Leitsatz
1. Es bestehen keine ernstlichen Zweifel daran, dass die Leistungen eines inländischen Schadensregulierers im Inland steuerbar sind und nicht dem Empfängerortprinzip des § 3a Abs. 4 Nr. 3 UStG unterliegen.
2. Es ist ernstlich zweifelhaft, ob der Vorsteuerabzug aus einer zunächst fehlerhaften Rechnung auch dann versagt werden kann, wenn diese Rechnung später berichtigt wird, sofern das zunächst erteilte Dokument die Mindestanforderungen an eine Rechnung erfüllt und daher Angaben zum Rechnungsaussteller, zum Leistungsempfänger, zur Leistungsbeschreibung, zum Entgelt und zur gesondert ausgewiesenen Umsatzsteuer enthält.
Normenkette
§ 3a Abs. 4 Nr. 3, § 15 Abs. 1 Nr. 1 UStG 2005, § 31 Abs. 5 UStDV, Art. 9 Abs. 2 Buchst. e, Art. 17 Abs. 2 Buchst. a, Art. 18 Abs. 1 Buchst. a EG-RL, Art. 56 Abs. 1 Buchst. c, Art. 168 Buchst. a, Art. 178 Buchst. a MwStSystRL
Sachverhalt
Die Klägerin war als Schadensregulierer bei Unfällen mit Kfz, die bei ausländischen Versicherungsgesellschaften versichert sind, tätig und wandte sich erfolglos gegen ihre Besteuerung im Inland unter Hinweis auf § 3 Abs. 4 Nr. 3 UStG. Zwei berichtigte Rechnungen waren nach Auffassung von FA und FG erst im Jahr der Berichtigung und deshalb nicht in den Streitjahren zu berücksichtigen (FG des Saarlandes vom 8.7.2011, 2 V 1099/11, Haufe-Index 2721527, EFG 2011, 1930).
Entscheidung
Die Grundsätze ergeben sich aus den Praxis-Hinweisen. Erfüllt das "Dokument", das später berichtigt werden soll, zumindest die Merkmale des Rechnungsbegriffs des § 14c UStG und enthält es Angaben zum Rechnungsaussteller, zum Leistungsempfänger, zur Leistungsbeschreibung, zum Entgelt und zur gesondert ausgewiesenen Umsatzsteuer, dann besteht nach derzeitiger Rechtslage die Möglichkeit, dass die Berichtigung rückwirkend anzuerkennen sein könnte. Entsprechende Steuerbescheide sollten daher durch Einspruch offengehalten werden
Hinweis
1. Eine abweichende Bestimmung des Leistungsortes bei Leistungen an einen Unternehmer gilt u.a. für Leistungen von Anwälten und ähnlichen Leistungen. Entscheidend für die Beurteilung, ob eine ähnliche Leistung vorliegt, ist, ob es sich um Leistungen handelt, die hauptsächlich und gewöhnlich im Rahmen eines der bezeichneten Berufe erbracht werden und die Tätigkeiten demselben Zweck dienen. Leistungen, die z.B. der Bewertung und dem Schutz von Vermögen dienen, sind keine Leistungen der Rechtspflege, wie sie für Anwälte typisch sind. Selbst wenn bei der Schadensregulierung für einen Verein auch Rechtsdienstleistungen enthalten wären, handelt es sich dabei um Nebenleistungen, die die Tätigkeit nicht prägen.
2. Das EuGH-Urteil Pannon Gép, das eine Rechnungsberichtigung betraf, hat für Irritationen gesorgt, denn während der EuGH im Urteil Terra Baubedarf auch in zeitlicher Hinsicht für den Vorsteuerabzug den Besitz einer Rechnung oder eines Dokuments voraussetzt, das nach den von den Mitgliedstaaten festgelegten Kriterien als Rechnung betrachtet werden kann, scheint nach dem Urteil Pannon Gép eine Rechnungsberichtigung – der eine unvollständige oder unzutreffende Rechnung vorausgeht – auf den Zeitpunkt der unvollständigen "Rechnung" zurückzuwirken. Das Urteil Terra Baubedarf hat der EuGH gar nicht erwähnt. Zweifelhaft ist dabei auch, wie viel von den minutiösen Angaben, die die Rechnung nach der Rechnungsrichtlinie nunmehr enthalten muss, fehlen dürfen oder falsch sein darf.
Link zur Entscheidung
BFH, Beschluss vom 20.07.2012, V B 82/11