OFD Frankfurt, Verfügung v. 23.4.2004, S 7100 A - 82 - St I 1.10
Zur umsatzsteuerrechtlichen Behandlung der Geschäftsführungs- und Vertretungsleistungen eines Gesellschafters an die Gesellschaft gegen Entgelt hat der BFH mit Urteil vom 6.6.2002, V R 43/01 (BStBl 2003 II S. 36) seine bisherige Rechtsprechung aufgegeben, nach der die Ausübung der Mitgliedschaftsrechte nicht als Leistung eines Gesellschafters an die Gesellschaft zu beurteilen ist (BFH vom 17.7.1980, V R 5/72, BStBl 1980 II S. 622).
Bezogen auf Geschäftsführungs- und Vertretungsleistungen für eine Personengesellschaft durch einen Gesellschafter auf Grund eines Geschäftsbesorgungsvertrages gegen Vergütung setzt ein Leistungsaustausch lediglich voraus, dass ein Leistender und ein Leistungsempfänger vorhanden sind und der Leistung eine Gegenleistung gegenübersteht, also ein unmittelbarer Zusammenhang zwischen Leistung und Gegenleistung besteht.
Hierzu hat das BMF mit Schreiben vom 23.12.2003 (IV B 7 – S 7100 – 246/03, BStBl 2004 I S. 240) umfassend Stellung genommen (siehe auch Informationsdienst der hessischen Finanzverwaltung: Fachinformationen/Umsatzsteuer/Verwaltungsanweisungen/BMF-Schreiben/Kj. 2003/23.12.2003).
Zusätzliche Hinweise:
1. Erteilt der Gesellschafter für seine Geschäftsführungstätigkeit Rechnungen mit gesondert ausgewiesener Umsatzsteuer an die Gesellschaft für zurückliegende Jahre, so ist Folgendes zu beachten:
1.1 Besteuerung des geschäftsführenden Gesellschafters (Leistender)
Ist für das betreffende Jahr bereits eine Festsetzung erfolgt und ist sie unter dem Vorbehalt der Nachprüfung (§ 164 Abs. 1 AO) oder hinsichtlich der Geschäftsführungstätigkeit vorläufig (§ 165 Abs. 1 AO) ergangen, so ist eine Änderung nach Maßgabe dieser Vorschriften durchzuführen.
In den übrigen Fällen schuldet der Rechnungsaussteller die Steuer nach § 14c Abs. 1 Satz 1 UStG (nach altem Recht: § 14 Abs. 2 Satz 1 UStG). Die Ausstellung der Rechnung stellt ein rückwirkendes Ereignis i.S. des § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO dar (BFH vom 13.11.2003, V R 79/01). Dies gilt auch für Fälle, in denen bereits Festsetzungsverjährung eingetreten ist, denn nach § 175 Abs. 1 Satz 2 AO beginnt die Festsetzungsfrist erst mit Ablauf des Jahres der Rechnungsausstellung.
1.2 Vorsteuerabzug der Gesellschaft (Leistungsempfänger)
Die Vorsteuer ist grundsätzlich im Jahr der Rechnungsausstellung abziehbar, da in diesem Jahr erstmals die Voraussetzungen für den Vorsteuerabzug (§ 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Satz 1 UStG) erfüllt sind.
Neben den formellen Voraussetzungen ist auch zu beachten, dass die Umsatzsteuer (seitens des Leistenden) für den berechneten Umsatz geschuldet wird. Sofern der geschäftsführende Gesellschafter die Steuer nach § 14c Abs. 1 UStG (früher: § 14 Abs. 2 Satz 1 UStG) schuldet ist daher ein Vorsteuerabzug nicht zulässig (vgl. Abschn. 192 Abs. 6 UStR).
2. Sicherstellung der Besteuerung
Die Grundsätze des BFH-Urteils vom 6.6.2002 sind auf nach dem 31.3.2004 ausgeführte Leistungen anzuwenden. Vor diesem Zeitpunkt können sie auf Antrag des Steuerpflichtigen angewendet werden.
Zur Zeit wird überprüft, ob die Übermittlung der relevanten Daten im automatisierten Verfahren über die ESt 4 B Mitteilungen erfolgen kann.
Wird die Geschäftsführungsleistung an eine Kapitalgesellschaft durch eine an ihr beteiligte Kapitalgesellschaft erbracht, so ist der für die geschäftsführende Kapitalgesellschaft zuständige VTB ebenfalls in geeigneter Weise zu informieren.
Die Rdvfg. vom 14.2.2003, S 7100 A – 82 – St I 10, ist überholt und wird hiermit aufgehoben. Die bisherige Karte 14 zu § 1 – S 7100 – ist deshalb auszusondern und durch diese zu ersetzen.
Normenkette
UStG § 14c Abs. 1
UStG § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1