte anmelden müssen.
Entscheidung
Der Klage wurde in vollem Umfang stattgegeben, der Steuerbescheid über Mineralölsteuer bis Ende 2006 wurde aufgehoben, da Festsetzungsverjährung eingetreten war. Nach § 169 Abs. 2 Nr. 1 AO beträgt die Festsetzungsfrist bei Verbrauchsteuer ein Jahr nach dem Ablauf des Kalenderjahres, in dem der Anspruch entstanden ist. Diese Frist war abgelaufen. Gründe für eine Verlängerung der Festsetzungsfrist waren nicht gegeben. Zwar muss sich ein Steuerpflichtiger auch leichtfertiges Verhalten seines steuerlichen Beraters zurechnen; dies setzt aber voraus, dass der Steuerberater auch nachweislich überhaupt leichtfertig gehandelt hat. Dies war hier aus den Umständen des Einzelfalls nicht erkennbar. Vielmehr war dieser zwar seit rund 40 Jahren für den Kläger tätig, habe sich aber niemals mit Fragen des Verbrauchsteuerrechts befasst. Auch Anhaltspunkte für ein eigenes leichtfertiges Verhaltes des Klägers waren nicht ersichtlich.
Hinweis
Das Urteil stellt sicherlich einen Sonderfall dar, da es in der Praxis selten vorkommen dürfte, dass ein steuerlicher Berater in einer langjährigen Mandatsbeziehung mit einzelnen Aspekten des Steuerrechts niemals befasst ist. Es führt aber einige sehr interessante Fragen vor Augen. Nach § 169 Abs. 2 Satz 2 AO verlängert sich die Festsetzungsfrist bei einer Steuerhinterziehung auf 10 Jahre und bei einer leichtfertigen Steuerverkürzung auf 5 Jahre. Dabei hat sich der Steuerpflichtige das Verhalten eines steuerlichen Berater zurechnen zu lassen . Hierbei trägt die Finanzverwaltung die Beweislast für das Vorliegen der Steuerhinterziehung bzw. Steuerverkürzung. Diesen Beweis konnte die Finanzverwaltung hier nicht erbringen, weswegen der Klage stattzugeben war.
Darüber hinaus besteht aber für einen Steuerpflichtigen selbst im Fall der Zurechnung des Verhaltens des Dritten noch eine Exculpationsmöglichkeit. Er muss sich das Verhalten nicht zurechnen lassen, wenn er - kurz gesagt - alles Erforderliche getan hat, um die Steuerverkürzung zu verhindern. Allerdings trägt er in diesem Fall die Beweislast. Auch muss er nachweisen, dass er keinen Vermögensvorteil durch die Tat erlangt hat.
Die Revision zum BFH wurde nicht zugelassen.
Link zur Entscheidung
FG Hamburg, Urteil vom 07.12.2010, 4 K 135/10