Leitsatz
Ein Steuerberater, der als Testamentsvollstrecker und als Nachlasspfleger tätig wird, führt diese Leistungen auch dann im Inland aus, wenn die Erben im Drittlandsgebiet wohnen.
Normenkette
§ 3a Abs. 1, § 3a Abs. 3, § 3a Abs. 4 Nr. 3 und Nr. 5 UStG 1993, Art. 9 Abs. 1, Art. 9 Abs. 2 Buchst. e 3. Gedankenstrich der 6. EG-RL
Sachverhalt
Ein Steuerberater wurde als gerichtlich bestellter Testamentsvollstrecker und Nachlasspfleger in Fällen tätig, in denen die Erben im Drittlandsgebiet ansässig waren. Deren Ermittlung war dem Kläger als Nachlasspfleger vom Nachlassgericht übertragen worden.
FA und FG (FG Baden-Württemberg, Urteil vom 20.10.2004, 13 K 16/01, Haufe-Index 1497075, EFG 2006, 1372) stützten sich auf die bisherige Rechtsprechung des BFH zum Leistungsort. Der Kläger meinte, das EuGH-Urteil sei unzutreffend.
Entscheidung
Die Revision des Klägers hatte keinen Erfolg. Die Gründe ergeben sich aus den Praxis-Hinweisen.
Hinweis
1. Für die sonstigen Leistungen aus der Tätigkeit als Rechtsanwalt, Steuerberater …. sowie ähnliche Leistungen anderer Unternehmer, insbesondere die rechtliche, wirtschaftliche und technische Beratung (§ 3a Abs. 3 und Abs. 4 Nr. 3 UStG) und für die "die Überlassung von Informationen…" (§ 3a Abs. 4 Nr. 5 UStG) sind Sitz oder Wohnort des Leistungsempfängers maßgebend. Das entspricht dem Gemeinschaftsrecht zur Bestimmung des Leistungsorts der Leistungen "von Beratern, Ingenieuren, Studienbüros, Anwälten, Buchprüfern und sonstige ähnliche Leistungen sowie die Datenverarbeitung und die Überlassung von Informationen".
2. In Übereinstimmung mit seinen Grundsätzen in der Entscheidung "Hoffmann" und der darauf bezogenen BFH-Rechtsprechung bestätigt der EuGH im Urteil vom 06.12.2007, Rs. C-401/06 (BFH/PR 2008, 114), maßgeblich sei allein, ob es sich um eine Tätigkeit handle, durch welche die in der Vorschrift bezeichnete Tätigkeit – hier die Tätigkeit als Rechtsanwalt oder Steuerberater – in ihrem Kernbereich charakterisiert werde. Unerheblich ist deshalb, ob für eine bestimmte Tätigkeit wegen deren Rechtskenntnisse oftmals häufig Anwälte oder Steuerberater eingesetzt werden (wie z.B. als Testamentsvollstrecker). Die Leistung der Testamentsvollstreckung hat besonderen Charakter und unterscheidet sich sowohl vom Kernbereich der Tätigkeit eines Rechtsanwalts wie der eines Steuerberaters.
3. Vergleichbares gilt für den Nachlasspfleger: Dessen Hauptaufgabe ist – auch wenn er insoweit die Erben vertritt – die Sicherung und Erhaltung des Nachlasses und damit eine Art Vermögensverwaltung, die weder zum Kernbereich der Tätigkeiten eines Rechtanwalts noch der eines Steuerberaters gehört. § 57 Abs. 3 Nr. 3 StBerG ("Vereinbarkeit" u.a. einer wirtschaftsberatenden oder treuhänderischen Tätigkeit mit dem Steuerberaterberuf) macht die Nachlasspflege nicht zu einer berufstypischen Steuerberatertätigkeit.
Der Nachlasspfleger kann zwar auch zur Ermittlung der Erben tätig werden und darf sich u.U. dabei auch eines gewerblichen Erbenermittlers bedienen. Die Erbenermittlung im Rahmen der Nachlasspflegschaft ist aber eine als unselbstständig zu beurteilende Nebenleistung der Nachlasspflegschaft. Zwar ist die Leistung eines Erbenermittlers, der vom Erben eine Vergütung gerade dafür erhält, dass er ihm den ihm nicht bekannten Erbfall offenlegt, eine "Überlassung von Informationen" i.S.d. § 3a Abs. 4 Nr. 5 UStG. Die Erbenermittlung im Rahmen der Nachlassverwaltung unterscheidet sich davon.
4. Auch eine ähnliche Leistung liegt nicht vor. "Ähnliche Leistungen" müssen den in dieser Vorschrift ausdrücklich aufgeführtenTätigkeiten ähnlich sein. Das ist dann der Fall, wenn beide Tätigkeiten dem gleichen Zweck dienen. Keiner der in § 3a Abs. 4 Nr. 3 UStG 1993 bezeichneten Berufe hat die Testamentsvollstreckung und die Nachlasspflege zum Gegenstand. Sie ist wegen der beträchtlichen Unterschiede dazu und der Verschiedenartigkeit der Aufgaben im Einzelnen weder der Tätigkeit eines Anwalts noch der eines Steuerberaters ähnlich.
Link zur Entscheidung
BFH, Urteil vom 03.04.2008, V R 62/05